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Termiten
Soziale Gene

Insekten wie Bienen, Ameisen und Termiten leben in großen Staaten. Das hinterlässt auch in ihrem Erbgut Spuren. Ein internationales Forscherteam konnte erstmals das Genom einer Termitenart sequenzieren und fand dabei genetische Merkmale, wie sie auch im Erbgut von Bienen und Ameisen hervorstechen.

Von Volkart Wildermuth | 21.05.2014
    Eine Honigwabe mit Arbeitsbienen
    Ob Bienen in ihren Waben oder Termiten im Bau: Das Zusammenleben hat sich in die Gene eingeschrieben. (picture-alliance/ ZB)
    Was Termiten betrifft, ist die Art Zootermopsis nevadenis eher unscheinbar. Sie errichtet keine großen Bauten, sie bringt auch keine Holzhäuser zum Einsturz. Die Staaten von Zootermopsis leben fast unsichtbar in verrottenden Baumstämmen. Die Gesellschaft dieser Feuchtholztermiten ist für soziale Insekten vergleichsweise simpel organisiert, erklärt der Biologe Jürgen Liebig von der Arizona State University:
    "Ihre Sozialstruktur ist geprägt von den Soldaten. Sie sind steril, pflanzen sich nicht fort, aber sie verteidigen die Kolonie gegen Eindringlinge."
    Der einfache Aufbau dieser Insektengesellschaft macht sie für Forscher interessant. Sie hat sich noch nicht weit vom Ursprung der Staatenbildung bei den Termiten entfernt. Deshalb haben sich Wissenschaftler aus den USA, aus Deutschland, vielen anderen europäischen Nationen und aus China zusammengetan, um das Erbgut von Zootermopsis zu entziffern und mit den bekannten Genomen anderer Insekten zu vergleichen. Dabei zeigte sich: Die sozialen Termiten zeigen einige Besonderheiten im Vergleich zu Mücken, Käfern oder Läusen, die sich einsam durchs Leben schlagen. Staatenbildende Insekten wie Ameisen, Bienen und eben auch Termiten haben besonders viele Methylgruppen auf ihrer DNA. Diese DNA-Methylierung organisiert die Muster der Genaktivität, erklärt Liebig:
    "Diese Termitenart besitzt den höchsten Grad an DNA-Methylierung, den wir bislang bei Insekten gefunden haben. Bei Bienen sorgen die Methylierungsmuster für die Unterschiede zwischen Arbeiterinnen und Königinnen. Wahrscheinlich sind sie auch bei den Termiten wichtig für die Bildung der Kasten."
    Vorsicht, Ansteckungsgefahr!
    Eine weitere Gemeinsamkeit der staatenbildenden Insekten ist die hohe Zahl der Gene für die Immunabwehr. Kein Wunder - im Termitenbau geht es genau wie im Ameisenhügel oder dem Bienenstock dicht gedrängt zu, ideale Möglichkeiten für Krankheitserreger sich auszubreiten. Termiten allerdings bilden vergleichsweise weniger Eiweiße, die Bakterien abtöten. Liebig:
    "Bei Termiten wäre das gefährlich, weil sie auf die Bakterien in ihrem Darm angewiesen sind. Diese Bakterien helfen, die Zellulose aus dem Holz zu verdauen. Mit den Antibiotika könnten die Termiten sich also selbst schaden."
    Termiten besitzen mehr Geruchsrezeptoren, als allein lebende Insekten. Wahrscheinlich sind Duftsignale entscheidend für ihr Zusammenleben. Bienen und Ameisen, mit ihren komplexeren Gesellschaften, bilden allerdings noch deutlich mehr Geruchsrezeptoren. Das Fazit der Forscher: Insgesamt passen Genom und Lebensweise der Termiten gut zusammen. Auffällig war allerdings, wie viele Gene mit dem männlichen Sexualverhalten zusammenhängen. Termiten haben nicht nur Königinnen, sondern auch Könige. Und anders als bei den meisten Insektenarten einschließlich der Ameisen und Bienen, paaren sich Termiten nicht nur einmal, sondern immer wieder im Lauf der Jahre. Um dauerhaft Spermien liefern zu können, passen die Männchen deren Produktion an die Zahl der Weibchen und an die Jahreszeit an. Entsprechend gibt es viel mehr Gene für die männlichen Sexualorgane und sie sind auch aktiver, als bei anderen staatenbildenden Insekten. Jürgen Liebig:
    "Man weiß nie, was man in einem Genom findet, ich war schon überrascht, dass die auffälligsten Unterschiede mit dem männlichen Sexualverhalten zusammenhingen."