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Thailand
Demokratie in der Schwebe

In Thailand wollen tausende Regierungsgegner die bevorstehenden Wahlen verhindern. Die Opposition besitzt zwar keine Mehrheit im Land. Sie fordert jedoch trotzdem den Rücktritt von Premierministerin Yingluck Shinawatra und will das gesamte politische System verändern.

Von Udo Schmidt | 01.02.2014
    Protestieren, zum Teil vermummt, schwenken die thailändische Fahne in Bangkok
    Mitte Januar hatte Suthep Thauksuban, der Anführer der Proteste, den Stillstand in Bangkok ausgerufen. (dpa / Barbara Walton)
    In Thailand wird gewählt, und die, die sich meist massiv für Neuwahlen einsetzt, die Opposition, ist in Thailand gegen solche Wahlen. Tausende demonstrieren auf den Straßen Bangkoks, um die Wahlen zu verhindern, sie zumindest zu verschieben – die Regierungsgegner wollen erst das gesamte politische System reformieren, bevor gewählt werden darf. Bis dahin sollen von der Opposition ernannte Technokraten das Land in eine bessere Zukunft führen.
    Mit der Ablehnung der Wahlen bemäntelt die Opposition aber auch, dass sie keine Mehrheit im Land besitzt und Wahlen nicht gewinnen kann. Die größte Oppositionspartei, die DemokratischePartei, boykottiert daher die Wahl. Thailand – für den Betrachter fast eine verkehrte Welt.
    Seit Ende November wird gegen die Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra demonstriert – für den 13. Januar hatte Suthep, der eher radikale als charismatische Anführer der Proteste, den Stillstand in Bangkok ausgerufen: "Shutdown Bangkok" war das Motto. Tausende drängten sich damals etwa am zentralen Lumpini Park:
    "Yingluck muss zurücktreten, sie weiß doch gar nicht, wie man regiert, sie hat immer ihren Bruder Thaksin im Hintergrund."
    Malai ist mit einer Freundin aus dem Süden Thailands nach Bangkok gekommen, und sie ist wütend. Ihr Leben habe sich verschlechtert in den vergangenen Jahren sagt sie, die Kautschukpreise seien deutlich gefallen – und sie lebe mit ihrer Familie vom Kautschuk. Dass die Regierung nicht für den Weltmarktpreis verantwortlich ist, zählt nicht in diesem Moment - Premierministerin Yingluck muss weg, da sind sich alle einig. Und bis dahin werde man die Stadt lahmlegen, sagt Khania, ebenfalls aus dem Süden Thailands:
    "Wir machen mit unserem Protest weiter, bis die Premierministerin zurücktritt oder das Land verlässt."
    15.000 Polizisten waren am 13. Januar aufgeboten, um die Sicherheit zu garantieren, landesweit 200.000 werden es jetzt zur Wahl sein. Die Regierung will wählen lassen. Jetzt machen Neuwahlen noch keinen Sinn, meint dagegen Sakda, der mit einem Megafon die Demonstranten anfeuert:
    "Erst muss das System reformiert werden, sonst enden die Wahlen doch wieder am gleichen Punkt."
    Was bedeutet, die Regierung von Yingluck würde wieder gewinnen – sie hat deutlich die Mehrheit im Land. Deswegen will auch Protestführer Suthep Thauksuban keine Wahlen, er würde sie verlieren. Sutcha Janmala ist seit einem Monat in Bangkok, um gegen die Regierung zu protestieren. Sutcha kann sich das leisten, er ist im Rentenalter, war früher Anwalt, besitzt im Süden Thailands eine Shrimps-Farm.
    Viele Thailändern haben Angst, zur Wahl zu gehen
    Sutcha unterstützt Suthep Thaugsuban, den radikalen Wortführer des Protestes, auch er will einen sofortigen Rücktritt der Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawtra, wegen der grassierenden Korruption, wie er sagt. Und er ist gegen Neuwahlen jetzt, weil das ohne Reformen keinen Sinn mache:
    "Jetzt oder etwas später wählen, bedeutet nur, dass die Regierung sich Zeit kauft, um an der Macht zu bleiben, ohne Reformen."
