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Testlauf in Luxemburg
Ein Roboter für den Mond

Russen, Chinesen und Amerikaner stecken viel Geld in ihr Raumfahrtprogramm. Luxemburg geht einen anderen Weg: Mit ihrer Weltraumstrategie und einen eigenen Weltraumgesetz lockt das Großherzogtum private Investoren und junge Start-ups ins Land - mit Erfolg.

Von Tonia Koch | 20.02.2020
Roboter der Firma ispace werden auf einer Messe ausgestellt
ispace will einen Roboter zum Mond schicken. Dieser soll Wasser auf dem Mond finden. (imago / AFLO)
Julien-Alexandre Lamamy steht nur mit einem Pulli bekleidet in einer eiskalten, dunklen Halle im Luxemburger Süden. Der Lagerraum wird von ispace genutzt. Das private Raumfahrtunternehmen will schon bald einen Roboter zum Mond schicken, sagt Geschäftsführer Lamamy: "Bis jetzt hat es noch kein privates Unternehmen eine Mondlandung hingekriegt, wir wollen zeigen, dass es geht."
Auf einer Fläche von zehn auf zehn Meter ist grauer Sand aufgeschüttet. Ein Mondgarten. Möglichst originalgetreu. "Wir haben unterschiedliche Korngrößen kombiniert, Krater ausgehoben und Hügel aufgeschüttet um die Bedingungen auf dem Mond so genau wie möglich nachzubilden", sagt Lamamy.
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reihe "Der Traum vom All – Luxemburg will den Weltraum erobern".
Mittendrin in der Kraterlandschaft, die nur von einer Stehleuchte erhellt wird, steht ein Roboter: klein, etwa 50 Zentimeter hoch und ebenso breit, silberfarben lackiert und ausgestattet mit vier großen Rädern, die den Schaufeln eines Mühlrades ähneln. Ein Vorführgerät, das Original steht im Büro und darf nicht gezeigt werden. Es wird per Computer gesteuert.
Roboter soll bald auf dem Mond seine Runden drehen
"Er macht Bilder und mit deren Hilfe können sie den Roboter überall hinlenken", erklärt Maia Haas, Mitarbeiterin von ispace. Zuverlässig erklimmt der Rover Hügel und steigt in Krater hinab. Im Sandkasten funktioniert es also reibungslos. Aber tut es das auch auf dem Mond? Das soll bereits im kommenden Jahr getestet werden. Dann soll der Prototyp mit Elon Musks, Raumfahrtunternehmen SpaceX auf dem Mond landen und dort seine Runden drehen. Ein paar Hundert Meter soll er schaffen. Dafür hat er exakt einen Tag, konkret einen Mond-Tag Zeit und das sind nach Erdrechnung zwei Wochen. In dieser Zeitspanne steht Sonnenenergie zur Verfügung, um das geländegängige Fahrzeug anzutreiben, erklärt Julien Lamamy.
"Die ersten zwei Wochen hat er Sonne, da geht es dem Rover gut. Aber die Frage ist, wie übersteht er die zweiwöchige Nachtphase. Die Temperaturen sinken dann auf minus 50 Grad Celsius und mit der aktuellen Technik kann er nicht überleben, weil er danach einfach nicht mehr auftaut. Auch da erhoffen wir uns Erkenntnisse, was können wir machen, dass der Roboter in den beiden dunklen Wochen nicht kaputt geht."
Ziel: Wasser auf dem Mond finden
Für den Fall, dass der ispace-Roboter den Bewegungstest besteht, wartet die eigentliche Aufgabe auf ihn: Er soll Wasser auf dem Mond finden. Ohne Wasser ist kein Überleben möglich. Es müssten daher Techniken erprobt werden, um die gefrorenen Wasserreserven an den Mond-Polkappen zu gewinnen, aufzubereiten und aufzuspalten. Es gehe darum, später einmal Mensch und Maschine zu versorgen, beschreibt der ispace-Manager die Zukunft.
"Bis 2030 denke ich, können wir zeigen, dass wir Wasser fördern können und die Vision von ispace ist, bis 2040 mit einem Unternehmen auf dem Mond präsent zu sein. Und wenn das mit der Wasserversorgung klappt, dann werden sich wirtschaftliche Überlegungen extrem beschleunigen."
Ob es so kommt, weiß niemand. Die Tests stehen eben noch aus und auch die Firma ispace musste so manchen Rückschlag hinnehmen und immer wieder einen neuen Anlauf nehmen. Inzwischen sind nach eigenen Angaben für die beiden geplanten Mondlandungen bei Sponsoren bereits 95 Millionen Dollar eingesammelt worden. Etwa die Hälfte dessen was nötig sein wird. Auch die europäische Raumfahrtbehörde ESA sei auf sie aufmerksam geworden, berichtet Julien-Alexandre Lamamy nicht ohne Stolz. Zwei ihrer Experten seien ausgewählt worden, um an einem ähnlichen Programm mitzuarbeiten, das die ESA zur Erkundung der Mondoberfläche für 2027 in Aussicht gestellt hat.
"Wir ergänzen uns sehr gut, während die ESA rein wissenschaftlich unterwegs ist, bringen wir andere, wirtschaftliche Aspekte mit ein, das verbreitert den Blickwinkel und ist hilfreich für beide Seiten."
Mitarbeiter der Firma ispace stehen vor einem Sandfeld in einer Halle
In der ispace-Mondhalle wird das Modell getestet (Deutschlandradio / Tonia Koch)
Mitarbeiter kommen aus vielen verschiedenen Ländern
Ideenvielfalt generiert das Start-up aus dem internationalen Erfahrungshorizont seiner Mitarbeiter. Daniel Bolan ist Amerikaner. Er hat durch einen Zeitungsartikel erstmals von den Weltrauambitionen der Luxemburger erfahren. "Ich fand das ziemlich kurios, dass so ein kleines Land sich dafür stark macht und nach einer Tour durch Europa und gutem Zureden von Freunden bin ich dann bei ispace gelandet."
Daniel ist gelungen, was nur wenigen gelingt, er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Vor seiner Start-up-Karriere war er bei Google in den USA. Dort habe für alle Mitarbeiter die Möglichkeit bestanden, 20 Prozent ihrer Arbeitszeit auf ein eigenes Projekt zu verwenden.
"Gemeinsam mit zehn anderen Kollegen haben wir daran gearbeitet, Google Maps auf andre Planeten auszudehnen, und wir haben den Kartendienst inzwischen für nahezu jeden erdähnlichen Planeten entwickelt und mit Street View können sie auch die internationale Raumstation ISS besuchen. Also mein Nebenprojekt ist nun zu meinem Hauptprojekt geworden." Die inzwischen 18 Mitarbeiter der Luxemburger ispace-Niederlassung kommen aus 14 Ländern. Sie eint die Hoffnung, dass ihr kleiner, geländegängiger Roboter im kommenden Jahr seine ersten Meter auf dem Mond macht.