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Trauerfeier
"Sie haben den Todeskult, wir die Liebe zum Leben"

Zwei Wochen nach den Anschlägen von Paris nimmt Frankreich Abschied von den 130 Opfern. Man dürfe trotz der Tränen, die Lebensfreude nicht verlieren, sagt Präsident Francois Hollande - und verspricht die konsequente Bekämpfung der Terrormiliz "Islamischer Staat".

Von Ursula Welter | 27.11.2015
    Frankreichs Präsident bei der Trauerfeier für die Terroropfer von Paris.
    Frankreichs Präsident bei der Trauerfeier für die Terroropfer von Paris. (picture alliance / dpa / MAXPPP)
    Im Ehrenhof des Invalidendoms in Paris, am Fuße der Goldenen Kuppel, stand die Republikanische Garde Spalier. Auf der anderen Seite, entlang der Bogengänge, die Tribünen: Dort hatten sich die Angehörigen der Opfer, Vertreter aller Parteien, der politischen Institutionen, der Religionsgemeinschaften, aber auch der Rettungskräfte und der Sondereinheiten der Polizei eingefunden. Auch einige der 350 Verletzten waren gekommen, soweit möglich - viele Opfer liegen noch in den Krankenhäusern, manche auf der Intensivstation. Nur vereinzelt hatten Familien die Teilnahme an der Gedenkzeremonie abgelehnt - aus Protest gegen die, aus ihrer Sicht, mangelhafte Sicherheitspolitik Frankreichs.
    Zum Auftakt der Gedenkzeremonie stimmte die Republikanische Garde ein erstes Mal die Marseillaise an, die französische Hymne. An diesem Ort, an dem Frankreich normalerweise seiner gefallenen Soldaten gedenkt. Diesmal galt die Trauer der Nation den getöteten Zivilisten. Deren Porträts wurden auf einer Leinwand eingeblendet, dazu erklang eine Interpretation des Titels von Jacques Brel "Wenn uns nur die Liebe bleibt".
    "Frankreich wird alles tun, um die Armee der Fanatiker zu zerstören"
    Ganze zehn Minuten dauerte es dann, die Namen der Toten zu verlesen, die auch in vielen Medien Frankreichs heute veröffentlicht wurden, um die Ermordeten aus der anonymen Masse der 130 Opfer herauszuholen, um ihnen Gesicht und eine Biografie zu geben. "Das waren Männer und Frauen jeden Alters, aber die meisten waren unter 35", sagte Staatspräsident Francois Hollande in seiner Ansprache, die sich vor allem an die Jugend richtete, die in Frankreich seit dem 13. November auch die "Generation Bataclan" genannt wird. "130 Tote und so viele Verletzte, für immer gezeichnet. Ich will Ihnen, den Angehörigen, dies sagen: Frankreich wird an Ihrer Seite stehen, wir werden unsere Kräfte bündeln, um den Schmerz zu lindern. Ich verspreche Ihnen feierlich, Frankreich wird alles tun, um die Armee der Fanatiker zu zerstören, die diese Verbrechen verübt hat."
    Viele der Opfer hätten selbst nach den Anschlägen vom Januar gegen den Terror demonstriert, sagte Francois Hollande, und nun seien sie selbst ermordet worden, weil sie Kinder eines freien Volkes seien, das die Kultur liebe, alle Kulturen. Im ganzen Land hatten die Menschen heute die französische Trikolore an die Fassaden und die Balkonbrüstungen gehängt, um der nationalen Trauer Ausdruck zu verleihen. Und der französische Staatspräsident rief die Bevölkerung auf, trotz der Tränen, die Lebensfreude nicht zu verlieren, den Terroristen die Stirn zu bieten, Konzerte, Stadien, Cafés aufzusuchen.
    "Sie haben den Todeskult, wir haben die Liebe, die Liebe zum Leben", sagte Francois Hollande und passend zu diesem Appell interpretierte die Opernsängerin Nathalie d'Assay das Lied "Perlimpinpin" von Barbara, das von Zärtlichkeit und Lebensfreude handelt, die der Gewalt entgegengesetzt wird.