Freitag, 29. März 2024

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Theaterfotografien von Monika Rittershaus in Bayreuth
Wagner in Schwarz-weiß

Die Theaterfotografin Monika Rittershaus beweist seit über zwei Jahrzehnten, dass ihre Arbeiten mehr Interpretation als Dokumentation sind. Mit einzelnen Charakteren, dem Geist einer Inszenierung sowie symbolisch verleiht sie dem Medium Theater eine Dauer. Das Richard-Wagner-Museum in Bayreuth zeigt nun ihre Fotos von Wagner-Inszenierungen.

Von Barbara Bogen | 19.07.2016
    Ein Flügel steht im Haus Wahnfried in Bayreuth (Bayern). Das Museum wurde am 26.07.2015 nach längeren Bau- und Renovierungsmaßnahmen wieder geöffnet.
    Blick in das Haus Wahnfried, das ehemalige Wohnhaus Richard Wagners, in dem heute das Richard-Wagner-Museum beheimatet ist. (picture alliance / dpa / Nicolas Armer)
    Eine Fotografie zeigt den niederländischen Tenor Arnold Bezuyen als Loge im "Rheingold", ein Foto, ganz in die verschiedenen Schattierungen der Farbe Rot getaucht. Loge, Hörner tragend, vielhändig, mehr mittelalterlicher Dämon, gefährlicher Harlekin als zweifelhafter Halbgott. Böse lächelnd, siegessicher huscht er über die farbtrunkene Bühne, auf der sich das Rot wie ein schwankendes Meer launisch und unzuverlässig bewegt. Es ist eine Szene aus Achim Freyers Ring-Inszenierung an der Los Angeles Opera, aufgenommen aus der Perspektive einer oberhalb des Geschehens scheinbar schwebenden Kamera. Es war die erste Ring-Produktion in Kalifornien überhaupt, die sich über vier Jahre erstreckte und insgesamt an die 35 Millionen Dollar kostete. "Gigantisch, aber auch gigantisch gut", meinten Kritiker damals, und das Foto von Monika Rittershaus scheint diese Großartigkeit zu spiegeln.
    Eine andere Aufnahme zeigt den sterbenden Schwan in der "Parsifal"-Inszenierung von Christof Nel an der Oper Frankfurt 2006. In der Rolle des Schwans die Tänzerin und Performerin Rebecca Egeling. Nachtschwarz der Hintergrund des Fotos, im hellen Kontrast dazu in der Vertikalen die weiße schmale Silhouette des Vogels, erhaben wie eine Giacometti-Skulptur, ein Foto- mit einem leichten Sfumato-Effekt.
    "Form ist in der Fotografie ja auch wahnsinnig wichtig. Zumindest interessiere ich mich sehr dafür, um Komposition in einem Bild, über die Komposition des Menschen in einem Raum. Und natürlich, was die auch darüber hinaus erzählt… und die Form ist auch wichtig dazu, dass man es angucken mag.
    Begleitung von 48 Wagner-Inszenierungen
    Monika Rittershaus ist eine Ästhetin par excellance, eine feine, stilvolle Erscheinung im distinguierten Schwarz der Kleidung und von einer heutzutage vor allem im Kulturbetrieb absolut unüblich gewordenen Bescheidenheit. Ihre Ausstellung im Wagner-Museum Bayreuth versammelt in drei Räumen Arbeiten aus den Jahren 1992 bis 2016. Ein Raum mit Videoprojektionen, ein anderer mit einer Foto-Pinnwand, ein wenig wie in den Büroräumen einer Theaterdramaturgie. Achtundvierzig Wagner-Inszenierungen hat Monika Rittershaus mit ihrer Kamera begleitet, darunter Produktionen namhafter Opern- und Schauspielregisseure wie Harry Kupfer, Hans Neuenfels, Jens-Daniel Herzog oder Claus Guth. Entstanden sind empathische, kongenial eingefangene Momentaufnahmen der flüchtigen Luftgestalt Theater.
    "Ich gehe nicht dahin und denke, ich mach jetzt meine Kunst, sondern ich geh zu einer Probe, und versuche zu verstehen, was da erzählt wird und wie es erzählt wird und versuche, es so genau wie möglich umzusetzen. Mit sehr viel Respekt, Präzision, eben mit Zartheit, Zugewandtheit, und wenn es gelingt, dann kann ich vielleicht ein Bild davon machen, was die flüchtigste aller Kunstformen dann doch zu bannen versteht, in etwas, das bleibt."
    Die Welt der Bühne als welterferner Kosmos
    Monika Rittershaus' Arbeiten schildern die Welt der Oper aber auch als eine Sphäre jenseits aller Trivialität und Realität. Alles Banale scheinen die Fotografien vermeiden und ausblenden zu wollen. Die Welt der Bühne - ein weltferner Kosmos, artifiziell und ästhetisch, dramatisch und fragil zugleich in seiner fast unwirklichen, traumversunkenen, wenngleich berückenden Schönheit.
    Das große Verdienst des Richard Wagner-Museums in Bayreuth ist, den Blick überhaupt zu richten auf eine so selten beleuchtete Kunst wie die Theaterfotografie. Schade indessen ist, dass die Ausstellung sich nicht für das gesamte Oeuvre der Fotografin geöffnet hat. So bleibt die Schau mit ihren "Wagner-Bildern im Wagner-Museum" auch ein wenig selbstbezogen und autistisch. Ein Vergleich etwa auch mit Monika Rittershaus Schauspiel-Fotografien, nicht nur der legendären Heiner Müller-Inszenierung von Brechts "Arturo Ui" mit Martin Wuttke, wäre sehenswert gewesen.