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Tokio, Madrid oder Istanbul

So wenige Bewerber für Sommerspiele hat es seit über 30 Jahren nicht mehr gegeben. Tokio. Madrid. Istanbul. Richtig attraktiv dürfte das Internationale Olympische Komitee keine der drei Städte finden. Das hat unterschiedliche Gründe.

Von Bastian Rudde | 12.01.2013
    Beispiel Tokio:
    Die japanische Hauptstadt wäre zwar sicherlich ein zuverlässiger Veranstalter. Doch sie versucht, mit einem Trauma zu punkten. Mit dem vom Tsunami, von tausenden Toten und der Nuklearkatastrophe im Jahr 2011. Heitere Sommerspiele könnten helfen, dieses Trauma zu überwinden, argumentiert das japanische Lager.

    Doch das IOC könnte sich fragen: Will Olympia Seelenklempner sein? Eher nicht. Genauso wenig wie Konjunkturhelfer.

    Das erhofft sich Madrid von den Spielen 2020. Sie könnten gleichbedeutend sein mit einem riesigen Investitionsprogramm, das Jobs schaffe und die malade Ökonomie stärke, sagen die Spanier. Weil die Ausrichtung der Spiele aber auch sehr viel kostet, musste beispielsweise das ebenso kriselnde Italien seine Ambitionen für Rom früh wieder begraben. Aus der Not mach’ Tugend? Eine Argumentation, die für das IOC schwer bekömmlich sein könnte.

    Istanbul hingegen hätte etwas sehr Reizvolles für die olympischen Entscheider: In der türkischen Metropole verschmelzen Europa und Asien. Und wenn sich die Jugend der Welt genau dort trifft, wäre das doch olympische Volkerverständigung. Allerdings könnte Istanbul auch bei dem zweiten großen Sportereignis 2020 eine Rolle spielen: der transeuropäischen Fußball-EM. Eigentlich wollte die Türkei das Turnier alleine ausrichten, jetzt gilt Istanbul als mögliche Spielstätte. Fraglich, ob das IOC darin einen infrastrukturellen Nutzen für oder eine emotionale Abwertung von Olympia sieht.

    Sicher ist, dass das Komitee am 7. September 2013 einen der drei Bewerber aussuchen wird. Tokio, Madrid oder Istanbul. Eine Entscheidung, die vor allem die deutsche Olympiafamilie interessiert. Denn sie denkt schon weiter als 2020, denkt an Spiele im eigenen Land.

    Sowohl Hamburg als auch Berlin haben bereits Interesse an Sommerspielen signalisiert. Der nächstmögliche Termin wäre 2024. Der scheint umso realistischer, je weiter weg von Europa die Ausrichtung vier Jahre vorher vergeben wird. Tokio wäre also gut.

    Doch auch an Winterspielen hängt der deutsche olympische Geist. Immer noch. Nach der Niederlage von München mit der Bewerbung für 2018 wäre für 2022 der nächste Versuch möglich. München und der Deutsche Sport müssen sich bis Mitte November entschließen.

    Wie dieser Beschluss ausfällt, könnte wiederum abhängig sein von einer Entscheidung, die das IOC ebenfalls im September trifft: die Nachfolge von Präsident Jacques Rogge.

    Es gibt wenig Zweifel daran, dass sichThomas Bach zur Wahl stellen wird. Wird Bach vom Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes zum obersten Funktionär ganz Olympias, könnte dies das Aus bedeuten für München 2022.

    Den Zuschlag für die Winterspiele vergibt das IOC 2015. Und wenn ein deutscher Funktionär Ende 2013 beiner einer Wahl die meisten Stimmen einheimst, wird eine deutsche Stadt nur zwei Jahre später bei einer anderen Wahl wahrscheinlich vergeblich antreten. Das "I" in IOC steht schließlich für International.

    Alles in allem viel Spekulation. Fest steht, dass sich ein möglicher Gegenkandidat Bachs kürzlich in Stellung gebracht hat: der Präsident des Welt-Ruderverbandes, Denis Oswald. Er werde seine Chancen auf den IOC-Thron evaluieren, sagte der Schweizer.