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Tadschikistan
Besorgniserregender politischer Wandel

Tadschikistan war nie eine Insel der Pressefreiheit und belegte im internationalen Vergleich stets einen hinteren Platz. Aktuell macht das Land einen besorgniserregenden Wandel durch. Präsident Emomalii Rahmon, der seit 1992 regiert, baut Tadschikistan zum repressiven Überwachungsstaat um - mit gravierenden Folgen.

Von Edda Schlager | 13.01.2018
    Ein Schild auf dem sich Präsident Emomali Rahmon als Erbauer Tadschikistans präsentiert.
    Präsident Emomali Rahmon ist seit 26 Jahren Staatsoberhaupt von Tadschikistan (Edda Schlager / Deutschlandradio)
    Der Autosalon im tadschikischen Duschanbe könnte so auch in einer deutschen Kleinstadt stehen: Auf drei Seiten vollverglast, so dass die blendende Sonne hinein scheint und sich auf den glänzenden schwarzen, weißen und limettengrünen Neuwagen spiegelt. An diesem Samstagmorgen herrscht Hochbetrieb, potenzielle Kunden nehmen die Modelle unter die Lupe, schauen unter Motorhauben, klopfen das Blech ab und testen die Sattheit des Klangs beim Türenschlagen.
    "Das teuerste Modell bei uns ist die C-Klasse, die geht bei 12.600 Dollar los und ist vom Preis her für die Mittelklasse angelegt. In der Stadt verbraucht sie 8,5 Liter, über Land so 7,9, acht Liter."
    Haydar Kurbonov ist für alle ansprechbar, bleibt bei den unmöglichsten Fragen freundlich – ein guter Verkäufer eben.
    Der Autosalon der Marke Ravon hat im Juli 2017 eröffnet. Und auch wenn das Geschäft gut läuft, für viele Tadschiken sind die Limousinen kaum erschwinglich, wie zwei gut gekleidete Kunden zugeben.
    "Selbst bei einem guten Lohn braucht ein Arbeiter hier zehn, 15 Jahre, bis er sich so ein Auto leisten kann." - "Bei 700, 800 Somoni im Monat, wie soll das funktionieren?"
    Straßnhändler in Chudschand.
    Die Menschen leben in ärmlichen Verhältnissen. (Deutschlandradio / Gesine Dornblüth)
    Der durchschnittliche Monatslohn in Tadschikistan liegt bei nicht einmal 100 Euro. Tadschikistan ist das ärmste Land der fünf zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken.
    Und obwohl der nagelneue Autosalon in Duschanbe wachsenden Wohlstand suggeriert, Tadschikistan erlebt derzeit, von Europa kaum bemerkt, einen besorgniserregenden politischen Wandel.
    Oppositionsverbot und Repressionen
    Regiert wird das Land durch den 65-jährigen Emomalii Rahmon. Er ist seit 1992 Präsident Tadschikistans und damit neben Nursultan Nasarbajew in Kasachstan der dienstälteste Herrscher in den Ex-Sowjetrepubliken Zentralasiens. In seinem 26. Dienstjahr beginnt Rahmon nun, aus einer wirtschaftlich schwachen Autokratie einen repressiven Überwachungsstaat zu machen.
    Der Politologe Edward Lemon von der George-Washington-Universität in den USA ist einer von nur wenigen internationalen Beobachtern, die Tadschikistan aus eigener Anschauung kennen. Er lebte selbst drei Jahre im Land. Und er findet deutliche Worte.
    "Die Veränderung ist gewaltig. Es gab nie echte Meinungsfreiheit, aber man konnte die Regierung wenigstens etwas kritisieren. Doch was wir in den letzten drei Jahren gesehen haben: Die einzige Oppositionspartei wurde verboten, der Präsident zum 'Führer der Nation' erklärt, was ihn faktisch über das Gesetz stellt, und er ist dabei, die Macht seiner Familie zu konsolidieren."
    Tadschikistan war nie eine Insel der Pressefreiheit. Doch im Ranking von "Reporter ohne Grenzen" ist das Land in den letzten drei Jahren um mehr als 30 Plätze abgerutscht, auf Platz 149 von 180 Ländern. Mittlerweile gebe es eine deutliche rote Linie für Journalisten, sagt Zebo Tajibayeva, Chefredakteurin von AsiaPlus, der größten unabhängigen Mediengruppe in Tadschikistan.
