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"Tag der Bundeswehr"
Die Armee macht sich hübsch

Zum heutigen "Tag der Bundeswehr" öffnen die deutschen Streitkräfte erstmalig bundesweit und zeitgleich an 15 Standorten ihre Kasernentore für Besucher. Die Armee will sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Das ist auch bitter nötig, denn ihr Ruf ist beschädigt und überall fehlt es an fähigem Nachwuchs.

Von Alexander Budde | 13.06.2015
    Detailaufnahme: Soldaten in grauen Mänteln mit Bundeswappen tragen weiße Handschuhe und Gewehre
    Soldatinnen der Ehrenformation des Bundeswehr während der Ankunft der Fregatte Hamburg an der Überseebrücke im Hamburger Hafen. (imago / Stefan Zeitz)
    Grau-stählern liegt die "Hamburg" am Kai. Die Besatzung hat geschrubbt und poliert, Würste und Bier an Bord gehievt. Letzte Vorbereitungen für hohen Besuch: das Volk selbst soll zum "Tag der Bundeswehr" gar zahlreich an Bord strömen.
    "Wenn ich aus dem Wochenende komme und das Schiff sehe, kriege ich schon ein breites Grinsen im Gesicht!"
    Obermaat Franz Zickler und Hauptbootsmann Jana Jüttner sind abgestellt, der Presse Einblick zu gewähren. Immer tiefer führen sie den Besucher in das Kriegsschiff herein. Es geht über schmale Stiegen und durch luftdichte Schotts.
    Der obligatorische Pinup-Kalender schmückt die Tür zum Leitstand. Per Knopfdruck werden Antrieb, Pumpen, sogar Toiletten überwacht. Marinesoldaten, stellt Ziegler fest, sind von komplizierter Technik umstellt.
    "Ich kann mich noch ganz genau dran erinnern, als ich die ersten Tage an Bord verbrachte, wurde ich erst mal überschlagen von den ganzen Informationen, die da auf mich zukamen. Und die ganzen bunten Knöpfe, die ich da mehr oder weniger gesehen hab."
    Als Funker zählt der 28-Jährige zu jenen Spezialisten, nach denen die Bundeswehr so händeringend sucht. Schwerfällig, unflexibel: das Bild, das sich eine breitere Öffentlichkeit von der Bundeswehr macht, ist nicht hilfreich im Zusammenhang. Der jüngste Jahresbericht des Wehrbeauftragten listet auf, was die Soldaten zermürbt: marode Unterkünfte, altersmüde Technik, rätselhafte Versetzungen. Jüttner, 28, gibt sich genügsam. Immerhin, zum eigenen Flachbildschirm in der Koje hat sie es schon gebracht:
    "Ein paar Minuten für sich zu haben, auf seinem Bock zu liegen, für sich alleine mal einen Film zu gucken. Aber wir machen das hier alle in Eigenregie. Ich bin im Großen und Ganzen recht zufrieden mit der Attraktivität!"
    Frauenquote soll erhöht werden
    Tiefe statt Breite so lautet im Jubiläumsjahr das globale Einsatzkonzept. Viele kleine Auslandseinsätze sollen das Fähigkeitsspektrum erhalten, vor einer steten Überforderung warnen Kritiker. Schon in wenigen Wochen soll die "Hamburg" einen Schiffsverband durch das Mittelmeer leiten. Flüchtlinge in Gummibooten, Bilder von Leid und Tod: Zickler gibt sich keinen Illusionen hin:
    "Und ich gehe mal stark davon aus, dass wir dann mehr oder weniger bestimmt auch jetzt während der nächsten Tour, die wir fahren, vielleicht mit betroffen sind. Natürlich muss man extrem viele Abstriche machen, gerade wenn es um Familie, Freunde, Verwandte geht."
    Die Streitkräfte brauchen 60.000 Bewerbungen, gut zehn Prozent eines jeden Jahrgangs, um genügend junge Leute für den Dienst an der Waffe zu gewinnen. Bei dieser schwierigen Mission lässt Fregattenkapitän Heiko Rottmann alle Register ziehen: Spots in Rundfunk und Fernsehen, Klinkenputzen in Schulen.
    "Es ist natürlich perspektivisch schon ne echte Herausforderung, bei demografisch immer schlechter werdenden Daten, dass wir auch zukünftig im Kampf um die Talente bestehen können. Das gelingt uns relativ gut, den normalen Soldaten zu gewinnen. Aber wenn das vielleicht ein Elektronik- oder IT-Spezialist sein soll, dann wird´s schon bisschen schwierig."
    Frauen sind gerade beim freiwilligen Wehrdienst gewaltig auf dem Vormarsch. Das sanfte Geschlecht ist aus der Bundeswehr nicht mehr wegzudenken, sagt Hauptbootsmann Yvonne Köhler, die ursprünglich aus der aus der Uckermark stammt.
    "Frau von der Leyen hat appelliert, dass wir unsere Frauenquote so ein bisschen anziehen. Und wir haben zusammengesessen, Ideen gesammelt, und ich habe mich als Frau gefragt: Wo würde ich mich rumtingeln, um zu schauen? Und da ist mir direkt ´ne Hochzeitsmesse eingefallen! Und dann kommt man eigentlich direkt vor Ort schon ins Gespräch: "Mensch haben Sie schon ein Kleid, wann heiraten Sie – und ist Ihre Zukunft eigentlich schon so ein bisschen gesichert?"
    Womöglich kann auch das Schlepper-Ballett im Hafen noch ein paar junge Leute für den Dienst an der Waffe begeistern, hofft Köhler – und legt fürsorglich nach:
    "Ich bin 'ne Frau, ich bin seit 15 Jahren in dieser Bundeswehr, seitdem es Frauen dort gibt. Ich habe meine beiden Kinder in dieser Armee bekommen. Ich habe gesagt: Mein Kind braucht volle zehn Stunden Betreuung. Der kleine Mann ist ja erst zwei Jahre alt. Und das war von Anfang an kein Problem!"