    Bei der letzten Wahl hat Sutcha für Yingluck und die jetzige Regierung gestimmt – und wurde schwer enttäuscht, wie er erklärt:
    "Ich habe in der Vergangenheit für die Shinwatras gestimmt, weil ich von deren Programm beeindruckt war, von der günstigen Krankenversicherung etwa. Aber dann wurde alles immer schlimmer, und ich habe jetzt kein Vertrauen mehr."
    Demonstrieren wollen die Regierungsgegner nahezu überall, am Wahltag möglichst vor allen Wahllokalen, sie wollen die Stimmabgabe behindern, möglichst verhindern. Die Wahl am Sonntag, an der viele Thailänder nicht teilnehmen werden, weil sie sich nicht trauen, durch ein Spalier wütender Demonstranten zu schreiten, eine Wahl an der die wichtigste Oppositionspartei nicht teilnimmt - eine freie und faire Wahl sieht anders aus, meint Pongsak Chanon vom Asian Network for Free Elections:
    "Normalerweise werden alle Wähler bei den Wahlen repräsentiert, das ist diesmal nicht so. Außerdem konnten in 28 Wahlkreisen überhaupt keine Kandidaten aufgestellt werden wegen der Proteste, das schafft Probleme für die Wahlkommission."
    Eine Verschiebung der Wahl auf den Mai, wie von der Wahlkommission gefordert, sagt Pitch Pongsawat, Politikwissenschaftler an der Chulalongkorn Universität in Bangkok, hätte allerdings am Grundkonflikt nichts geändert:
    "Die ganze Bewegung draußen auf der Straße will keine Verschiebung der Wahlen, sie will die Regeln gänzlich ändern, und sie lehnt das demokratische Prinzip ab."
    Dies sagen auch alle, die man fragt auf der Straße, alle, die sich derzeit unter Zeltdächern und vor Bühnen aufhalten, um klarzumachen, dass sie die Regierung der Shinawatras, der noch amtierenden Premierministerin Yingluck sowie ihres aus dem Ausland Strippen ziehenden Bruder Thaksin ablehnen, ja hassen geradezu. Sie sagen natürlich nicht, dass sie die Demokratie ablehnen, sie sagen nur, dass Demokratie derzeit nicht passt, dass es vor den Wahlen Reformen geben muss.
    Opposition wirft Regierung vor allem Korruption vor
    Die thailändische Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra während ihrer TV-Ansprache
    Der Puea Thai Partei, der Regierungspartei von Premierministerin Yingluck Shinawatra, wird zum Beispiel Stimmenkauf vorgeworfen (dpa / picture-alliance)
    Panitan Wattanayagorn ist ebenfalls Politikwissenschaftler an der Chulalongkorn Universität, aber anders als Pitch Pongsawat, der der Regierung nahesteht, ist er eher auf der Seite der Opposition. Früher einmal war er Sprecher von Abhisit Vekjjajiva, Parteichef der oppositionellen Demokratischen Partei, der Partei, die jetzt die Wahlen boykottiert:
    "Wir glauben nicht, dass die jetzige Wahl die politische Krise lösen kann. Natürlich gehören Wahlen zur Demokratie, aber in unserem Fall schaffen die Wahlen zumindest kurzfristig Probleme. Es gibt eine Menge Anfechtungen, unter anderem, weil bei den Vorwahlen am vergangenen Wochenende viele Wähler ihre Stimme nicht abgeben konnten, da die Demonstranten die Wahllokale versperrt hatten. Bevor es nach der Wahl ein offizielles Ergebnis gibt, müssen diese rechtlichen Fragen alle geklärt werden."
    Nicht weit weg von Sutcha an der Straßenkreuzung in Ladprao sitzt eine Gruppe aus Bang, ihre Namen wollen sie nicht sagen, schließlich könnten sie verfolgt werden. Sie werfen der Regierung eine ganze Liste von Verfehlungen vor, überschrieben mit dem Begriff Korruption:
    "Es wird alles immer teurer, die Regierung greift in alle Lebensbereiche ein, sie manipuliert die Erziehung, an den Universitäten werden die Studenten nicht mehr zu selbstständigem Denken erzogen."
    Eine ältere Frau, lange Verwaltungsangestellte in der Stadt und daher mit vielen Vorgängen vertraut, drängt nach vorne. Sie ist wütend:
    "Diese Regierung ist doch völlig korrupt. Mit dem verrückten Reisversprechen an die Bauern, ihnen also mehr Geld zu zahlen, als der Reis wert ist, mit dem Versuch, Thaksin, den Ex-Premier zurück ins Land zu holen, ohne dass er seine Strafe absitzen muss, gegen all das demonstrieren wir."