    "Hinter der roten Linie sind alle Themen rund um die Geschäfte des Präsidenten und seiner Familie. Im Gesetz über den 'Führer der Nation' steht drin, was als Beleidigung oder Verleumdung des Präsidenten gilt. Die werden strafrechtlich verfolgt und mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet. Deshalb versuchen wir, das nicht anzufassen. Zumal seine Familienmitglieder hier anrufen und uns ganz offen drohen, "ihr seid zu weit gegangen, dafür werdet ihr die Folgen zu tragen haben."
    Ein Bürgerkrieg mit 150.000 Toten
    In Tadschikistan ging – anders als in den Nachbarländern – der Umbruch nach dem Ende der Sowjetunion hin zur Unabhängigkeit nicht friedlich vonstatten. Ein Jahr nach der 1991 verkündeten Unabhängigkeit stürzte das Land in einen blutigen Bürgerkrieg. Altkommunisten, islamische Fundamentalisten und demokratische Kräfte standen sich dabei gegenüber. Vordergründig ging es um den Kampf verschiedener Ideologien, doch angeheizt wurde der Konflikt auch durch Machtkämpfe verschiedener regionaler Kräfte und Familienclans.
    Mehr als 150.000 Menschen starben. Beendet wurde der fünfjährige Bürgerkrieg im Jahr 1997 mit einem Friedensvertrag zwischen den Konfliktparteien, so Faisullo Safarov, Vizechef des tadschikischen Instituts für strategische Studien in Duschanbe, eines regierungstreuen Thinktanks.
    "In dieser Zeit haben wir sehr erfolgreich mit der Opposition zusammen gearbeitet. Es gab die so genannte 'Friedensformel', nach der die frühere kommunistische Führung 70 Prozent aller Regierungsämter erhielt, und 30 Prozent Regierungsanteil gaben wir der Opposition."
    Die Friedensformel in Tadschikistan hielt immerhin 18 Jahre – bis Ende 2015. Im Dezember vor zwei Jahren wurde die Islamische Partei der Wiedergeburt Tadschikistans, kurz IRPT, verboten. Die IRPT war die einzige Oppositionspartei Tadschikistans, die auch Sitze im Parlament hatte. Sie repräsentiert das Lager der einstigen Regierungsgegner im tadschikischen Bürgerkrieg, die durch den Friedensvertrag 1997 in die Regierung Tadschikistans eingebunden worden waren. Die IRPT war zudem bis zu ihrem Verbot die einzige legale islamische Partei in ganz Zentralasien. Eine radikal-islamistische Agenda oder die Etablierung eines politischen Islam habe man nie verfolgt, versichern Vertreter der Partei bis heute.
    Folgenschwere Entwicklungen
    Anhänger von Präsident Emomalii Rahmon schwenken Fahnen vor einem riesigen Plakat des autoritären Präsidenten
    Präsidenten Emomalii Rahmon regiert Tadschikistan autoritär (AFP )
    Das jedoch sah die tadschikische Regierung anders. Angeblich hatten Mitglieder der Partei einen Regierungssturz geplant. Wirklich nachgewiesen wurde das nie. Doch seit dem Verbot der IRPT im Jahr 2015 wurden Dutzende Mitglieder der Partei – rund 40.000 soll es noch immer geben – verhaftet. Die Führungsriege der IRPT lebt im Exil in verschiedenen Ländern Europas. Der Schritt, mit der IRPT die einzige Oppositionspartei Tadschikistans zu verbieten, kommt tatsächlich einer möglicherweise folgenschweren Aufkündigung des Friedensvertrags nach Ende des Bürgerkriegs gleich. Darin sind sich Experten einig, auch der amerikanische Politologe Edward Lemon.
    "Der Sturz der IRPT im Jahr 2015 hat viele von uns überrascht. Denn sie hatte sich bis dahin sogar als nützlich erwiesen. Sie hatte nur zwei Sitze im Parlament, aber die Regierung konnte zumindest behaupten, dass sie sich weiterhin an die Friedensvereinbarung von 1997 halte, indem sie die IRPT zuließ."
    Was Präsident Rahmon dazu bewogen hat, die islamische Oppositionspartei zu verbieten, ist Edward Lemon bis heute nicht ganz klar.
