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Theater-Coup in Rom

Seit Juni dieses Jahres halten deshalb mehrere Dutzend Künstlerinnen und Künstler das Teatro Valle in Rom besetzt und kämpfen für den Erhalt der Spielstätte. Ihr Zauberwort heißt Selbstverwaltung.

Von Thomas Migge | 25.10.2011
    "Warum will man dieses Theater privatisieren? Weil man Ende letzten Jahres die staatliche Institution für die Theater infolge des radikalen Sparprogramms der Regierung aufgelöst hat. Die Regierungen haben sich nie für das Theater eingesetzt."

    Fabrizio Gifuni ist einer der bekanntesten italienischen Bühnen- und Filmschauspieler. Auch er unterstützt die Besetzer des Teatro Valle. Seit Juni ist das Haus aus dem 18. Jahrhundert im historischen Zentrum der Hauptstadt in der Hand von Schauspielern, Regisseuren, Studenten und Bühnenarbeitern. Mit den Monaten ist es zu zum wichtigsten alternativen Kulturzentrum Roms geworden. Mit regelmäßigen Konzerten und Theaterabenden. Die Künstler treten gratis auf. Das Kulturministerium und die Stadtverwaltung drehten den Besetzern weder Strom noch Gas ab: Man will sich mit ihnen nicht anlegen, denn das neue Teatro Valle ist inzwischen unter den Römern wegen seiner aktiven Kulturarbeit hoch angesehen.

    Jetzt will Gianni Alemanno, rechter römischer Bürgermeister und nicht gerade als Freund der Künste bekannt, den "Fall Valle" lösen. Mit einem recht konzilianten Vorschlag. Gianni Alemanno bei einer Pressekonferenz:

    "Vor wenigen Tagen habe ich mich mit dem Kulturminister kurzgeschlossen. Wir schlagen die Schaffung einer staatlich-städtischen Stiftung vor, die das Teatro Valle übernimmt. Den Besetzern soll ein Mitspracherecht bei der Programmgestaltung eingeräumt werden. Deshalb würde ich mich über ein Treffen zwischen den Institutionen und den Besetzern freuen."

    Die Besetzer begrüßen die Bereitschaft der sogenannten Institutionen sich endlich des Theaters anzunehmen, doch lehnen sie den Vorschlag einer vom Kulturministerium und der Stadt geführten Stiftung ab. Dazu der Filmschauspieler Elio Germano. Er tritt regelmäßig im Teatro Valle auf:

    "Was wir hier aufbauen wollen, unterscheidet sich wesentlich von dem, was die Institutionen uns vorschlagen. Wir wollen ein selbst verwaltetes Theater, das von den Kulturschaffenden demokratisch organisiert wird. Eine Art Volkstheater, wenn Sie so wollen: von den Bürgern für die Bürger. Wir wollen eine Organisation und Direktoren, deren Arbeit für alle einsehbar und kontrollierbar ist."

    Das Zauberwort der Theaterbesetzer heißt also Selbstverwaltung. Hätte man ihnen den Vorschlag mit der staatlich-städtischen Stiftung vor Monaten gemacht, erklären sie, kurz nach der Besetzung Anfang Juni, wären sie sicherlich damit einverstanden gewesen. Doch anscheinend hat man Geschmack an der Selbstverwaltung gefunden - finanziert durch großzügige Sponsorengelder von Theaterbesuchern und gut betuchten Freunden der Besetzer. Und so präsentierte man vor wenigen Tagen, als Antwort auf den Vorstoß des Bürgermeisters, ein eigenes Projekt für eine eigene Stiftung. Vor vollem Haus wurden auf der Bühne die Forderungen an den Bürgermeister und das Kulturministerium vorgetragen:

    "Wir Tätigen des Theaters, des Kinos und des Tanzes, Künstler, Techniker und Arbeiter, wollen eine Stiftung, die staatlich, städtisch und privat finanziert aber von uns verwaltet wird. Wir entscheiden demokratisch die Programmgestaltung und unsere Direktoren werden in Rotation das Haus leiten. So wollen wir verhindern, dass das Theater eine unsichere Zukunft hat."