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Tage der deutschsprachigen Literatur
Klagenfurt: die ersten Lesungen

"Verlassen sind die Armen, verlassen sind die Frauen, verlassen sind die Fremden." Mit seiner wortgewaltigen Eröffnungsrede sorgte der Schriftsteller Feridun Zaimoglu für Diskussionen zum Auftakt der Klagenfurter Literaturtage. Nun haben die Autorinnen und Autoren im Wettbewerb das Wort.

Von Jan Drees | 05.07.2018
    Vom 4. bis 8. Juli 2018 finden im ORF-Theater des ORF-Landesstudios Kärnten in Klagenfurt am Wörthersee die 42. Tage der deutschsprachigen Literatur statt
    Vom 4. bis 8. Juli 2018 finden im ORF-Theater des ORF-Landesstudios Kärnten in Klagenfurt am Wörthersee die 42. Tage der deutschsprachigen Literatur statt (Johannes Puch / www.johannespuch.at)
    Sprechende Tote, eine Jurorin, die löwengleich für ihren Kandidaten kämpft, und eine Bluse, die Angela Merkel zeigt: das alles brachte der unterhaltsame Auftakt der 42. Tage der deutschsprachigen Literatur. Am gestrigen Mittwoch eröffnete Schriftsteller Feridun Zaimoglu mit einer Rede, die sich wortgewaltig an die Seite stellte der Armen, der Flüchtlinge, der entrechteten Frauen, als er sagte:
    "Verlassen sind die Armen, verlassen sind die Frauen, verlassen sind die Fremden. Das böse Gerücht hat sie getötet. Sie, die wie die reife Gerste wuchsen, wurden mit der Sense gemäht. Wer sagt denn, dass das Gerücht immer größer sei als die Wahrheit? Wer verkehrt die Verhältnisse und wer beschimpft die Verkehrtheit? Wer glaubt, er wurzele in der Heimatscholle und er sei für immer und ewig unentwurzelbar? Wer schwätzt von der Gegenwart als von einer Leere, und wer faucht und wispert böse Flüche in die Leere? Das ist der Armenhasser, das ist der Frauenhasser, das ist der Fremdenhasser."
    Auch darüber wurde in der "Büchermarkt"-Sendung diskutiert mit den beiden Gästen Katrin Schumacher (MDR) und Elmar Krekeler (Die Welt), ebenso über die restlichen Texte dieser ersten Runde, über die Performanz des Wettbewerbs, über die Allgegenwart von Beerdigungen und Todesfällen, die den Bachmannpreis seit jeher begleiten und über die Juroren, darunter die neu hinzugekommene Insa Wilke, die geradezu löwengleich argumentierte für den von ihr eingeladenen Text "Flexen in Miami" von Joshua Groß.
    All das ist zu hören auf der Deutschlandfunk-Seite unter "Dokumente und Debatten", es ist nachzulesen auf der Seite des ORF, wo die Texte als PDF bereitliegen, der Twitteraccount @DLFBuch ist ebenfalls dabei, denn unter dem Hashtag #tddl fanden bereits etliche Diskussionen statt. Suhrkamp-Autor Clemens Setz parodierte gleich zu Beginn die Argumentationsweise der Jury, als er schrieb: "Ich stimme für einen Text in dem die Sedimentgesteine der Gegenwart mit den Stollenschächten der Geschichte und der Landvermessung des Erinnerns und den Probebohrungen des Vergessens blip blap blup #Tddl"
    Am Sonntagvormittag werden in Klagenfurt unter anderem der mit 25.000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen und zum zweiten Mal der mit 12.500 Euro dotierte Deutschlandfunk-Literaturpreis. In der morgigen Büchermarkt-Sendung ab 16:10 wird dann Carsten Otte (SWR) mit dem Deutschlandfunk-Redakteur Jan Drees diskutiert über jene Autorinnen und Autoren, die dann gelesen haben werden.