    "Möglicherweise gab es Bedenken bei einigen Regierungsmitgliedern, bei den Sicherheitsbehörden, dass die IRPT doch eine geheime Gefahr war. Aber vielleicht wollte man auch austesten, was die internationale und die innenpolitische Reaktion darauf sein würde."
    Absurde Verbote
    Der Alltag hat sich in Tadschikistan in den vergangenen zwei Jahren dramatisch verändert. Immer häufiger sind es absurde Verbote, durch die das Land in die Schlagzeilen gerät. So dürfen Männer nur noch gestutzte Bärte tragen, Frauen ist das Tragen des Hijabs in der Öffentlichkeit verboten. Auch die muslimische Pilgerreise nach Mekka in Saudi-Arabien ist lediglich Menschen über 35 Jahren erlaubt.
    Mit den Verboten will die Regierung radikal-islamistischen Tendenzen vorbeugen. Zunehmend kontrolliert der Staat jegliche Form religiösen Lebens. Dass darunter die Religionsfreiheit leidet, gilt als zu vernachlässigender Kollateralschaden.
    In einem kleinen Dorf vor der Toren Duschanbes. Der Name des Ortes soll ungenannt bleiben, denn zu groß ist die Gefahr, dass die Dorfbewohner im Nachhinein Probleme mit dem tadschikischen Geheimdienst bekommen, würde ihr Kontakt mit internationalen Medien bekannt.
    Die Moschee Sari Ossye in Duschanbe
    In Tadschikistan ist es Personen unter 35 Jahren verboten, in die Moschee zugehen. Begründet wird dies mit Terror-Prävention (Edda Schlager / Deutschlandradio)
    Auf der Dorfstraße der erst vor wenigen Jahren neu erbauten Moschee geht langsam eine Kuh. Es ist später Nachmittag, kaum jemand auf der Straße. Der Wächter der Moschee bereitet das nachmittägliche Gebet vor. Er schaut, dass sich niemand in der großen Haupthalle der Moschee aufhält. Die ist dem Freitagsgebet am nächsten Tag vorbehalten. Nach und nach kommen ein paar Männer an, schlüpfen auf der Veranda der Moschee aus ihren Sandalen und gehen barfuß in den großzügigen, mit Teppichen ausgelegten Raum vor dem Hauptsaal. Hier lassen sie sich zum Gebet nieder. Dann eilt der Muezzin herbei, ein junger Mann mit gestickter Kappe auf dem Hinterkopf und einem ordentlich gestutzten Vollbart.
    Auf der Veranda stehend ruft der Muezzin zum Gebet, bevor er selbst hineingeht. An diesem Nachmittag sind es nur etwa 15 Männer, die seinem Ruf folgen. Noch vor ein paar Jahren sei das anders gewesen, erzählt der Wächter der Moschee.
    "Früher sind mehr Leute gekommen, aber heute – das sehen Sie ja selbst - jetzt ist das Beten verboten. Erst haben sie uns die große Moschee hingestellt, aber wer kommt denn jetzt noch? Nur den Älteren, die über 20 Jahre alt sind, ist es erlaubt. Wenn die Jungen noch kämen, wäre die Moschee voll, da gäbe es keinen freien Platz mehr. Früher war das so, da haben sie bis raus auf die Straße gestanden."
    Weil es mittlerweile so viele staatliche Verbote rund um religiöse Fragen gebe, würden viele Menschen jetzt zuhause beten. Die Restriktionen infrage zu stellen, wagt der Wächter der Moschee nicht.
    "Was sollen die Leute dazu sagen? Wenn das da oben angeordnet wird, was können wir armen Leute hier dagegen tun? Wir müssen gehorchen. Zu Sowjetzeiten war das Beten komplett verboten, jetzt sind wir eine Demokratie geworden, jetzt ist es eben nur den Älteren erlaubt zu beten."
    Kampf gegen radikal-islamische Strömungen
    Männer beten in einer Moschee in Tadschikistan.
