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Tests, Tests, Tests

Freitag morgen, kurz nach halb elf in der Klasse 5d am Gymnasium Wermelskirchen. Deutschlehrer Wolfgang Braun stößt mit seiner Ankündigung, ein Übungsdiktat schreiben zu wollen, auf Protest bei seinen Schülerinnen und Schülern.

Von Armin Himmelrath | 07.10.2005
    " Bitte jetzt, jeder hat sein Heft, und ihr wisst, dass es jetzt einfach nur als Kontrolle dient. So, der erste Satz heißt: Eine Katze war gestorben, sie läutete an der Himmelstür und begehrte Einlass. "

    Für Wolfgang Braun sind solche unangekündigten Tests ein wichtiges Kontrollinstrument für seine Unterrichtsplanung. Denn um den Leistungsstand der Klasse laufend zu überprüfen, reichen vier oder fünf offizielle Klassenarbeiten im Halbjahr nicht aus.

    " Gerade bei den Diktaten find ich das besonders wichtig, um einfach so einen Überblick zu kriegen regelmäßig, wie sich die Fähigkeiten der Schüler so langsam entwickeln in der Rechtschreibung. Ich kann dann auch individuelle Förderung machen jetzt bei einzelnen Schülern, weil ich sehe, welche Fehlerschwerpunkte die machen. Und von daher find ich, für die Schüler, also für das weitere individuelle Üben auch zuhause eventuell, ist das ne wichtige Kontrolle für mich als Lehrer, wie der Entwicklungsstand der Schüler ist. Deshalb führe ich auch immer regelmäßig solche Tests durch, solche Übungsdiktate. "

    Bei den Kindern dagegen hält sich die Begeisterung erwartungsgemäß in Grenzen. Ihre Meinung zu den Tests ist klar.

    " Doof. Doof, ja. Weil die Test-Diktate, also die Übungsdiktate nicht angekündigt werden.

    Die kommen überraschend?

    Ja.

    Und dann bist du nicht vorbereitet?

    Doch, eigentlich schon.

    Wir üben ja auch viel, eigentlich.

    Wie oft schreibt ihr denn so Diktate?

    Einmal in der Woche. Davor muss ich immer üben. Und da hab ich keine Zeit für Freunde und so. Und das find ich blöd. "

    Den Unwillen seiner 27 Schülerinnen und Schüler kann Wolfgang Braun durchaus nachvollziehen - zumal die Herbstferien vor der Tür stehen.

    " Es ist natürlich jetzt heute der letzte Schultag, das ist natürlich immer ein Problem: Warum muss man am letzten Schultag noch einen Test machen? Aber das hat sich so - weil es regelmäßig im Rhythmus jede Woche ist, lässt das nach. Die Schüler wissen, dass sie jede Woche ein Übungsdiktat schreiben, entweder an den Fehlern dann arbeiten, und das ist im normalen Unterrichtsbetrieb nicht das Problem."

    Heute sammelt Wolfgang Braun die Hefte nach Abschluss des Diktats nicht ein, sondern präsentiert anschließend auf dem Overhead-Projektor noch einmal den kompletten Text in der richtigen Schreibweise.

    " Jeder liest sich das noch mal durch, ich lege derweil die Folie auf, und dann wie gehabt Austausch der Hefte mit dem Nachbarn oder der Nachbarin und das eben korrigieren oder die Fehler anstreichen, wenn welche da sind. Okay, los geht's."

    Denn nicht jeder Test muss unbedingt zu einem Eintrag ins Notenbüchlein führen, betont der Deutschlehrer. Mindestens genauso wichtig seien für die Schüler die Erfahrungen, die sie beim Korrigieren der eigenen Texte machen.

    " Das ist normal, weil: Die Schüler sollen über visuelle Eindrücke erstmal ne Kontrolle haben über das, was sie schreiben. Also erstmal sehen, was sie falsch geschrieben haben, und dadurch auch, dass das ausgetauscht wird untereinander, guckt man natürlich auch: Wie viele Fehler hat der Nachbar gemacht oder die Nachbarin, und das schärft einfach auch den Blick für Fehler. Und das ist, denke ich, auch ein ganz wichtiger Bestandteil der Übung, die wir bei den Übungsdiktaten machen."

    Nick jedenfalls ist zufrieden, als er nach ein paar Minuten das Heft von seinem Nachbarn zurück bekommt. Ein Blick schneller Blick auf die Korrekturen, und sein Urteil für heute ist klar:

    " Eigentlich ganz gut. Nur das ist doof, weil man jetzt auf der weiterführenden Schule so schnell schreiben muss. Das ist anstrengend."

    " Und findest du das gut, dass ihr jetzt jede Woche Tests macht? "

    " Ja. Weil man dann auch besser üben kann. Dass man weiß, welche Wörter man noch üben muss und welche man nicht üben muss. "