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Transparency International
Immobiliensektor hat massives Problem mit Geldwäsche

Geldwäsche lohnt sich vor allem in Deutschland mit seiner prosperierenden Wirtschaft. Ein Boom-Bereich ist seit Jahren der Immobiliensektor, wo laut Transparency International 30 Milliarden Euro allein 2017 "gewaschen" wurden. Die Organisation fordert sowohl Gesetzesänderungen als auch verstärkte Ermittlungen.

Von Panajotis Gavrilis | 07.12.2018
    Eigentums- und Sozialwohnungen im Bau in Freiburg.
    Bauboom in Deutschland: Ideale Anlage für kriminell erworbene Milliarden (picture alliance / Winfried Rothermel)
    Es gibt ein massives Problem mit Geldwäsche bei Immobilien – so Transparency International. Konkrete Zahlen sind zwar schwierig zu ermitteln, die Organisation schätzt aber, dass mehrere Milliarden Euro aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität in Deutschland gewaschen werden.
    Das seien 15 bis 30 Prozent aller kriminellen Vermögenswerte, die in Immobilien in Deutschland investiert werden, so Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International Deutschland.
    "Dieses Problem – nach unserer Auffassung und nach den Ergebnissen der Studie – steht in keinem Verhältnis zu den Kapazitäten der Ermittlungsbehörden in Deutschland und auch zu den Instrumenten, den Möglichkeiten, den Geldwäschern auf die Spur zu kommen. Das heißt, wir fordern sowohl Änderungen der geltenden Gesetze als auch verstärkte Anstrengungen im Bereich der Ermittlungen."
    Transparency schätzt, dass 2017 etwa 30 Milliarden Euro in den deutschen Immobiliensektor geflossen sind.
    Ermittlungskapazitäten fehlen
    Ermittlungsbehörden müssten besser ausgestattet werden, fordert die Organisation. Und: Vor allem Notarinnen und Notare, aber auch Makler und Anwälte, die in der Immobilienbranche aktiv sind, seien in der Pflicht:
    "Bei großen Projekten, bei großen Investitionen werden diese Geschäfte über die Anwälte betrieben. Die sind nach dem Geldwäschegesetz verpflichtet, Verdachtsmeldungen abzugeben. Verdachtsmeldungen im Hinblick auf die Herkunft von Mitteln. Und wir stellen fest, dass auch gerade aus diesem Bereich so gut wie keine oder sehr wenige Verdachtsmeldungen wirklich abgegeben werden und das macht natürlich stutzig."
    Tatsächlich kommen etwa 99 Prozent der an den Zoll übermittelten Verdachtsmeldungen aus dem Finanzsektor.
    Der Immobiliensektor spielt laut des Jahresberichts 2017 der sogenannten "Financial Intelligence Unit" zur Geldwäschebekämpfung im Prinzip keine Rolle.
    Ein möglicher Grund, warum so wenig gemeldet wird: Notare sind an die Schweigepflicht bei Beurkundungen gebunden.
    Schlupflöcher müssen geschlossen werden
    Zudem fordert die Transparency International Deutschland-Vorsitzende Edda Müller: Schlupflöcher beim Transparenzregister müssten geschlossen werden.
    "Hier gibt es die Möglichkeit zum Beispiel für große Fonds oder Gelder, die von irgendwelchen Schattenfinanzplätzen in Deutschland aktiv werden, dass hier lediglich Geschäftsführer von irgendwelchen Konglomeraten hier genannt werden, wo die eigentliche wirtschaftliche Herkunft der Gelder unklar ist. Also auch hier muss nachgebessert werden."
    Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Paus, kritisiert ebenfalls die aus ihrer Sicht mangelnden Kontrollen. Deutschland sei ein "Paradies für Geldwäscher", sagte sie dem Deutschlandfunk Hauptstadtstudio:
    "Wir hatten im vergangenen Jahr ganze fünf Anzeigen von Notaren, ganze 21 von Immobilienmaklern für Geldwäsche. Dunkelfeldschätzungen sagen: Es sind aber mindestens 25 Milliarden Euro pro Jahr gewaschen worden. Deswegen sagen wir: Dieses Problem kann man nur lösen mit einem höheren Entdeckungsrisiko. Deswegen brauchen wir ein zentrales Immobilienregister, wo endlich deutlich wird, wer der wirtschaftliche Berechtigte einer Immobilie ist. Großbritannien hat gezeigt: Das hat eine sehr große Abschreckungswirkung."
    Die fünfte Geldwäscherichtlinie der EU ist derzeit noch in Arbeit, um weitere Schlupflöcher zu schließen und dubiose Geschäften einzudämmen.