    Die Puea Thai Partei, die Regierungspartei von Premierministerin Yingluck Shinawatra, hatte allerdings immer wieder Wahlen gewonnen, so sie denn teilnehmen durfte. Militär und Machtelite Bangkoks haben bereits mehrfach versucht, die Shinawatras von der Macht fernzuhalten, 2006 mit einem Putsch, 2008 mit einem dubiosen Gerichtsurteil, nach dem die Partei aufgelöst wurde.
    Mehrheit der Thailänder unterstützt die Regierung der Shinawatras
    Am Willen der Mehrheit in Thailand hat das nichts geändert. Und diese Mehrheit findet sich nicht auf den Straßen in Bangkok, sie lebt auf dem Land und rechnet den Shinawatras positiv an, dass unter ihrer Regierung die Infrastruktur auf dem Land besser wurde, dass eine bezahlbare Krankenversicherung eingeführt wurde, dass es günstige Agrarkredite gab. Die Wähler, sagt Pongsak Chaonon, sind auch auf dem Land gut informiert, sie wissen, was sie wollen:
    "Die Menschen sind über die Parteien informiert, und wenn sie nicht direkt an Politik interessiert sind, dann kennen sie zumindest ihre Wahlkreiskandidaten und wissen, was sie von diesen zu erwarten haben."
    Die Opposition wirft der Regierung vor, nur durch Stimmenkauf an die Macht gelangt zu sein. Pongsak widerspricht:
    "Es ist nicht zu übersehen, dass es Stimmenkauf immer wieder gibt, aber alle Untersuchungen haben gezeigt, dass es den Menschen nicht um dieses Geld geht, sondern dass Entscheidungen anders fallen. Es wird darauf geachtet, welche Politik Vorteile bringt, das ist wichtiger."
    Pitch Pongsawat, der Politikwissenschaftler, der den Rothemden, also den Unterstützern der Regierung nahesteht, sitzt in seinem kleinen Büro im wunderschönen Kolonialgebäude der Chulalongkorn-Universität und sieht mit den Protesten die Demokratie in Thailand in Gefahr:
    Proteste gefährden Demokratie in Thailand
    Enges Gedränge von Regierungsgegnern vor den Eingängen des Stadions in Bangkok am 23.12.2013.
    Die Demonstranten wollen die Wahlen in Thailand verhindern (pa / dpa / Narong Sangnak)
    "Da wird ein Grundrecht der Menschen in einer demokratischen Gesellschaft zurückgewiesen, das Recht, zur Wahl zu gehen. Die Demonstranten auf der Straße behaupten, dass sie die Mehrheit im Land darstellen, dafür aber gibt es keinen Beweis."
    Auch dass die demokratische Partei, die größte Oppositionspartei, die Wahlen boykottiert, ist für Pitch, den Politikprofessor, vor allem ein Zeichen der Schwäche der Opposition:
    "Es ist schon fast ein Grundprinzip, dass die Demokratische Partei seit langer Zeit keine Wahl mehr gewonnen hat, und das, weil ihr ein Programm fehlt, mit dem sie die Wähler überzeugt. Und der Vorwurf des Stimmenkaufs greift auch nicht, zumal die Opposition da nicht besser ist. Die Demokratische Partei sollte an sich glauben und die Wähler überzeugen, für sie zu stimmen. Stattdessen lehnen sie die Wahlen ab, weil sie wissen, dass sie die Herzen der Menschen nicht gewinnen können. Sie nutzen jede Gelegenheit, Wahlen zu umgehen. Das ist ihre eigene Entscheidung."
