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Tiere und Nutzpflanzen
Großkonzerne tricksen bei Patenten

Welches Tier und welche Pflanze aus klassischer Züchtung erhalten ein Patent und welche nicht? Das Europäische Patentamt hat diesen Bereich neu geregelt. Doch noch immer gibt es Schlupflöcher bei der Patentierung, von der vor allem Großkonzerne profitieren.

Von Thomas Otto | 30.06.2017
    Eine Frau im weißen Kittel hält eine Plastikschale mit Kartoffelpflanzen in der Hand
    Nutzpflanze Kartoffel: Die Patentierung von herkömmlich gezüchteten Pflanzen wird neu geregelt. (imago / photothek)
    Die neuen Regeln für das Europäische Patentamt in München schränken deutlich ein, welche Pflanzen und Tiere überhaupt für die Erteilung eines Patentes infrage kommen. Dabei geht es um die klassischen Züchtungsmethoden, also Kreuzung und Selektion. Bisher schon waren diese Verfahren selbst nicht patentierbar:
    "Es war aufgrund der bestehenden Rechtslage jedoch möglich, Patente auf die aus solchen Verfahren gewonnenen Pflanzen zu erteilen", erklärt der Sprecher des Europäischen Patentamtes, Rainer Osterwalder. Nachdem die EU-Kommission Ende vergangenen Jahres klar gestellt hatte, dass nach aktueller EU-Rechtslage auch die so erzeugten Organismen von einem Patentschutz ausgenommen sind, hat das Europäische Patentamt nun entschieden, seine Praxis entsprechend anzupassen. Unter anderem der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter begrüßt diese Entscheidung.
    Identische Pflanze - unterschiedliche Patentierung
    Es gibt allerdings eine Ausnahme, betont Patentamtssprecher Osterwalder: "Bei anderen Verfahren, beispielsweise transgene Manipulation von Pflanzen, Veränderung des Erbgutes. Beispielsweise aber auch Mutationen, indem man Pflanzen einer bestimmten Substanz, einer Strahlung beispielsweise aussetzt und dann damit eine Änderung im Erbgut bewirkt. Das sind technisch herbeigeführte Schritte. Und Pflanzen, die auf diese Art gewonnen werden, sind weiterhin schutzfähig."
    So kann es zu der kuriosen Situation kommen, dass eine so erzeugte Pflanze patentiert werden kann, wohingegen die identische Pflanze, erzeugt durch konventionelle Züchtung, nicht patentierbar ist.
    Die natürlichen Mutationen der Braugerste
    So gibt es zwei natürliche Mutationen der Braugerste, deren Kreuzung von den Bierkonzernen Carlsberg und Heineken patentiert wurde. Ihr fehlen Stoffe, die den Geschmack des daraus gebrauten Bieres beeinträchtigen können. Die beiden Bierkonzerne können nun entscheiden, wer die von ihnen patentierte Gerste anbauen darf und wer nicht.
    Aus Sicht von Christoph Then vom Bündnis "no patents on seeds" nutzen die Konzerne damit ein Schlupfloch: "Viele dieser Patente erstrecken sich auch auf den Bereich der konventionellen Züchtung. Dort werden natürlich zufällige Mutationen auch verwandt für die Züchtung von Pflanzen zum Beispiel. Und damit gibt’s eine große Überlappung zwischen dem, was eigentlich nicht patentiert werden darf und dem, was faktisch am Europäischen Patentamt eben erteilt wird an Patenten."
    Marktmacht der Großkonzerne wird ausgebaut
    Damit werde die Pflanzenzucht behindert und die Marktmacht der großen Konzerne weiter gestärkt, kritisiert Christoph Then. Als Beispiel nennt er den Konzern Monsanto, der heute schon ein Viertel des weltweit eingesetzten Saatgutes produziere.
    Landwirte und Gärtner könnten es gar nicht immer vermeiden, patentiertes Saatgut einzusetzen, gibt Christoph Then zu bedenken.
    "Biologische Vielfalt auf dem Acker nimmt eher ab, weil diese großen Konzerne eben vor allem auf ihren eigenen Gewinn achten und weniger auf die Interessen der Allgemeinheit. Und damit geraten natürlich auch die Landwirte, die Gärtner und letztendlich auch die Verbraucher in immer stärkere Abhängigkeit von einigen wenigen großen Konzernen."
    Aus Sicht von Then ist die Politik gefragt, die solche Patente verbieten müsse. Dann könnte sich auch wieder eine größere Vielfalt in der Pflanzenzucht entwickeln.