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Tourismus und Umweltschutz
Müllberge und tote Bergsteiger am Mount Everest

Der Mount Everest ist nicht nur der höchste Berg, sondern auch die höchste Müllhalde der Welt. Der Expeditions-Tourismus hat seine Spuren hinterlassen – nicht nur in Form von Müll: 300 verunglückte Bergsteiger wurden bislang nie geborgen. China will auf der tibetischen Nordseite des Berges nun aufräumen.

Von Axel Dorloff | 07.04.2019
Ein nepalesischer Sherpa sammelt Müll von Bergsteigern am Mount Everest auf
Anstrengende Arbeit: Müll sammeln auf 8.000 Meter Höhe (NAMGYAL SHERPA / AFP)
Manchmal kriechen sie auf dem Boden, damit die eisigen Höhenwinde nicht ihre Gesichter aufschneiden. Kaum irgendwo ist der Job des Müllsammlers härter als auf dem Mount Everest. Tsring Dan Tar vom offiziellen tibetischen Bergsteiger-Team hat viermal den Gipfel des Mount Everest bestiegen. 2018 hat er die Initiative zum Müllsammeln auf dem Berg mit angestoßen. Der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua sagte er:
"Bei meinen Mount-Everest-Besteigungen habe ich den Müll gesehen, den andere Bergsteiger zurückgelassen haben. Da dachte ich mir, das ich etwas tun müsste, um die Umwelt zu schützen und die Berge zu bewahren."
"Das Himalaya-Gebirge gehört der ganzen Welt"
Drei Müllsammel-Aktionen hat Tsring Dan Tar 2018 begleitet, alle auf einer Höhe von über 5.200 Metern. Die Sportverwaltung der Region Tibet hat dazu ein ganzes Team zusammengestellt: professionelle Bergsteiger und Viehzüchter aus dem tibetischen Hochland. Insgesamt haben die Müllsammler im vergangenen Jahr fast zehn Tonnen Müll vom Berg geholt - Gaskocher, Plastiktüten, kaputte Zelte und menschliche Exkremente. Wenn jetzt mit dem Frühling im Himalaya die Gipfel-Saison anfängt, geht die Aktion weiter, auch für Tsring Dan Tar.
"Wir müssen uns für diese Umweltschutz-Maßnahmen engagieren. Der Mount Everest und das Himalaya-Gebirge gehören der ganzen Welt, unser aller Schicksal ist verknüpft. Die Anstrengungen lohnen sich. Und ich hoffe, dass wir noch mehr Menschen dafür begeistern können, Natur und Umwelt am Mount Everest und im Himalaya zu schützen."
Zwei Bergsteiger blicken auf den Ama Dablam im Himalaya. 
Für solche Aussichten kommen die Touristen zum Mount Everest - doch ihre hohe Zahl setzt der Natur zu (imago stock&people)
Ob zurückgelassener Müll, verschmutztes Quellwasser, Helikopterlärm oder Low-Budget-Expeditionen für unerfahrene Bergsteiger: Der überbordende Tourismus hat dem Mount Everest zugesetzt. Ende vergangenen Jahres hat China deshalb die Vorschriften auf der tibetischen Nordseite des Berges verschärft. Das Basislager für Touristen wurde aus ökologischen Gründen um zwei Kilometer verlegt. Außerdem wurde die Zahl der Erlaubnisse für Gipfelbesteigungen auf 300 begrenzt. Das Ziel: Weniger Müll und bessere Sicherheit, sagt Nyima Tsering, Direktor der tibetischen Sportverwaltung.
"Die Besteigung des Mount Everest ist für Menschen, die die Herausforderung suchen, die das Unbekannte erkunden wollen. Das wollen wir nicht stoppen. Aber wie haben Maßnahmen ergriffen, die wirken sollen. In Zukunft werden wir nachhaltige Bergrouten entwickeln und weiter versuchen, die Anzahl der Menschen am Berg zu kontrollieren."
Bergung der verunglückten Bergsteiger extrem schwierig
Neu ist dieses Jahr auch eine Müllsammelgebühr von 1.500 Dollar pro Bergsteiger. Seit 2015 gibt es bereits die Regel, dass jede Person Müllsäcke erhält und mindestens acht Kilogramm Müll vom Berg herunter bringen muss. Wer das nicht tut, zahlt Strafe.
China hat außerdem angekündigt, die Toten am Mount Everest bergen zu wollen. Es gibt dort etwa 300 Leichen, verunglückte Bergsteiger, von denen einige auf einer Höhe von über 8.000 Metern liegen. Ihre Bergung gilt als extrem schwierig. Bislang war auch nicht klar, wer dafür zahlen soll. Unklar scheint derzeit immer noch, ob für alle das Einverständnis der Angehörigen vorliegt. Wenn nicht, könnten die chinesischen Behörden diese Aktion nochmal verschieben.