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Tory-Parteitag in Birmingham
Theresa Mays Endspiel

Beim Parteitag der britischen Konservativen in Birmingham wird sich in der kommenden Woche zeigen, ob Premierministerin Theresa May für ihre Brexit-Politik noch eine Mehrheit hat. Ausgeschlossen ist bei diesem Parteitag nichts - auch ein Erfolg für May nicht.

Von Friedbert Meurer | 30.09.2018
    Die britische Premierministerin Theresa May trifft vor Beginn des Parteitags der Konservativen in Birmingham bei der BBC Midlands ein
    Die britische Premierministerin May vor Beginn des Parteitags der Konservativen in Birmingham bei der BBC (imago / i-Images)
    Das war Theresa Mays Parteitagsrede vor einem Jahr. Ein Albtraum. May wurde von einem Husten gepackt, den sie während der gesamten Rede nicht mehr los wurde. Das muss diesmal besser werden, denn Theresa Mays "Endgame" hat begonnen, ihr Endspiel – so lautete der Titel einer Wochenzeitung.
    Die EU hat in Salzburg Mays Vorschlag, beim Warenaustausch im Binnenmarkt zu bleiben, rundum abgelehnt. Schon in drei Wochen steht der nächste EU-Gipfel an. May spricht selbst von einer Sackgasse, gibt sich aber vor dem Parteitag unverdrossen. "Die Verhandlungen werden härter, umso mehr wir uns dem Ende ändern."
    "Endpoint", "Endgame" – der EU-Gipfel von Salzburg war nach allgemeiner Auffassung in Großbritannien ein einziges Desaster für die Premierministerin. Werden also in Birmingham beim Parteitag die Messer gegen sie gewetzt? Die "Sunday Times" titelt heute "Boris gegen May – jetzt herrscht Krieg."
    "Was ich will, ist, den gegenwärtigen Kurs der Brexit-Verhandlungen zu ändern", so Boris Johnson. "Der Vorschlag der Regierung ist geisteskrank und gestört. Das würde uns für immer an das Regelwerk der EU binden. Wir verletzen so unsere Pflicht gegenüber den Bürgern, die Kontrolle über uns von der EU zurückzuholen."
    May und Johnson sammeln ihre Truppen
    Boris Johnson wird am Dienstagnachmittag reden, Theresa May am Mittwoch. Anders als vor einem Jahr ist Boris Johnson aber jetzt nicht mehr Außenminister und in keine Kabinettsdisziplin eingebunden und steigert seine Attacken von Tag zu Tag. Theresa Mays Brexit-Plan sei ein "Sprengstoffgürtel", den sie um die britische Verfassung lege, und die EU erhalte den Druckknopf zum Zünden. Der Parteitag wird jetzt die Gelegenheit bieten zu sehen, wer mehr Truppen hinter sich scharen kann: Theresa May oder Boris Johnson.
    "Wir brauchen jemanden, der die Partei wiederbelebt", meint die Tory-Abgeordnete Nadine Dorries zum Beispiel. "Einer, der die großen Möglichkeiten umschreibt, die der Brexit für uns bietet. Theresa May tut das nicht, das ist das Problem."
    Eine andere Frage lautet, wie viele an der Parteibasis der Konservativen sogar dafür sind, die Verhandlungen mit Brüssel komplett für gescheitert zu erklären. John Redwood, ein Brexit-Hardliner, hält alle Vorhersagen für Lügen, dieser sogenannte "No Deal" wäre eine Katastrophe für die britische Wirtschaft. "Wer kann schon 15 Jahre vorhersagen? Wir sollten lieber die 39 Milliarden Pfund, die wir der EU zugesagt haben, intelligent ausgeben. Mein Wahlkreis braucht das Geld eher als die EU."
    Aber in der britischen Politik kann man derzeit nichts ausschließen, auch nicht, dass der Parteitag ein Erfolg für Premierministerin May werden könnte. Am Tag nach dem Schock von Salzburg schrieben die Zeitungen Theresa May fast schon ab. Dann hielt sie eine patriotische Rede, die EU zeige keinen Respekt. Die Presse war voll des Lobes für May, sie befinde sich auf den Spuren Margaret Thatchers und sogar Winston Churchills. Mays Kampfansage an die EU sei eine "Sternstunde" gewesen.