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Tierschutz
Verpflichtendes Fleischsiegel gefordert

Eine Studie hat ergeben: Kunden sind bereit mehr für Fleisch zu zahlen, wenn die Tiere gut gehalten wurden. Biofleisch hingegen ist vielen zu teuer. Was viele nicht wissen: Es gibt auch Fleischproduzenten, die trotz niedriger Preise um Tierwohl bemüht sind. Das Problem: Ihre Produkte sind für Konsumenten im Supermarkt bisher kaum eindeutig erkennbar.

Von Jule Reimer | 15.01.2016
    Fleisch liegt in einer Supermarkttheke.
    Verbraucherzentralen-Chef Klaus Müller: "Die Erfahrung zeigt, dass die Vielfalt an Kennzeichnung, die aus Wettbewerbsgründen derzeit auf dem Markt sind, eher Verwirrung stiften denn Klarheit." (picture-alliance / Alexandr Kryazhev)
    "Wenn Tiere für unser Essen sterben müssen, sollten sie vorher gut gelegt haben."
    Es klingt nach einer Art Vertrag: Gut zwei Drittel der Verbraucher würden mehr für Fleisch zahlen, wenn Schweine oder Hühner zuvor artgerechter gehalten würden. Das hat der Göttinger Marketing-Professor Achim Spiller in einer repräsentativen Studie herausgefunden. Biofleisch kostet oft das Doppelte von Standardfleisch, das können sich viele nicht leisten. Aber: Für ein Pfund Schweineschnitzel aus herkömmlicher Haltung waren Dreiviertel der Befragten ausdrücklich willig, vier statt drei Euro zu bezahlen – also einen ganzen Euro draufzulegen, wenn es das Tier deshalb besser gehabt hätte.
    "Sie sehen, es gibt eine breite Zielgruppe zwischen Bio- und Standardfleisch, die der Handel, die die Industrie erreichen könnte, wenn sie denn ein entsprechendes Angebot bereitstellen würde. "
    Preispolitik überdenken
    Der Lebensmitteleinzelhandel müsse seine Preispolitik überdenken und er biete den Kunden nichts Wunschgemäßes an. Verbraucher kennen meist nur das Biosiegel, aber nicht die wenigen niedrigschwelligeren Schutzlabel, zum Beispiel das des Tierschutzbundes oder die von Deutschem Bauernverband und Einzelhandel angestoßene Tierwohl-Initiative.
    Kleine Schritte für das Tierwohl
    Vier Cent mehr zahlen alle Verbraucher an der Ladentheke für das Kilo Tierwohl-Fleisch: Die teilnehmenden Tierhalter bieten dafür Schweinen etwas Spielzeug gegen die Langeweile und etwas mehr Platz an. Achim Spiller setzt auf Wirkung:
    "Es ist eben ein kleiner Fortschritt, es ist nur eine Verbesserung des Platzes von zehn Prozent, für so ein Mastschwein von 0,75 Quadratmetern auf 0,825, das ist ja nicht viel. Aber den Verbrauchern leuchtet es grundsätzlich ein, den meisten zumindest. Kleine Schritte könnten denn auch – wenn sie denn flächendeckend gemacht würden - etwas erreichen."
    Acht Prozent Marktanteil hat das Tierwohl-Fleisch erreicht und der Finanztopf ist bereits leer. Viel mehr Bauern möchten mitmachen, aber der Handel sperrt sich gegen eine Ausweitung und mehr als vier Cent Aufschlag.
    Eindeutige Kennzeichnung gefordert
    Verbraucherzentralen-Chef Klaus Müller kritisiert, dass Käufer mangels Einzelkennzeichnung gar nicht nachvollziehen könnten, welches Fleisch nun tatsächlich aus der Tierwohl-Initiative stamme und welches nicht. Müller fordert ein einheitliches Siegel für Fleisch von Tierhaltern, deren Produkte qualitativ zwischen den Polen Biofleisch und Standardware lägen.
    "Die Erfahrung zeigt, dass die Vielfalt an Kennzeichnung, die aus Wettbewerbsgründen derzeit auf dem Markt sind, eher Verwirrung stiften denn Klarheit. Und darum gehen wir davon aus, dass, um Glaubwürdigkeit und einen echten Qualitätsfortschritt zu erreichen, es sich nur um ein staatliches Label handeln kann. Das heißt, das BMEL steht hier in der Pflicht, die Initiative zu ergreifen."
    Ein verpflichtendes Fleischsiegel, das nach EU-Vorgaben analog zur Kennzeichnung für Eier aus Käfig-, Boden-, Freiland und Biohaltung funktioniert.