    Tadschikistan ist ein islamisches Land. 95 Prozent der Einwohner sind Muslime – auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint. (picture-alliance/ dpa/ Tass/ Nozim Kalandarov)
    Das Problem, vor dem die tadschikische Regierung steht, ist offensichtlich: Seit weltweit die Gefahr durch islamistischen Terror zugenommen hat, gerät Zentralasien immer wieder in den Fokus – mehrere Attentäter internationaler Terroranschläge stammten aus der Region. Tatsächlich haben sich laut einem im Oktober 2017 veröffentlichten Bericht des New Yorker Soufan Center rund 5.000 Kämpfer aus Zentralasien islamistischen Milizen im Nahen Osten angeschlossen – allein 1.300 stammen aus Tadschikistan. Die tadschikische Regierung muss radikalen islamischen Strömungen im eigenen Land also deutlich entgegentreten.
    Das Parlamentsgebäude in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe.
    Das Parlamentsgebäude in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe (picture alliance / dpa / Othmerding)
    Hinzu kommt, dass die Politik in Tadschikistan nach wie vor säkular geprägt ist – ein Erbe der Sowjetunion. Zur Führungsriege um Präsident Emomalii Rahmon gehören zahlreiche Funktionäre, die noch in der Sowjetunion politisch sozialisiert wurden. Sie stehen dem politischen Islam ohnehin skeptisch gegenüber und fühlen sich auch deshalb eher dem Säkularismus verpflichtet, wie Faisullo Safarov vom Institut für strategische Studien erläutert.
    "Nehmen wir den Iran, ein theokratischer Staat. Draußen sind die Frauen verschleiert, zuhause kleiden sie sich wie Europäerinnen. Bei uns soll das genau umgekehrt sein, zuhause sollen sie sich kleiden, wie sie wollen, aber der Öffentlichkeit mögen sie sich bitte nicht zeigen, wie es im Iran oder der Türkei üblich ist. Wir wollen die Freiheit der Frau, die der Männer, all das, was die Verfassung vorgibt, die Verfassung eines säkularen Staates, das wollen wir, nicht mehr, nicht weniger."
    Auf der Suche nach einer Balance zwischen Religon und Staat
    Eine säkulare Staatsführung und Religionsfreiheit gleichzeitig zu garantieren, ohne die Tradition eines muslimischen Landes aufzugeben, ist die große Herausforderung, vor der Tadschikistan derzeit steht, so Wissenschaftler Edward Lemon.
    "Tadschikistan betreibt einen sehr durchsetzungsstarken Säkularismus, bei dem die Regierung nicht völlig unabhängig von der Religion agiert. Staat und Kirche sind nicht völlig losgelöst voneinander. Nur kann der Staat eben Religion regulieren, die Religion jedoch hat keinerlei Einfluss darauf, wie der Staat funktioniert. Ich denke, es ist schwer, die Balance zu finden. Wie erlaubt man Leuten, ihre Religion frei auszuüben und trotzdem sicherzustellen, dass Extremisten oder intolerante Stimmen nicht aufblühen? Das ist eine Herausforderung, der sich viele Staaten in der Welt gegenübersehen."
    Das Problem in Tadschikistan: Islamistischer Extremismus wird zum inneren Feind erklärt. Und der Kampf dagegen rechtfertigt repressive Maßnahmen gegen die eigene Bevölkerung – auch wenn es dabei nicht nur Extremisten trifft, sondern auch Regimekritiker. So sei der wahre Grund, weshalb die islamische Oppositionspartei IRPT verboten wurde, - die politische Konkurrenz im Land zu beseitigen, kritisiert Mahmudjon Faizrahmon. Er ist Sprecher der verbotenen IRPT-Partei und lebt seit deren Verbot im Exil in Wien.
    "Das Schlimmste ist, dass die Regierung den Kampf gegen Terrorismus als Vorwand nutzt, um die Opposition auszuschalten. Deshalb wollen wir nicht nur nach Tadschikistan zurückzukehren und die Partei wieder legalisieren, wir wollen ein freies Land ohne einen Diktator, freie Wahlen, die Freilassung politischer Gefangener. Unser Ziel ist ein demokratisches Land, wo freie Menschen respektiert werden und eine freie Wahl haben."
    Angst vor einem plötzlichen Machtwechsel
    Die Existenz einer Opposition jedoch steht dem Machterhalt der derzeitigen politischen Elite in Tadschikistan entgegen. Emomalii Rahmon ist 65 Jahre alt. Obwohl er sich per Verfassungsänderung zum "Führer der Nation" hat erklären lassen und praktisch bis zu seinem Tode im Präsidentenamt bleiben darf, zeichnet sich ein Machtwechsel in Tadschikistan ab – innerhalb der Präsidentenfamilie, als Übergabe an die nächste Generation. Doch selbst dieses Szenario ist nicht ganz unproblematisch, wie AsiaPlus-Chefredakteurin Zebo Tajibayeva erläutert.