    Suthep Thaugsuban, der Anführer der Proteste, ist kein Vorkämpfer für mehr Demokratie, auch wenn er immer wieder von Reformen spricht, er vertritt in Person die alte Bangkoker Elite, die sich durch die Shinawatras, die die neue Elite repräsentieren, von der Macht vertrieben fühlt. Auch Suthep ist mächtig und reich, aber eben nicht so reich wie die Shinawatras. Darum geht es. Die Neureichen müssen weg. Verapat Pariyawong ist Anwalt und kennt sich gut aus in der Gesellschaft Thailands:
    "Es geht nicht nur um wenige Familien, die sich bekämpfen, solche Machtkämpfe gab es bereits in der Zeit vor Thaksin, vor den Shinawatras, das Grundproblem ist, dass in Thailand eine wirkliche Rechtsstaatlichkeit fehlt. Es kann nicht sein, dass es normal ist, dass es akzeptiert wird, dass man eine Regierung, die einem nicht gefällt, einfach aus dem Amt jagt."
    Der Hauptvorwurf an die Regierung: sie sei korrupt und verschwende das Geld der Steuerzahler, etwa mit dem Reis-Subventionsversprechen an die Bauern vor allem im Norden des Landes, die treuesten Wähler der regierenden Puea Thai Partei. Milliarden wurden inzwischen für diese Subventionen ausgegeben, die Preise, die den Bauern versprochen wurden, liegen deutlich über Weltmarktniveau, mit der Folge, dass sich die Bauern über die Mehreinnahmen zwar freuen, der thailändische Reis immer unverkäuflicher wird.
    Was verstehen die Regierungsgegner unter Reformen?
    Ein gescheitertes Wahlversprechen, bei dem sicher Geld auch in den Taschen der verwaltenden Beamten gelandet ist – aber grundsätzlich kein klassischer Fall von Korruption. Wohl eher eine gescheiterte Politik. Aber auch wenn es um Korruption geht, sagt Pitch Pongsawat, dann ist dies noch lange kein Grund, Wahlen zu verhindern:
    "Es gibt natürlich die massive Klage über Korruption, aber das hat doch mit den Wahlen nichts zu tun. Es gibt genügend unabhängige Institutionen in Thailand, die sich des Themas Korruption im Rahmen des Gesetzes annehmen können. Aber jetzt geht es um die Wahlen; man kann die Opposition wählen, man kann mit Nein stimmen, aber man muss eben die Meinung der Gegenseite auch anerkennen. Und man darf nicht der Meinung sein, dass manche Menschen wichtiger sind als andere, das nämlich ist für ein friedliches Zusammenleben keine gute Grundlage."
    Pitch spielt auf die Argumentation der Opposition an, mit der diese den von ihr geforderten Volksrat unterstützt – einen Volksrat, der nicht gewählt werden soll und für eine undefiniert lange Übergangszeit das Land führen soll. Die Argumentation der Bangkoker Machtelite, die hinter den Demonstranten auf den Straßen der Hauptstadt steht – die Menschen auf dem Land sind zu ungebildet, zu unwissend, kurzum zu dumm zum Wählen – und geben daher immer wieder ihre Stimme der Regierung.
    Der zentrale Begriff, mit dem alle hantieren in diesen Wochen und Monaten in Thailand, heißt Reformen. Aber was bedeutet das. Was meint Suthep Thauksuban, wenn er von der Bühne herunter nach Reformen verlangt, was verstehen die Menschen, die ihm zujubeln, unter Reformen? Erklärungen fehlen bisher nahezu völlig, sagt Pongsak Chanon vom Netzwerk für freie Wahlen:
    "Die Reformen, die immer wieder gefordert werden, sind unklar. Keiner weiß, worum genau es gehen soll. Klar ist aber, dass Reformen der Strukturen einer Gesellschaft etwa Zeit brauchen. Viel Zeit. Darauf kann man mit Wahlen nicht warten, Reformen können die Wahlen begleiten, das ist besser."
    Emon und Salais sitzen unter einem Sonnenschutz, in Sichtweite des Government House, des Regierungssitzes in Bangkok, der seit Monaten belagert wird. Das gesamte Gelände rund um die Regierungsgebäude ist inzwischen in der Hand der Demonstranten. Sandsackbarrieren sind aufgebaut, Sicherheitspersonal patrouilliert, man will sich nicht vertreiben lassen.
    "Wir machen das, was unsere Anführer wollen: Entweder protestieren wir direkt vor dem Wahllokal oder wir gehen zur Wahl und stimmen mit Nein."
