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Treffen der NATO-Außenminister
Maas schlägt neues Gremium vor

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat der NATO den "Hirntod" bescheinigt und damit auch die Bundesregierung irritiert. Bundesaußenminister Heiko Maaß hat darauf jetzt reagiert und schlägt eine "politische Frischzellenkur" für das Militärbündnis vor. Eine Arbeitsgruppe soll es richten.

Von Bettina Klein | 20.11.2019
    Heiko Maas, Bundesaussenminister, aufgenommen im Hintergrundgespräch mit Journalisten auf dem Weg nach Kairo, 28.10.2019.
    Bundesaußenminister Heiko Maas will dem Militärbündnis eine Frischzellenkur verpassen (imago / photothek.net / Florian Gaertner )
    Die Dringlichkeit für Diskussion ist in der NATO allen klar. Die Einschätzung das Bündnis sei "hirntot" und Europa könne und müsse sich alleine verteidigen, kann so nicht stehengelassen werden. Insbesondere, da die NATO-Kritik aus Frankreich nicht nachlässt. Andererseits hat Macron inhaltlich in manchem Recht, insbesondere wenn er Abstimmungsprobleme im Bündnis beklagt. Diese Überlegungen haben Außenminister Maas nun wohl bewogen einen eigenen Vorschlag heute bei seinen NATO-Kollegen in Brüssel vorzulegen. Schon vor anderthalb Wochen sagte er hier beim Treffen mit den EU-Ministern zur Kritik Macrons am Bündnis:
    "Ich stimme dem französischen Präsidenten zu, dass wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir in Europa mehr für unsere eigene Sicherheit tun. Aber wir wollen das nicht gegen die NATO, sondern mit der NATO tun."
    Initiative mit der NATO und nicht dagegen
    Ziel von Heiko Maas ist es, ein Gremium einzusetzen, dass sich bis zum nächsten regulären NATO-Gipfel im Frühjahr 2021 Gedanken darüber macht, wie die Strategie und Einigungsfähigkeit im Bündnis verbessert werden kann. Eine Arbeitsgruppe die vom NATO-Generalsekretär eingesetzt werden soll und bestenfalls nicht versandet, sondern eng von den Außenministern und Botschaftern beim Bündnis begleitet wird. Zusammengesetzt eher aus Beamten denn Experten, aber auch da sei man offen, heißt es. Es geht darum, einen Diskussionsprozess anzustoßen und kein fertiges Paket abzuliefern. Einen konkrete Idee: auch informelle Treffen der NATO-Außenmister einzuführen, ähnlich wie auf EU-Ebene der sogenannte Gymnich.
    Mehr Diskussion, mehr informeller Austausch
    "Wir dürfen nicht vergessen, was die NATO über 70 Jahre stark gemacht hat: ihr unerschütterlicher Zusammenhalt über den Atlantik hinweg", so der deutsche Außenminister. "Wir müssen sie aber konzeptionell und politisch weiterentwickeln. Dazu brauchen wir politische Frischzellen." Die Partner wurden vorab nur informiert. Wie die Verbündeten insbesondere die USA reagieren werden, ist offen. Die US-Botschafterin bei der NATO hatte sich gestern zumindest deutlich von Macrons Kritik distanziert.
    "We firmly disagree with president Macron’s assessment of NATO."
    Anders als der Syrien-Vorschlag der Verteidigungsministerin ist die Initiative aus Berlin aber zumindest in der Bundesregierung abgestimmt. Die Hoffnung: Das Treffen der Staats- und Regierungschefs in London Anfang Dezember könnte ein solches Gremium offiziell beschließen. Die Außenminister werden heute das Treffen in London vorbereiten und eine Reihe von strategischen Fragen beraten, unter anderem das Verhältnis zu Russland, die Rüstungskontrolle nach dem Ende des INF-Vertrages, die Beziehungen zu einem auch militärisch aufstrebenden China.
    Vorbereitung auf Kriege im Weltall
    Konkret dürfte es beim Thema Weltraum werden. Neben der Verteidigung zu Wasser, zu Lande, in der Luft und seit kurzem im Cyberraum soll nun auch der Weltraum zu einer eigenen, der dann fünften Domäne der Verteidigung, werden, kündigte Jens Stoltenberg an. Vor allem die Satellitenkommunikation, die für das heutige Lebens so wichtig ist, gilt als potentiell gefährdet. Theoretisch könnte in der Zukunft auch ein Angriff hier einmal Artikel 5 auslösen – die Beistandserklärung der NATO, auf die sich der französische Präsident nicht mehr allein verlassen will.