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Traumberufe
DJs sind die neuen Stars

David Guetta, Calvin Harris und Felix Jaehn haben es vorgemacht: Sie jetten mit dem USB-Stick um die Welt und füllen riesige Hallen. Der DJ ist endgültig zum Popstar geworden. Und der Hype geht gerade erst richtig los.

Von Ina Plodroch | 26.10.2016
    David Guetta von hinten bei einem Konzert auf der Hamburger Trabrennbahn. Vor ihm ein riesiges Mischpult, dahinter Dampf-Fontänen eines Special Effects und dann tausende Menschen im Publikum
    David Guetta bei einem Konzert auf der Hamburger Trabrennbahn (imago / Philipp Szyza)
    "Also, als ich angefangen hab, gab es auf jeder Schule einen Hobby-DJ, der die Schulpartys beschallt hat. Aber ansonsten taugte das nicht zum 'Role Model'." Michael Mayer, Mitbetreiber des Kölner Labels Kompakt und seit über 20 Jahren DJ. "Profi-DJs waren damals noch halbseidene, koksabhängige, verkrachte Existenzen."
    "Es gab so eine Zeit, wo elektronische Musik sich eigentlich nicht im Radio und in den Charts wiedergefunden hat." Heiko Hoffmann schreibt als Chefredakteur des Magazins "Groove" über Techno und elektronische Subkultur. "Jetzt in den letzten fünf, sechs Jahren hat sich wieder eine Musik herauskristallisiert, die wahrscheinlich wieder stärker in den Charts ist als je zuvor." Mit EDM, also Electronic Dance Music und Deep- oder Tropical House von David Guetta, Calvin Harris, Robin Schulz.
    "Also früher wollte, glaub ich, jeder Popstar oder Sänger werden. Und heutzutage will halt jeder DJ werden." Frederick Schax aus Weeze am Niederrhein will es auch: Als DJ auf der ganz großen Bühne stehen. "Weil der DJ ist sozusagen der neue Popstar." Er steht auf Bühnen, die genau so groß sind wie die von Taylor Swift. Ohne Band, ohne eigenen Gesang, nur mit den Fingern an den Knöpfchen und Reglern der vier digitalen Abspielgeräte. Ein DJ-Set wie ein Konzert.
    Wie bei Felix Jaehn. Neben Robin Schulz Deutschlands erfolgreichster DJ und Produzent. "Das Internet ist glaub ich essentiell, was auch einer der Gründe ist, warum auch ich, aber auch viele andere Junge die Chance haben, überhaupt so erfolgreich zu sein." Felix Jaehn hatte Glück. Einer seiner ersten Remixe wurde ein Megahit: "Cheerleader". Platz eins in Deutschland, 15 anderen Ländern und sogar Platz eins der amerikanischen Billboard Charts. Das hat seit 20 Jahren kein Deutscher Künstler mehr geschafft.
    Felix Jaehn 
    Der Musiker Felix Jaehn hat es mit dem Remix eines Songs des jamaikanischen Sängers OMI im Juli 2015 an die Spitze der US-Charts geschafft. (picture alliance / dpa / Foto: Julia Nimke)
    "Im Sommer fast jedes Wochenende gefühlt, teilweise auch zwei an einem Abend." Und fliegt dann im Privatjet von Auftritt zu Auftritt. Andreas aus Köln, Anfang 20, will es auch. Deshalb besucht er eine DJ-Schule, wie es sie längst in vielen großen Städten gibt: "Wer will das nicht? Man steht vor den zig tausend Leuten und die himmeln dich an, die schreien deinen Namen."
    "Steve Aoki, Guetta. Jeder will so sein wie die. Die posten ja auch dicke Autos, hübsche Frauen, dann reisen die dahin, jetten immer woanders hin, wer das geil findet, will das auch haben. Wenn man jetzt ein reiner DJ ist, ist natürlich der Einstieg viel, viel leichter als über Jahre ein Instrument zu erlernen, das Handwerk ist ja nicht ganz so kompliziert, wenn man das 'DJing' mit Gitarre spielen vergleicht zum Beispiel."
    Der Traum vom Popstar-Dasein scheint dadurch greifbarer. Frederick Schax hat schon ein paar Tracks im Internet veröffentlicht. Und immer öfter tritt er auch in Clubs und auf Festivals auf. "Meine Ziele sind größer zu werden, einfach rumzukommen, Welt zu sehen, Länder zu bereisen, auf verschiedenen Bühnen zu stehen."
    Der DJ-Star zeigt, worum es heute wirklich geht: Musik, die ereignisreicher ist, als manch einer es verkraften kann, aber gerade genug für eine Generation, die mit Smartphone, Laptop, Tablet und Second und Third Screens aufgewachsen ist. Und es gewohnt ist, sich in Sozialen Medien das inszenierte Leben vorgaukeln zu lassen. Ein Ende scheint nicht in Sicht.
    "Früher haben sich im Zehn-Jahres-Rhythmus etwa die Jugendbewegungen abgewechselt. Mittlerweile scheint es ja so, als wären wir mit Techno und House, mit der Dance Kultur, bei dem Idealzustand angekommen."