    Das Paar aus Bangkok erwartet, dass es zu Gewalt kommt am Wahlsonntag, wenn die Wahllokale belagert, am Ende blockiert werden und die Polizei das Recht zur Stimmabgabe durchsetzt:
    "Es wird zu Konfrontationen kommen, das lässt sich nicht vermeiden, aber wir sind so sehr gegen diese Wahlen ohne Reformen, wir sind bereits Monate hier – am Ende müssen wir kämpfen."
    Anführer der Proteste lehnt Verhandlungen mit der Regierung ab
    Protestführer Suthep Thaugsuban bei Protesten am Montag
    Protestführer Suthep Thauksuban vertritt die alte Bangkoker Elite. (dpa / picture-alliance / Narong Sangnak)
    Somchai, der Leiter der Wahlkommission, die für eine Verschiebung der Wahl auf Mai war, hält diese kaum für durchführbar. Ihm fehlen nach eigenen Angaben 4.000 freiwillige Wahlhelfer, landesweit werden wegen der Proteste geschätzte 10.000 Wahllokale nicht öffnen können. Diese Probleme aber dürfen, sagt der junge Anwalt Verapat, nicht dazu führen, dass die Demokratie infrage gestellt wird. Ganz im Gegenteil:
    "Es wäre für jeden schlimm, wenn es jetzt keine Wahlen gibt. Die Wähler in Thailand müssen den Demonstranten auf der Straße zeigen, dass sie diese Wahlen wollen und dass sie den Weg, den Suthep auf der Straße verfolgt, nicht mitgehen. Nur mit einer großen Wahlbeteiligung können wir die Demonstranten auf der Straße unter Druck setzen und überzeugen."Die Prognosen, wie es nun weitergeht in Thailand, was nach den Wahlen geschieht sind so unterschiedlichen wie die Menschen, die diese Prognosen erstellen. Pongsak Chanon vom Netzwerk für freie Wahlen ist sehr besorgt, wegen des Klimas, das herrscht:"Das Problem ist, dass keiner dem anderen vertraut und dass es ganz normal geworden ist, die Gegenseite nicht verlieren sehen zu wollen, sondern sie ausradieren zu wollen, sie zu vernichten."Pitch Pongsawat, der regierungsnahe Politikwissenschaftler, will dagegen keine Endzeitstimmung aufkommen lassen:"Ich sehe keine Apokalypse entstehen in der nahen Zukunft, ich denke, wir werden einen Weg finden, solange wir die grundsätzliche Frage der politischen Gleichheit, der Gleichberechtigung der Interessen berücksichtigen."Das könnte heißen, es gibt doch bald Verhandlungen über Reformen in Thailand, vielleicht in einer paritätisch zusammengesetzten Kommission., der Anführer der Proteste lehnt dies jedoch zurzeit barsch ab. Panitan, der Suthep kennt, will das nicht zu ernst nehmen. Solange er oben auf der Bühne stehe, werde Suthep immer so unversöhnlich sein. Aber es gehe auch anders:"Suthep ist doch ein sehr erfahrener Politiker, er weiß also, dass man verhandeln muss, um am Ende einen vernünftigen und zufriedenstellenden Kompromiss zu erreichen. Ich kann mir vorstellen, dass, wenn die Regierung verhandeln will, sogar inklusive Thaksin, dass dann auch Suthep seine Leute anhält, gesprächsbereit zu sein, um wirklich mit der Regierung erst über die Reformen und dann über andere Fragen zu reden."Aber ist diesem Suthep, der kein wirklicher Volksheld ist, zu trauen? Verapat, der Anwalt ist skeptisch:"Das müssen natürlich die Menschen für sich entscheiden, aber mir scheint, dass Suthep, wie Thaksin, nur für sich und seine Amnestie kämpft."Während der im Land geliebte und gehasste Thaksin Shinawatra schon zu zwei Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs verurteilt wurde und vor dem Strafantritt ins Ausland floh, steht Suthep noch am Anfang eines Strafprozesses, den er derzeit ganz einfach ignoriert. Suthep ist angeklagt, mitverantwortlich zu sein für die 90 Toten während der Krawalle der Rothemden im Frühjahr 2010. Als stellvertretender Premierminister hatte er damals ein hartes Durchgreifen gegen die Demonstranten, die Teile der Innenstadt besetzt hielten, angeordnet. Nun blockiert Suthep selber Bangkok – und gefällt sich gut in dieser Rolle. So gut, dass ihn persönlich ein Ende der Proteste nicht interessiert.