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Touro College Berlin
Holocaust Studies an jüdischer Hochschule

Das jüdische Touro College Berlin bietet verschiedene Wirtschaftsstudiengänge an. Einzigartig ist an der Hochschule der Studiengang "Master of Arts in Holocaust Communication and Tolerance". Ein solch spezialisierter Studiengang findet sich kein zweites Mal in Deutschland.

Von Claudia van Laak | 27.01.2014
    "So guys, welcome to the Haus of the Wannseekonferenz, my name is Aya."
    Das Haus der Wannseekonferenz. Hier in dieser Villa fand sie am 20. Januar 1942 statt, die streng geheime Konferenz unter SS-Obergruppenführer Heydrich, auf der der Holocaust an den europäischen Juden im Detail organisiert wurde.
    "Before we get started with the actual exhibition I wanna tell you a little bit about this house. I don´t know how much you know about this house."
    16 junge Leute aus Russland, der Ukraine, Kenia, Zypern, Deutschland versammeln sich im Halbkreis um die israelische Historikerin Aya Ruzycki. Ihre heutige Exkursion ist Teil des Seminars "Geschichte des Holocaust". Pflichtprogramm für alle Studierenden am Berliner Touro College.
    "Ich glaube, es ist extrem wichtig, wenn man an einer jüdischen Hochschule in Deutschland studiert, dass man sich dann auch um die Geschichte des Holocaust kümmert."
    "Die Geschichte des Holocaust ist verstörend, wenn man die ganzen Opfer sieht, wir müssen Pläne haben, damit so etwas nicht wieder passiert."
    Das Touro College bietet verschiedene Wirtschaftsstudiengänge mit doppelten, in Deutschland und in den USA anerkannten Abschlüssen an. Einzigartig ist der Studiengang "Master of Arts in Holocaust Communication and Tolerance”. Wie lässt sich das Wissen über den Holocaust in Schulen, Gedenkstätten und Museen vermitteln? Eine Frage, die im Mittelpunkt des zweijährigen, in Deutschland einmaligen Studiengangs steht. Zwar gibt es auch an staatlichen Hochschulen unzählige Lehrangebote im Bereich Holocaust-Studien, einen solch spezialisierten Studiengang findet man allerdings nur am privaten jüdischen Touro College. Die Seminargruppen sind klein, Professoren und Dozenten pflegen die in den USA übliche Open-door-policy – geschlossene Türen sind verpönt. Stimmen von Studierenden:
    "Es ist ein sehr viel intensiveres Studieren als an einer großen Uni, meiner Meinung nach, man geht nicht so unter, habe ich das Gefühl.
    Also ich könnte mir auch nicht vorstellen, diese Thematik in einem größeren Rahmen zu besprechen.
    Die Nähe, die es hier zu den Kommilitonen und Professoren gibt, die ist gut. Es ist ein intimes und intensives Lernen."
    Die Studiengebühren am privaten Touro College sind allerdings gewöhnungsbedürftig - 6000 Euro im Semester zum Beispiel für die Business-Studiengänge. Wer den Masterstudiengang "Holocaust Studies" belegt, zahlt nur ein Zehntel – erläutert Rektorin Sara Nachama.
    "Es ist bewusst so gemacht. Für Business sind auch die Eltern bereit zu bezahlen. Aber die jungen Leute, die sich für den Holocaust-Studiengang interessieren, haben nicht immer das Geld, das zu bezahlen. Und so haben wir überlegt, wie wir das trotzdem attraktiv machen können. Und deshalb sind die Gebühren viel niedriger als für einen Business-Studiengang."
    170 Studierende zählt das Touro College derzeit, es soll weiter wachsen, ein Psychologie-Studiengang ist im Aufbau. Untergebracht ist die einzige jüdisch-amerikanische Privathochschule in Deutschland in historischen Gebäuden – in der früheren Villa des jüdischen Kaufmanns Paul Lindemann, der vor den Nazis ins Ausland fliehen musste. So schließt sich der Kreis.