Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Terror im Irak
Deutsche Waffen und Ausbilder in Erbil

Die ersten deutschen Waffen sind im Nordirak für den Kampf gegen die Terrorgruppe IS eingetroffen. Kurden-Präsident Barsani forderte bereits moderneres Material. Auch die Waffenausbilder der Bundeswehr haben mit mehrtägiger Verspätung Erbil erreicht. Die Opposition kritisiert die Art und Weise, wie die deutsche Hilfe ankommt.

26.09.2014
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) unterhält sich in der Nähe von Erbil im Irak in einer Kaserne, in der kurdische Peschmerga-Kämpfer ausgebildet werden, mit Bundeswehrsoldaten.
    Nach dem Abflug von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sind auch die deutschen Waffen in Erbil angekommen. (dpa / picture-alliance / Maja Hitij)
    Der Transport der Waffen und der Ausbilder gleicht einer Odyssee: Sieben Soldaten sollen die Kurden dafür trainieren, mit deutschen Waffen gegen die Terror-Miliz IS zu kämpfen. Ihre Ankunft in der irakischen Provinzhauptstadt Erbil hatte sich verzögert, weil die sechs Fallschirmjäger und ein Sanitäter dreimal das Flugzeug wechseln mussten und zwischendurch wegen eines Defekts mehrere Tage in Bulgarien festsaßen. Erst die vierte Transallmaschine der Luftwaffe konnte die Soldaten in den Irak bringen.
    Deutschland mache sich durch die Pannen bei der Bundeswehr international zum Gespött, beklagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Soldaten seien sehr engagiert, doch "das Material könnte vom Schrottplatz kommen". Özdemir ergänzte, bei Auslandsbesuchen erlebe er schon länger Lästereien über die Pleiteserie auf Deutschlands Großbaustellen, nun dürften wohl auch noch "Bundeswehr-Witze" hinzukommen.
    Ein Transportflugzeug vom Typ Douglas KC 10 der niederländischen Luftwaffe wird am 24.09.2014 mit Waffen auf dem Flughafen Leipzig/Halle in Schkeuditz (Sachsen) beladen.
    Mit dieser ersten Maschine mit Panzerfäusten, Gewehren und Munition beginnen die deutschen Waffenlieferungen für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak. (picture alliance / dpa / Jan Woitas)
    Auch die Lieferung der Waffen war von technischen Problemen begleitet. Der Abflug eines niederländischen Transportflugzeuges erfolgte verspätet, weil noch ein Defekt an der Maschine behoben werden musste. An Bord befanden sich 50 Panzerfäuste mit Munition, 520 Gewehre und 20 Maschinengewehre. Die Ladung wurde auf Zypern in ein Flugzeug der britischen Luftwaffe umgeladen, das schließlich erst nach Bagdad zur Inspektion der Ladung und dann nach Erbil flog. Deutschland will insgesamt 10.000 Kämpfer ausrüsten.
    Die Debatte über Waffenlieferungen an die Kurden im Irak führe vom eigentlichen Problem weg, sagte der außenpolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, Jan van Aken, im Deutschlandfunk. "Die Frage ist doch eher, welche richtigen politischen Schritte müsste man jetzt einleiten, um die IS nachhaltig zu schwächen und damit besiegen zu können."
    "Waffen könnten besser sein"
    Kurden-Präsident Massud Barsani forderte nach einem Treffen mit Bundesverteidiungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch mehr und modernere Waffen von der internationalen Gemeinschaft. Barsani sagte, dass "die Qualität der Waffen und die Anzahl der Waffen" noch besser sein könne. Er fügte hinzu: "Es ist nicht nur unser Krieg. Wir kämpfen im Namen aller in der Welt gegen die Terroristen."
    Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat den Kurden-Präsidenten Massud Barsani besucht.
    Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat den Kurden-Präsidenten Massud Barsani besucht. (AFP / Safin Hamed)
    Während die Verteidigungsministerin sich im Irak aufhielt, hatte in Berlin ein umfangreicher Mängelkatalog für Aufregung gesorgt. Dieser listet defektes Gerät bei der Bundeswehr auf. Die Aufstellung habe "gravierende Mängel offenbart", sagte Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger. Vertreter der Linken nannten es einen Skandal, dass die Bundeswehr trotz des "aufgeblähten" Verteidigungsetats nur "bedingt einsatzfähig" sei.
    Nachbesserung bei Bundeswehrreform gefordert
    Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Hans-Peter Bartels (SPD), forderte angesichts der Materialprobleme der Truppe eine Nachbesserung der Bundeswehrreform. "Es kann nicht sein, dass für viel Geld beschaffte Ausrüstung verschenkt oder billig weiterverkauft wird oder im Depot steht, nur weil die Wartung zu teuer ist", sagte Bartels dem "Handelsblatt". "Es ist nicht gut, dass die Truppe nur 70 Prozent der Ausrüstung hat, die sie für ihre geplante Stärke eigentlich bräuchte." Die Hoffnung habe sich nicht erfüllt, dass mit kleineren Stückzahlen auch die Ausfallrate sinke.
    Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels
    Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels (dpa / picture alliance / Stephanie Pilick)
    Der frühere Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr verfügt, dass nicht mehr jede Truppeneinheit die volle Zahl etwa an Panzern erhält. Die entstehenden Lücken sollten durch ein "dynamisches Verfügbarkeitsmanagement" ausgeglichen werden, indem das Gerät nach Bedarf zwischen den Standorten ausgetauscht werden sollte.
    Dieses Prinzip aber funktioniere nicht, kritisierte Bartels jetzt. Die SPD will auch an anderer Stellen nachjustieren. Verteidigungspolitiker Rainer Arnold setzt sich dafür ein, die unter de Maizière getroffene Entscheidung rückgängig zu machen, die Bestellung von Transport- und Kampfhubschraubern zu reduzieren. Die Union hat sich bislang strikt dagegen ausgesprochen, das Reformpaket de Maizières aufzuschnüren.
    (sdö/bö)