Freitag, 19. April 2024

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Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt
Zwischen Pornos und Panikattacken

Mit pornografischer Zahnärztinnenprosa von Corinna T. Sievers startete der zweite Tag der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt. Ihre Zeilen passten vielleicht in den Playboy, so Literaturkritiker Carsten Otte im Dlf. "Aber ob das jetzt Literatur ist im weiteren Sinne, wage ich zu bezweifeln".

Carsten Otte im Gespräch mit Jan Drees | 06.07.2018
    "42. Tage der deutschsprachigen Literatur", "Ingeborg-Bachmann-Preis 2018 - Lesungen und Diskussionen." Vom 4. bis 8. Juli 2018 finden im ORF-Theater des ORF-Landesstudios Kärnten in Klagenfurt am Wörthersee die 42. Tage der deutschsprachigen Literatur statt. 3sat überträgt live alle Lesungen und Diskussionen ab Donnerstag, 5.7.2018 bis Samstag, 7.7.2018 jeweils ab 10:00 Uhr in voller Länge.Im Bild: Lesung und Diskussion von Martina Clavadetscher SENDUNG: 3sat - DO - 05.07.2018 - 10:00 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/ORF-K/Puch Johannes. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
    Das Publikum in Klagenfurt bekam einen ungewöhnlichen Text der Zahnmedizinerin Corinna Sievers zu hören (ORF-K(Johannes Puch / www.johannespuch.at))
    Mit pornografischer Zahnärztinnenprosa eröffnete die Kieferorthopädin Corinna T. Sievers den heutigen Lesungstag, wo dann Textstellen wie diese zu hören waren:
    "Obzwar winzig, streift meine Brust die andere. Nippel habe ich, und die sind steif. Bohren sich wie zwei Kiesel in die Brust des Patienten, der liegt ausgestreckt, einer Puppe gleich. Männerpuppe. Die Raumtemperatur ist jäh gestiegen, Schweiß unter meinen Achseln. Bewegungen fallen schwer, obschon gerade noch möglich, ich greife zum Mundspiegel, führe ihn ein, in herrlichstem Rosa die Reflexion von Zahnfleisch, Zunge, Wangen".
    Diese Art von Pornografie passe vielleicht in den Playboy, "aber ob das jetzt Literatur ist im weiteren Sinne, wage ich zu bezweifeln", so das Urteil des Literaturkritikers Carsten Otte.
    Klassisch erzählte Texte sorgen für Begeisterung
    Für Begeisterung sorgten bei Publikum wie Jury dagegen zwei sehr klassisch erzählte Texte. Bestsellerautor Bov Bjerg überzeugte mit einer unprätentiösen Vater-Sohn-Geschichte und die in der Ukraine geborene Tanja Maljartschuk berichtete aus dem Innen- und Außenleben eines Flüchtlings. Panikattacken gab es, durchaus beachtenswert, bei Ally Klein:
    "Ich heulte, aber lief, heulte kindesgleich und stampfte übers Feld, schluchzte auf, lief, jaulte, wie ich es seit Jahren, seit Ewigkeiten, nicht mehr getan hatte, wimmerte vor mich hin, mich hörte niemand."
    All das, was gewesen ist und noch kommen wird ist zu hören auf der Deutschlandfunk-Seite unter "Dokumente und Debatten", es ist nachzulesen auf der Seite des ORF, wo die Texte als PDF bereitliegen, der Twitteraccount @DLFBuch ist ebenfalls dabei. Am Sonntagvormittag werden in Klagenfurt unter anderem der mit 25.000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen und zum zweiten Mal der mit 12.500 Euro dotierte Deutschlandfunk-Literaturpreis. Sonntag ab 17:05 Uhr sendet der Deutschlandfunk die Eröffnungsrede von Feridun Zaimoglu, im Anschluss werden in "Kultur heute" die 42. Tage der deutschsprachigen Literatur bilanziert.