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Tollkühne Bastler mit fliegenden Kisten

Der ehemalige russischen Militärflughafen Fiowfurt, nördlich von Berlin wird seit dem Chaos Communication Camp vor zwei Jahren, in der Entwicklerszene immer beliebter. Hier darf man das, was in der Stadt ohne Sondergenehmigung nicht erlaubt ist: Autonome Flugobjekte fliegen lassen. Heute und morgen findet in Finowfurt der erste offene Wettbewerb fliegender Roboter statt.

Von Wolfgang Noelke | 13.06.2009
    Larissa Laternser, Inhaberin eines Berliner Softwareunternehmens besuchte vor zwei Jahren das 'Chaos Communication Camp' und traute ihren Augen nicht:

    "Ich habe mit meinen Entwicklern darüber gesprochen und gesagt: Ich habe so etwas witziges gesehen. Das hat vier Propeller und in der Mitte nur einen kleinen Computerchip. Und bei dem, den ich gesehen habe, hing auch noch eine alte Digitalkamera. Das sah schon ein bisschen abgefahren aus. Meine Entwickler haben dann gleich gesagt: Mensch, das kennen wir schon. Das ist in der Szene neu. Das sind Quadrokopter. Und so hat sich das entwickelt. Dann haben wir den ersten Quadrokopter zusammengeschraubt. Ich habe damals versucht, den zu fliegen, bin gescheitert und dann ging's eben ans Programmieren, so dass man das gar nicht steuern muss, sondern der Quadrokopter oder die Drohne dann in dem Fall alleine abhebt. Das fand ich sehr faszinierend."

    Sie fand es so faszinierend, dass sie im September letzten Jahres in Finowfurt einen Workshop mit etwa achtzig internationalen Entwicklern veranstaltete, die nun an diesem Wochenende zum Wettbewerb antreten. Laternser:

    "Das sind vier Bereiche, in denen sich die Teilnehmer an der Motodrone Challenge messen und es geht ein bisschen darum, die Forschung voranzutreiben. Deswegen ist das auch Open Source. Wir arbeiten da mit vielen Unis zusammen. Im Vordergrund stehen die Bereiche 'Stabiles Schweben', also ganz gerade stehen in der Luft, wichtig auch für vernünftige Bildaufnahmen. Dann gibt es den Bereich 'Automatisches Einschalten im freien Fall'. Wenn zum Beispiel ein Quadrokopter aus einem Flugzeug fallen würde, dass er es selber merkt, realisiert, sich einschaltet und stabilisiert. Und dann gibt es in diesem Jahr noch den Bereich 'Landen auf einer Fläche', also sehr gezieltes Landen. Das soll in Zukunft einfach so aussehen, dass, wenn die Batterie leer ist, der Quadrokopter auf der Ladestation landet und sich selber auftankt, bevor er weiterfliegt."

    All dies ist in bebautem Gebiet nicht erlaubt, weil der Gesetzgeber nicht gestattet, dass Modellflugzeuge - und unter diesem Bereich werden zur Zeit auch computergesteuerte Flugzeuge eingeordnet - nur mit Fernbedienung gesteuert werden dürfen. Das, wofür die Quadrokopter und andere fliegende Objekte konstruiert sind, nämlich selbstständig zu fliegen und ohne Fernbedienung ihren Weg zu finden, das dürfen sie mit einer Sondergenehmigung nur an diesem Wochenende und ausschließlich auf dem Flugplatz Finowfurt. So wünschen sich die Veranstalter eine Gesetzesänderung, damit die fliegenden Roboter auch in der Praxis arbeiten können, beispielsweise als fliegender Kameraroboter, der Hochspannungsleitungen überprüft und per Mustererkennung mögliche Bruchstellen registriert. Interessant ist auch das Forschungsprojekt von Professor Verena Hafner, Leiterin des Lehrstuhls für Kognitive Robotik an der Berliner Humboldt-Universität. In sehr ferner Zukunft wird es vielleicht möglich sein, einen fliegenden Roboterschwarm dazu zu bringen, sich so zu verhalten, wie ein Vogelschwarm. Dazu müssen die künstlichen Vögel nicht nur untereinander perfekt kommunizieren, sondern wenn es nach Professor Hafner geht, sollen die Roboter möglichst auch Kontakt aufnehmen, mit dem echten Gefieder:

    "Die Kommunikation ist sehr schwierig. Also, das muss noch gelöst werden. Worüber ich gerade spreche, das funktioniert jetzt noch nicht. Also es gibt noch keine Roboterschwärme, mit zweihundert Robotern, die autonom hier durch die Gegend fliegen. Aber wir haben da ganz interessante Pläne und arbeiten schon zusammen mit Biologen, um zum Beispiel fliegende Roboter in Vogelschwärme einzuschleusen, um damit die Vogelschwärme um einen Flughafen umzulenken. Das ist natürlich für viele Leute interessant, denn da gab es schon ein paar mal Unfälle mit Vögeln in Triebwerken und das wäre auf jeden Fall eine interessante Anwendung."

    In ferner, ferner Zukunft. Zuvor stellt sich Professor Hafner mit den, von ihren Studierenden entwickelten Robotern dem heutigen Wettbewerb, wie auch der Elektroingenieur André Möhl mit seinem heute erst fertig gebauten zwölfmotorigen Flugroboter:

    "Das ganze System hat nur Gyroskope drin und Beschleunigungssensoren, mit deren Hilfe er seine Lage ausregelt. Und ansonsten, je nach Wind und Wetter ist es ein bisschen kritisch bei dieser Größe, weil es ist eine sehr große Fläche, die da beströmt wird, vom Wind. Und ich habe noch keine Erfahrung, ob der auch wirklich so fliegt, wie ich das möchte. Aber ich gehe davon aus, dass bei der Größe und der Masse, die dieses Gerät wiegt, dass er ein wenig stabiler in der Luft liegen kann, als ein normaler leichter Kopter mit nur ein paar hundert Gramm. Die dann doch ziemlich windanfällig sein könnten."