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Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe
Langfristige politische Lösung der Krise nicht in Sicht

In Minsk hat die Ukraine-Kontaktgruppe zum ersten Mal seit drei Monaten wieder Friedensgespräche aufgenommen. Die Themen auf der Agenda offenbaren: Es geht um eine Entschärfung, nicht um eine Lösung der Krise. Russland beteiligt sich rege, hat es doch kaum noch Ressourcen, um die Separatisten zu unterstützen.

Von Florian Kellermann | 24.12.2014
    Donezk gehört zu den umkämpften Gebieten in der Ostukraine.
    Donezk gehört zu den umkämpften Gebieten in der Ostukraine. (imago / ITAR-TASS)
    Nach dreieinhalb Monaten wollen die Konfliktparteien heute wieder in Minsk verhandeln. Schon die Agenda zeigt, wie wenig von den damaligen Vereinbarungen umgesetzt wurde: Wieder geht es um einen Waffenstillstand, eine Pufferzone und um den Gefangenenaustausch. Von einer langfristigen politischen Lösung der Krise, die im September noch greifbar schien, ist jetzt nicht einmal mehr die Rede.
    Dafür soll nun auch über humanitäre Hilfe für die Menschen in der Ostukraine gesprochen werden. Denn die Lage dort ist alarmierend: Tausende sind obdachlos, vielerorts gibt es keinen Strom und keine Heizung - und die Lebensmittel werden knapp. Schon jetzt klagten viele Menschen über Plünderer, erklärte der Separatisten-Kommandeur in der Stadt Stachanow im Bezirk Luhansk, Pawel Dremel.
    "Erinnert mich an die Blockade von Leningrad"
    "Es gibt keinen Strom, es gibt kein fließendes Wasser. Wenn wir den Menschen Trinkwasser bringen, dann raufen sie darum, etwas abzubekommen. Was die Ukraine mit uns macht, erinnert mich an die Blockade von Leningrad im Zweiten Weltkrieg."
    Die Separatisten machen die Ukraine für die Situation verantwortlich, weil sie die Wirtschaftskontakte zu den besetzten Gebieten eingeschränkt hat. Die Banken dort funktionieren nicht mehr, Rentner und Staatsbedienstete bekommen keine Bezüge. Die Vertreter der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk werden heute fordern, diese Politik zu ändern.
    Wie angespannt die Lage ist, zeigen schon die Vorbereitungen zu dem Treffen. Fest steht, dass die Ukraine, Russland, die OSZE und die Separatisten vertreten sein werden. Unklar blieb jedoch bis zuletzt, wer für diese Verhandlungsparteien nach Minsk gefahren ist. Ukrainische Medien spekulieren, dass eventuell auch EU-Staaten Vertreter schicken. Sie betonen, dass sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Vorbereitungen des Treffens eingeschaltet hat.
    In Moskau werden die Ressourcen knapp
    Beobachter halten einen Erfolg der Gespräche für möglich. Denn auch Russland ist stark an einem Waffenstillstand interessiert - wegen der eigenen wirtschaftlichen Probleme. In Moskau werden die Ressourcen knapp, um die Separatisten militärisch und humanitär zu unterstützen.
    Für Spannungen vor dem Treffen sorgte das ukrainische Parlament, das gestern die Blockfreiheit der Ukraine aufhob. Damit wolle es den Weg für einen Nato-Beitritt freimachen, erklärte Außenminister Pawlo Klimkin.
    "Dieser Schritt entspricht auch den Vorstellungen unserer Partner in der Nato und in der EU. Er bringt uns einer Integration nach Westen näher."
    Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete die Parlamentsentscheidung vor dem Treffen als kontraproduktiv. Die Staatsführung in Moskau betonte wiederholt, dass sie einen Nato-Beitritt der Ukraine ablehne und verhindern wolle. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko will vor einer definitiven Entscheidung über einen Beitrittsantrag an die Nato eine Volksabstimmung abhalten.
    Weiterhin völlig unklar ist, wie es politisch mit dem Donezk-Becken weitergehen soll. Beim Treffen im September war dafür noch ein Fahrplan beschlossen worden. Er sah vor, dass die Bezirke Donezk und Luhansk nach und nach wieder unter ukrainische Kontrolle kommen sollen. Gleichzeitig sollten sie einen Sonderstatus erhalten. Die Separatisten hielten sich jedoch nicht an diese Vereinbarung. Sie hielten im November Parlamentswahlen ab und treiben die Schaffung eines eigenen Staates voran.