    "Wovor wir Angst haben, ist ein plötzlicher Machtwechsel. Die Präsidentenfamilie ist ja ziemlich groß, und da könnte einer sagen, ich möchte ans Ruder. Dass es also nicht zu einem Konflikt zwischen verschiedenen Parteien kommt, sondern innerhalb eines Clans, dass sie untereinander anfangen, sich zu bekämpfen – das wäre noch viel schlimmer. Das könnte blutig werden."
    Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit
    Positive Entwicklungen sind in Tadschikistan derzeit kaum zu beobachten. Die Wirtschaft stagniert, Korruption bestimmt den Alltag, fast ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung lebt dauerhaft im Ausland. Ihre Geldüberweisungen machen rund 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Die Prognose des Tadschikistan-Experten Edward Lemon ist deshalb düster.
    "Was wir hier sehen ist eine Art autokratischer Monarchie, die zu einem autoritären Erbfolge-Regime wird, wie in Aserbaidschan oder Nord-Korea. Wir sehen die Machtübergabe an die nächste Generation. Was wir dagegen nicht sehen, sind wirtschaftliche Entwicklung und Perspektiven für die Menschen, stattdessen gibt es wachsende Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, und kaum jemand erwartet von der Zukunft etwas Positives."
    Tragisch ist die Entwicklung in Tadschikistan auch aus einem anderen Grund. Im Nachbarland Usbekistan – mit 32 Millionen Einwohnern das größte Land Zentralasiens - zeichnet sich politisches Tauwetter ab.
    Usbekistan gilt zwar immer noch als eines der repressivsten Regime der Welt. Ein quasi mitregierender Geheimdienst, Denunziationen, auch Folter politischer Gefangener bestimmten lange die Politik des Landes. Wirtschaftlich schottete sich Usbekistan ab – auch gegenüber dem kulturell eng verbundenen Tadschikistan. Diplomatische Animositäten zwischen den beiden Ländern schaukelten sich so weit hoch, dass Usbekistan Flugverbindungen ins Nachbarland blockierte, vertraglich geregelte Gaslieferungen verweigerte, Grenzabschnitte verminte.
    Doch nachdem im September 2016 der usbekische Langzeitdespot Islam Karimow gestorben war, wurde sein bisheriger Premierminister Shavkat Mirziyoyev zum neuen Präsidenten gewählt. Der will Usbekistan nun reformieren, und auch die Beziehungen zu Tadschikistan, wie Politologe Safarov hofft.
    "Mirziyoyev ist ein kluger, in allen Bereichen bestens organisierter Mensch, er hat sich die Politik Karimows gut angeschaut. Der war auch nicht wirklich schlecht, ganz ehrlich. Aber Mirziyoyev erwartet keinen Gehorsam von uns wie Karimow das eingefordert hatte – er möchte gute Beziehungen, mit uns, wie auch mit Kasachstan, Kirgistan und Turkmenistan, und übrigens auch mit Russland."
    Zweifelhafte Hoffnung
    Die neue usbekische Führungsriege betrachtet die Nachbarn nun offenbar eher als Handelspartner denn als Rivalen. Und dieser Öffnung hat auch Autoverkäufer Haydar Kurbonov sein boomendes Geschäft zu verdanken. Dass in Usbekistan produzierte Pkw heute in Tadschikistan verkauft werden, wäre vor gut einem Jahr kaum denkbar gewesen. Zu den politischen Hintergründen seines Erfolgs will sich Kurbonov nicht äußern. Seinen Blick in die Zukunft lehnt er diplomatisch an Gleichnisse der Weisen aus Tausend und einer Nacht an:
    "Die weltweite Praxis zeigt, dass ein Land, in dem es Frieden, Gesetze und Ordnung gibt, auch wirtschaftlich aufblühen wird."
    Ob diese Hoffnung des Autoverkäufers allerdings in Erfüllung geht, wenn Tadschikistan sich politisch ausgerechnet am repressiven Politikstil des verstorbenen usbekischen Machthabers orientiert, ist zu bezweifeln.