Freitag, 19. April 2024

Archiv

Tipps für angehende Modesigner
Mode zum Beruf machen

Was mit Mode studieren - davon träumen viele junge Menschen. Aber Experten warnen: Ohne 150-prozentige Leidenschaft für Nadel, Faden und Nähmaschine geht es nicht. Auf der Fashion Week in Berlin haben Profis ihre besten Tipps für Studieninteressierte verraten.

Von Claudia van Laak | 09.07.2015
    Modenschau des Labels "Achtland" in Berlin.
    Modenschau des Labels "Achtland" in Berlin. (dpa / picture alliance / Jens Kalaene)
    "Gesine, du kannst jetzt von Maren was anziehen und Maren wird dir erklären, wie das jetzt abläuft." Letzte Vorbereitungen auf die Modenschau. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Morgen Abend, 20:00 Uhr. Dann leuchten die Scheinwerfer auf den Catwalk. "Julia, Julia, can you walk first, can you walk again?" Universität der Künste Berlin, Fakultät für Gestaltung, die Aula. Ein heller hoher Raum voller Kleiderständer und Spiegel. Models am Rande der Magersucht lassen sich von Studierenden die Gewänder anpassen. An den Handgelenken haben die angehenden Designer kleine Kissen voller Nadeln, um die Hosen, Röcke und Kleider abzustecken.
    "Julia, you're not done. No, not at all, wir können weitermachen mit Friederike, oder Nummer 55, Projekt Nummer 55 oder 143, You and me." Etwa 40 Studierende und Absolventen präsentieren 180 Outfits: extravagantes in weißem Plastik, breite, schwarz-weiß gestreifte Schals, um ein Modell herumdrapiert. Die Herrenkollektion von Sarah Effenberger: eine taillierte, unten ausgestellte Jacke aus einem dunkel gemusterten Wollstoff. Sie möchte, dass Männer sich mehr schmücken und ihre Körperformen zeigen.
    Wunsch nach mehr Unterstützung für Unternehmensgründer
    "Deswegen habe ich eine Kollektion kreiert, die die Körperrundungen betont und ein bisschen versucht , den Mann geschmückt und niedlich erscheinen lässt, aber ohne ihn lächerlich zu machen." Es ist Sarah Effenbergers Abschlussarbeit. Wie es weitergeht, weiß die Modedesignerin noch nicht. Am liebsten ein Start up in Berlin gründen, sagt die 29-Jährige. "Ich suche einen Geldgeber, der mein Start up finanziert, ja. Es ist sehr schwierig, wenn man nicht aus reichem Hause kommt, ist es ein großes Risiko. Wenn man das in London sieht, die kriegen ein Stipendium für drei Jahre. Das wäre sehr toll, wenn das in Deutschland auch passiert."
    Mehr Unterstützung für Unternehmensgründer wünscht sie sich, sei es von der Modeindustrie oder vom Staat. Sarah Effenberger rät Abiturienten mit Modeambitionen zu einem richtigen Studium, Nikolas Fischer aus dem sechsten Semester auch. Er warnt allerdings: "Das ist mehr harte Arbeit als man denkt. Also, Mode ist harte Arbeit und nicht das Bild, das oft kursiert."
    Wie man mit Nadel, Faden und einer Nähmaschine umgeht
    So musste Nikolas Fischer erst einmal lernen, wie man mit Nadel, Faden und einer Nähmaschine umgeht. Und wie man Stoffe im Siebdruckverfahren bearbeitet. Der Modedesign-Student geht zum Kleiderständer, zeigt die Herrenjacken seiner Kollektion in blau und Gold, die an die Glasfassaden von Hochhäusern erinnern, "die im Stadtbild eigentlich ein sehr rationales Bild abgeben, aber wenn sich ein Sonnenuntergang in der Fensterfront spiegelt, eigentlich ins Gegenteil gezogen werden. Weil dann ein total kitschiges Bild in dieser rational geplanten Fensterfront auftritt."
    Viele kommen mit Illusionen ins Modestudium, wissen die beiden Professoren Valeska Schmidt-Thomsen und Wowo Kraus. Aus den Illusionen sollen am Ende Visionen werden, sagen die beiden. Das Modestudium an der Berliner Universität der Künste dient der Berufsvorbereitung, ja, noch viel wichtiger sei allerdings die Charakterbildung der Studierenden. "Wie man sich dann in der Industrie anpasst oder vielleicht auch gegen die Industrie arbeitet. Und dazu sind wir da, um sie zu unterstützen in dem einzelnen Werdegang, den sie wollen."
    Beratungsgespräch vor Studienbeginn empfohlen
    "Klar hat man vielleicht auch eine sehr naive Vorstellung davon, was danach kommt und wie es danach aussieht. Aber wir sind der Meinung, dass es erst einmal wichtig ist, Worte für diese Sprache zu finden, die man da selber ausdrücken möchte. Und erst als nächstes schaut, wie bringe ich diese Sprache in die Welt und wie kann ich damit arbeiten." Valeska Schmidt-Thomsen rät allen interessierten Abiturienten zu einem persönlichen Beratungsgespräch, bevor sie ein Modedesign-Studium beginnen. Wer nicht 150 Prozent Leidenschaft mitbringt, der sollte dieses Studium und diesen Beruf nicht ergreifen, sagt die Professorin.
    "Was viele unterschätzen, das ist ein sehr zeitraubender, mit sehr viel Selbstmotivation verbundener Job. Man muss sehr viel Leidenschaft aufbringen für diese Arbeit. Das ist nicht so wie ein Nebenjob, den man neben seinem Freizeitleben so mal nebenher machen kann." Sagt's und geht zum Model, zupft hier und bauscht den Stoff da. Nicht mehr viel Zeit bis zur Modenschau, der Countdown läuft. "Thank you. Lena? Das war jetzt Outfit Nummer 3, richtig?"