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The Raconteurs
Comeback nach elf Jahren

The Raconteurs ist die Band von Songwriter Brendan Benson und Tausendsassa Jack White. Nach "Consolers of the lonely", das 2008 erschien, kam erstmal lange nichts mehr. Mit einem Comeback hatte deshalb wohl kaum einer gerechnet, vermutlich noch nicht mal die Bandmitglieder selbst. Jetzt ist ein neues Album erschienen.

Von Anke Behlert | 07.07.2019
    Vier Männer auf einem Sofa sitzen vor einer getäfelten Wand.
    Bei den Konzerten der Band The Raconteurs herrscht Smartphone-Verbot (Olivia Jean)
    Musik: "What's yours is mine"
    Jack White ist ein bisschen altmodisch. Kürzlich behauptete er in einem Interview mit der BBC, er habe noch nie ein Mobiltelefon besessen. Schwer vorstellbar bei einem vielbeschäftigten Weltstar. Tatsache ist in jedem Fall, dass auf den Konzerten seiner Band The Raconteurs ein Smartphone-Verbot herrscht. Die Geräte werden in spezielle Hüllen gepackt und die können erst nach dem Konzert wieder geöffnet werden. Und das hat einen erstaunlichen Effekt, meint White.
    Umbaupause ist die beste Zeit
    "Es ist wie ein Konzert vor 15 Jahren. Das Publikum ist wirklich dabei und keiner checkt zwischendurch die Sportergebnisse. Jemand hat geschrieben, dass die besten Momente während der Umpaubause passiert sind. Dann haben sich die Leute miteinander unterhalten, kaum zu glauben was?!"
    Musik: "Sunday driver"
    Kaum zu glauben ist auch, dass es nach elf Jahren mit "Help Us Stranger" ein neues Raconteurs-Album gibt. 2005 haben die beiden Songwriter White und Brendan Benson die Band in Detroit gegründet. Bassist Jack Lawrence und Schlagzeuger Patrick Keeler wurden von der Band The Greenhornes rekrutiert. Auch dank der Bekanntheit Whites hatten The Raconteurs gleich mit ihrer ersten Single "Steady as she goes" einen mittelgroßen Hit.
    Musik: "Steady as she goes"
    Die beiden Studioalben "Broken Boy Soldiers" und "Consolers of the lonely" waren für Grammys nominiert, die Band mit dem Programm zwei Jahre auf Tour. Danach widmeten sich die Musiker anderen Dingen - elf Jahre lang. Der Auslöser für die wiederbelebte Zusammenarbeit war ein Song, der nicht auf Jack Whites letztes Soloalbum passte, erzählt Brendan Benson.
    Ergänzung der Talente
    "Vor einiger Zeit war ich war bei Jack zu Hause und er hat mir den Song "Shine the light on me" vorgespielt. Er meinte: Das klingt nach einem Raconteurs-Song. Das ist bei mir hängengeblieben und ich habe angefangen, Songs und Ideen beiseite zu legen. Unser Schlagzeuger Patrick lebt mittlerweile in Los Angeles und war zu Besuch in Nashville. Wir haben uns alle getroffen, gejammt und angefangen Songs aufzunehmen. Das war großartig."
    Musik: "Shine the light on me"
    Der schwarz gekleidete Sänger mit dunkler, runder Sonnenbrille singt auf einer Bühne.
    Jack White will mit dem neuen Album der Raconteurs auf Tour gehen. (images / Landmark Media)
    Das Ergebnis ist ein dynamischer Ritt durch zwölf Songs, die Blues, Psychedelic- und Glamrock, Funk und Folk-Elemente verbinden. Die Stücke klingen mal ein bisschen nach Led Zeppelin oder Black Sabbath, mal nach Queen oder den Beatles. Was in diesem Fall vor allem zeigt, wie versiert alle Beteiligten in den diversen Spielarten gitarrengetriebener Musik sind und wie gekonnt sie mit Zitaten jonglieren.
    Musik: "Now that you're gone"
    Die Talente der Songwriter ergänzen sich bestens: Jack Whites Garagerock-Kante wird von Brendan Bensons melodiösem Powerpop veredelt und beide treffen sich in der goldenen Mitte. Sie haben fast alle Songs zusammen geschrieben und singen sie auch beide. Die Band hatte offensichtlich großen Spaß an der Sache, was sich in einer gewissen Leichtigkeit und Verspieltheit niederschlägt, Gitarrensoli rechts und links und gegenseitiges Anfeuern inklusive. Das macht auch Spaß beim Zuhören.
    Musik: "Bored and razed"
    Als Albumtitel hat die Band immer die Pluralform eines Songtitels gewählt, so auch dieses Mal, sagt Jack White.
    Überraschendes Comeback
    Aus dem Song "Help me stranger" wurde das Album "Help Us Stranger". Und davon ist das Artwork von Rob Jones inspiriert. Es sieht aus wie eine grüne Ampel mit einer ausgestreckten Hand darauf – das ist universell und kann unterschiedliche Bedeutungen haben. Der Songtext hat einfach gut zum ganzen Album gepasst, deswegen haben wir diesen Titel ausgesucht.
    Musik: "Help me stranger"
    Auch wenn The Raconteurs keine politische Band sind, könnte man den ein oder anderen Songtext doch auf die Politik beziehen. In "Don't bother me" kotzt sich Jack White regelrecht über jemanden aus, der kein Mitgefühl hat und ein notorischer Lügner ist. Man ahnt, an wen diese Tirade gerichtet ist. Und der Titel "Thoughts and Prayers" bezieht sich auch auf die hohle Phrase, die nach jeder neuen Schießerei wieder bemüht wird, sagt White.
    Es ist schon fast eine Beleidigung diesen Satz nach einem so schlimmen Ereignis zu benutzen. Dadurch hat er jede Bedeutung verloren. In dem Song geht es aber tatsächlich genau darum: um Gott und ihre Gedanken. Also in diesem Fall ist "Thoughts and Prayers" mal angemessen.
    Musik: "Thoughts and prayers"
    Mit "Help Us Stranger" ist den Raconteurs sicher eines der überraschenderen Comebacks dieses Jahr gelungen. Und auch live ist die Band erlebenswert, und zwar ohne Smartphone vor der Nase.