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Polizeiliche Ermittlungen
Terrorverdächtige in NRW festgenommen

Die Polizei hat in Nordrhein-Westfalen vier mutmaßliche Terrorverdächtige festgenommen. Sie sollen dem "Islamischen Staat" angehören und mehrere Anschläge in Deutschland geplant haben. Ein fünfter Verdächtiger befand sich vorher bereits in Haft.

Von Gudula Geuther | 15.04.2020
Der Generalbundesanwalt hat am Morgen in Nordrhein-Westfalen vier terrorverdächtige Islamisten aus Tadschikistan festnehmen lassen.
350 Polizisten, darunter Spezialkräfte, nahmen die Männer am frühen Morgen zeitgleich in Essen, Neuss und Siegen sowie im Kreis Heinsberg fest und durchsuchten ihre Wohnungen und mehrere andere Objekte (Uli Deck/dpa)
Die Gruppe hatte schon Vorbereitungen für Anschläge in Deutschland getroffen. Allerdings waren die schon vor einem Jahr ins Stocken geraten. Die fünf aus Tadschikistan stammenden Männer sollen sich im Januar vergangenen Jahres dem "Islamischen Staat" angeschlossen und eine Zelle in Deutschland gegründet haben. Die Ermittlungen führt der Generalbundesanwalt. Gleichwohl trat am Mittag Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul vor die Presse:
"Sie sollen zunächst vorgehabt haben, in ihre Heimat in Tadschikistan auszureisen, um dort im Rahmen des bewaffneten 'Heiligen Krieges' an Kämpfen gegen die Regierung teilzunehmen.
Von dem Plan sind sie dann aber offenbar abgerückt und haben stattdessen beabsichtigt, in Deutschland öffentliche tödliche Anschläge zu verüben."
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Dabei habe, so betonte auch Herbert Reul, ein Anschlag nicht unmittelbar bevorgestanden. Aber die fünf Männer hätten bestimmte Ziele ins Auge gefasst.
"Es ging um konkrete Anschlagsziele, etwa Anschläge gegen zwei US-Luftwaffenstützpunkte in Deutschland. Und außerdem hatten sie nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen den Plan, einen Menschen zu ermorden, der sich aus ihrer Sicht islamkritisch geäußert hatte.
Einer der Beschuldigten war sogar bereits dabei, dieses potenzielle Mordopfer auszuspähen. Auch die beiden US-amerikanischen Militärbasen wurden bereits ausgekundschaftet."
Anweisungen aus Syrien und Afghanistan
Die Zelle habe über scharfe Schusswaffen samt Munition verfügt, heißt es in der Mitteilung der Karlsruher Behörde. Einer der Beschuldigten, Ravsan B., habe sich Anleitungen zum Bombenbau besorgt, dafür habe die Gruppe auch schon erste Komponenten im Internet bestellt. Das zeige, so Herbert Reul, dass es den Männern sehr ernst gewesen sei. Ihre Anweisungen sollen sie von zwei hochrangigen IS-Führungsmitgliedern in Syrien und Afghanistan bekommen haben, mit denen sie die ganze Zeit in Kontakt standen.
Schuster (CDU) zur Rückführung von Islamisten
CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sieht die deutschen Sicherheitsbehörden für die Rückführung deutscher Islamisten aus türkischen Gefängnissen gut aufgestellt.
Ins Stocken gerieten die Pläne, weil schon im März vergangenen Jahres einer der fünf, Ravsan B., verhaftet worden war. Wie aus Sicherheitskreisen zu hören ist, aus ganz anderen Gründen, nicht wegen der Anschlagspläne. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Er soll auch eine zentrale Rolle bei den Versuchen der Gruppe gespielt haben, Finanzmittel für den IS und für ihre Anschläge zu besorgen. Dafür hätten sie Geld gesammelt, das sie über einen Mittelsmann in der Türkei an den IS geschickt hätten.
40.000 US-Dollar für einen Mord
Ein anderer Versuch dagegen ging fehl: Ravsan B. nahm nach Erkenntnissen der Ermittler den Auftrag an, für 40.000 US-Dollar einen Mordanschlag in Albanien zu begehen. Zusammen mit einem weiteren der jetzt Beschuldigten sei er auch tatsächlich nach Albanien gereist. Als der Mordplan scheiterte, kehrten beide nach Deutschland zurück, wo Ravsan B. dann - aus eben wiederum anderen Gründen - in Untersuchungshaft kam.
Auch wenn sich damit für die Ermittler offenbar erst nachträglich und Stück für Stück ein Bild der Anschlagsplanungen ergab, sagt der nordrhein-westfälische Innenminister, man habe die fünf früh im Blick gehabt.
"Und wir waren da auch immer sehr unruhig, das muss ich mal hinzufügen. Weil man ja nie genau weiß, ob da und wann da was passiert."
Gefahr durch islamistisch motivierten Terror besteht weiter
350 Polizisten, darunter Spezialkräfte, nahmen die Männer am frühen Morgen zeitgleich in Essen, Neuss und Siegen sowie im Kreis Heinsberg fest und durchsuchten ihre Wohnungen und mehrere andere Objekte. Bisher, so Reul, seien Geld und Datenträger gefunden worden. Haftbefehle hatte der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof schon früher erlassen. Nach Anhörungen heute in Karlsruhe muss er entscheiden, ob sie in Vollzug gesetzt werden. Für Herbert Reul zeigt der Vorgang:
"Die Gefahren durch den islamistisch motivierten Terrorismus sind für Deutschland und für Nordrhein-Westfalen keineswegs gebannt."
So sieht es auch der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser. Er fordert, dass sich die Innenministerkonferenz bei ihrem nächsten Treffen mit Programmen zur Deradikalisierung befasst.