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Terrorismus-Verdacht
Nizza-Attentäter bekundete Unterstützung für den IS 

Nach dem Attentat von Nizza suchen die Ermittler weiter nach möglichen Verbindungen des Täters zu Terrororganisationen. Nach neuen Erkenntnissen hatte der Mann dem IS seine Unterstützung bekundet und im Internet nach Propagandamaterial gesucht. Am Mittag gedachten Menschen in ganz Frankreich mit einer Schweigeminute der 84 Opfer.

18.07.2016
    Menschen in Nizza gedenken der Opfer des Anschlags vom französischen Nationalfeiertag.
    Menschen in Nizza gedenken der Opfer des Anschlags vom französischen Nationalfeiertag. (AFP / Valery Hache)
    Der Pariser Staatsanwalt François Molin sagte, der 31-Jährige habe zudem im Internet Informationen zu dem Angriff auf eine Schwulenbar in der US-Stadt Orlando mit 49 Opfern gesichtet. Er habe ein "unbestreitbares Interesse" für den IS gezeigt.
    Unter anderem habe der Tunesier in den Tagen vor dem Anschlag nach Videos religiöser Gesänge gesucht, die islamistische Terrororganisationen als Propagandainstrument nutzen. Derzeit gebe es aber keine Belege für eine Zugehörigkeit zum IS. Die Terrormiliz hatte die Verantwortung für den Anschlag übernommen und dem Täter als ihren "Soldaten" bezeichnet, dafür aber keine Beweise präsentiert.
    Onkel: Täter war leichtes Opfer für IS
    Ein Onkel des 31-Jährigen dagegen hatte der Nachrichtenagentur AP gesagt, sein Neffe sei von einem Algerier für den IS geworben worden. Früher sei der Täter nicht besonders fromm gewesen. "Er betete nicht, er ging nicht in die Moschee, er aß Schweinefleisch", sagte Sadok Bouhlel.
    Nach der Trennung von seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern habe der 31-Jährige aber Probleme gehabt, die ihn zu einer leichten Beute für den IS gemacht hätten. Zudem hatte Premierminister Manuel Valls am Wochenende erklärt, der Täter habe sich schnell radikalisiert.
    19 Verletzte schweben noch in Lebensgefahr
    Der Tunesier Mohamed Lahouaiej-Bouhlel war am Donnerstag - dem französischen Nationalfeiertag - auf der Strandpromenade von Nizza mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gerast und hatte 84 Menschen getötet, bevor die Polizei ihn erschoss. Staatsanwalt Molin sagte, derzeit schwebten noch 19 Verletzte in Lebensgefahr. 114 Opfer seien weiterhin im Krankenhaus. Die rechtsmedizinischen Untersuchungen der 84 Todesopfer seien abgeschlossen, zwölf von ihnen seien obduziert worden.
    Derzeit sind noch sechs Menschen in Zusammenhang mit dem Anschlag in Polizeigewahrsam. Drei von ihnen sollen von Antiterror-Spezialisten befragt werden. Nach Angaben aus Justizkreisen zeichnet sich ab, dass der Attentäter Komplizen hatte.
    Drei Soldaten mit roten Barretten und Maschinengewehren; zwei von ihnen tragen Sonnenbrillen. Einer spricht in ein Funkgerät.
    Französische Soldaten patroullieren in Nizza - die Angst vor weiteren Anschlägen ist groß. (AFP / MATTHIEU ALEXANDRE)
    Buhrufe bei Schweigeminute
    Die Menschen in Frankreich gedachten der Opfer am Montag mit einer Schweigeminute. Am Tatort auf dem Strandboulevard in Nizza versammelten sich Tausende Menschen. Ein Teil der Anwesenden buhte Premierminister Manuel Valls aus. Einige Menschen bedachten Valls vorher und nachher mit Unmutsäußerungen, wie französische Medien berichteten und auf Videoaufnahmen zu sehen war.
    Feuerwehrleute und Rettungskräfte erhielten dagegen Applaus. Seit dem neuen Anschlag wird in Frankreich heftig darüber diskutiert, ob die Behörden genug für den Schutz der Bevölkerung vor Terrorangriffen getan haben.
    In Paris tagte erneut das Sicherheitskabinett von Präsident Hollande. Es war das dritte Treffen des Gremiums seit der Attacke. Im Anschluss bekräftigte Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, Frankreich werde weiterhin Stellungen des IS im Irak und in Syrien angreifen.
    (hba/ach)