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Thalys-Ermittlungen
Staatsanwaltschaft wirft Angreifer Terrorvorhaben vor

Die Pariser Staatsanwaltschaft hat gegen den Angreifer aus dem Thalys-Zug ein Verfahren wegen versuchten mehrfachen Mordes und Terrorismus eröffnet. Die Ermittler begründen dies mit der schweren Bewaffnung des 25-Jährigen - und mit einem Video, das der Mann auf der Zugtoilette geschaut habe.

Von Ursula Welter | 25.08.2015
    Ein Polizist vor einem Thalys im Bahnhof Brüssel Midi
    Nach dem Anschlag wurden die Sicherheitsvorkehrungen an den Bahnhöfen verstärkt (picture alliance / dpa / Stephanie Lecocq)
    Um die Mittagszeit wurde der mutmaßliche Attentäter von den Räumen der Generaldirektion für Innere Sicherheit in den Justizpalast gefahren, wo er dem Haftrichter vorgeführt wurde. Der 25 Jahre alte Marokkaner hatte nach seiner Festnahme am vergangenen Freitag jeden terroristischen Hintergrund geleugnet und gesagt, er habe mithilfe der Waffen, die er per Zufall gefunden habe, die Passagiere nur ausrauben wollen. Die Ermittlungen ergeben ein anderes Bild. Der leitende Staatsanwalt von Paris, Francois Molins, erklärte:
    "Der Mann war im Besitz eines Sturmgewehrs, nicht vom Typ Kalaschnikow, sondern eines Sturmgewehrs vom Typ AKM." Außerdem neun Magazine, gefüllt mit Patronen: "270 Stück Munition vom Kaliber 762."
    Der Staatsanwalt bestätigt, dass der 25 Jahre alte Mann außerdem mit einer Automatikpistole und einem Trennmesser bewaffnet war, es wurde in seinem Gepäck, neben zehn Bleistiften ein Behälter mit einem halben Liter Flüssigkeit gefunden. Außerdem sein Handy: "Auf diesem sah er sich, als er bereits im Zug war, über YouTube eine Datei an, auf dem ein Individuum den Betrachter zum Kampf und zum Waffengebrauch im Namen des Propheten aufruft."
    Widersprüchliche Aussagen
    Außerdem wurde ein Facebook-Konto gefunden, das auf den Namen des mutmaßlichen Attentäters angemeldet war. Diese Konto wurde am Morgen des 22. August, also nach dem vereitelten Anschlag im Thalys, geschlossen. Staatsanwalt Molins wollte dazu nicht mehr sagen, um die Ermittlungen und die Suche nach denkbaren Hintermännern der Tat nicht zu gefährden. Es gehe nun nicht zuletzt darum, Komplizenschaft aufzuklären, denn der Beschuldigte hatte sein Erste Klasse Ticket für 149 Euro bar bezahlt und das Angebot am Thalys-Schalter, einen anderen Zug zu nehmen, in dem es noch freie Plätze gab, abgelehnt.
    Dies, die die Entschiedenheit, mit der der Mann vorging, die Lügen, in die er sich während des Verhörs verstrickte, bevor er entschied, nichts mehr zu sagen, die Summe der Ermittlungserkenntnisse veranlasste die Staatsanwaltschaft, nun offiziell das Verfahren wegen eines geplanten Terroraktes einzuleiten.
    Die belgische Polizei hat inzwischen Wohnungen im Umfeld des Marokkaners durchsucht. Nicht zuletzt die Wohnung der Schwester - in der sich Belege für den Aufenthalt des mutmaßlichen Attentäters fanden, obwohl dieser anderes behauptet hatte.
    Attentäter lebte angeblich mehrfach in Köln
    Über seine Aufenthaltsorte habe der mutmaßliche Attentäter, so Staatsanwalt Molins, unterschiedliche Angaben gemacht, so habe er zunächst zu einem Aufenthalt in Frankreich nichts sagen wollen, dann angegeben, er habe fünf bis sieben Monate in Aubervilliers bei Paris gelebt. Dann habe er in Belgien, in Köln, in Wien, wieder in Köln und später in Belgien gelebt, wo er in einem Park nahe es Bahnhofs gelebt habe. So die Angaben des Festgenommenen.
    Die Ermittler fanden bestätigt, dass er zwei Monate bei einer Telefongesellschaft in Frankreich gelebt hat, in dieser Zeit sei er nicht kontrolliert worden.
    Da er aber auf einer Liste der französischen Behörden stand, sei dokumentiert, dass der Mann am 10. Mai 2015 von Berlin nach Istanbul flog, und dass er am 4 Juni 2015 zurück nach Europa gekommen sei.
    Staatsanwalt Francois Molins unterstrich die gute Ermittlungszusammenarbeit der europäischen Behörden, hob aber hob hervor dass das geplante Attentat an Bord des Thalys Amsterdam-Paris zeige, wie groß die Bedrohungslage sei.