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Triathlon
Sportpolitischer Einfluss auf den Ironman

Knapp 40 Jahre ist es her, dass auf Hawaii Sportler aus verschiedenen Richtungen den fittesten Allrounder ermitteln wollten. 15 Starter hatte der erste Ironman. Heute ist Triathlon ein Massenphänomen mit entsprechender Bedeutung. So wird auch mit dem Ironman auf Hawaii am kommenden Wochenende Sportpolitik gemacht.

Von Bastian Rudde | 04.10.2015
    Schwimmer beim Triathlon in Hawaii 2014
    Schwimmer beim Triathlon in Hawaii 2014 (imago/sportfoto/ZUMA Press)
    Der Einfluss der Politik auf den Trathlonsport zeigt sich an den beiden besten deutschen Triathleten – an Jan Frodeno und Sebastian Kienle. Beide starten für ein Team aus Bahrain, das Anfang dieses Jahres gegründet wurde, das Bahrain Elite Endurance Triathlon Team. Das wird finanziert von einem Sohn des bahrainischen Königs, der etwa ein Dutzend Weltklasse-Triathleten dafür bezahlt, dass sie den Schriftzug "Bahrain" auf ihrer Wettkampfkleidung tragen und auch bei einer Triathlon-Serie an den Start gehen, die es jetzt in verschiedenen Staaten in der wohlhabenden Region am Persischen Golf gibt.
    Das Team ist offiziell dazu ins Leben gerufen worden, um die bahrainische Bevölkerung für den Triathlon und Ausdauersport im Allgemeinen zu begeistern. Aber es liegt auch nahe, dass sich Bahrain die Popularität des Triathlonsports auch anderweitig zunutze macht - nämlich, um sich weiter auf der Landkarte des Sports zu zeigen. Ein Formel-1-Rennen hat Bahrain schon, jetzt auch ein eigenes, prominentes Triathlonteam und eine eigene Triathlon-Wettkampfreihe. Dass das dabei helfen soll, den Standort zu etablieren, daran hat im Übrigen auch Sebastian Kienle kaum Zweifel, wie er dem Deutschlandfunk gesagt hat:
    "Es ist ja bestimmt jedem sportbegeisterten Menschen aufgefallen, dass in den Ländern des Nahen Ostens zunehmend mehr große Sportereignisse stattfinden. Manche Länder kaufen ja regelrecht Sportler aus Kenia, Äthiopien mehr oder weniger ein. Aber ich starte nicht für das Land, sondern für das Triathlon-Team."
    Schlaglicht der Medien auf undemokratische Länder
    Kienle und auch Frodeno wirken nicht, als hätten sie diese Entscheidung unbedacht getroffen – und beide halten sie für richtig. Jan Frodeno hat im ZDF einen seiner Beweggründe genannt:
    "Dass wir dorthin gehen und mit den Medien und solchen Sportevents gleichberechtigte Sportveranstaltungen hinbringen. Wo Männer und Frauen – was ja da auch nicht immer selbstverständlich ist – auf einer Bühne auftreten, die sehr positiv ist."
    Das Schlaglicht der Medien – immer wieder die Begründung von Athleten und Funktionären, die mit ihrem Sport in Regionen gehen, die nach unserem, westlichen Verständnis undemokratisch bis unterdrückerisch sind. Es gibt genauso viele Stimmen, die sagen, dass das Schlaglicht der Medien wirkungslos ist und Sportgroßereignisse keine demokratisierende Wirkung haben. Die Diskussion darüber hat nun auch den Triathlon erreicht. Und aus Sportlersicht ist es auch einfach eine Gelegenheit, Geld zu verdienen und seinen Marktwert zu steigern. Im Triathlon, der nicht die finanziellen Mittel etwa des Fußballs bietet, bestimmt kein ganz unerheblicher Punkt.
    Neuer Besitzer des Events
    Ein weiterer interessanter Punkt des anstehenden Ironmans: seit diesem Jahr gibt es einen neuen Besitzer. Die Veranstaltungist nicht nur eine Art Mythos unter den Triathleten, sondern längst auch eine geschützte Marke, unter dem Dach der World Triathlon Corporation. Die richtet nicht nur Rennen auf Hawaii, sondern in vielen Ländern aus. Die World Triathlon Corporation hat vor gut einem Monat den Besitzer gewechselt und gehört jetzt dem chinesischen Mega-Konzern Dalian Wanda. Der hat dafür umgerechnet knapp 600 Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Das ist ein Vielfaches dessen, was der vorherige Besitzer bezahlt hatte – und es zeigt, welches Wachstum die Investoren aus China offenbar in diesem Sport sehen. Sebastian Kienle warnt aber davor, deutlich mehr Geld mit dem Event verdienen zu wollen. Etwa, beim Startgeld, das beispielsweise Breitensportler für geschützte Ironman- oder Halb-Ironman-Veranstaltungen zahlen müssen: Teilweise mehrere hundert Euro.
    "Die Athleten sind schon bereit, einen sehr hohen Preis für so eine Veranstaltung zu bezahlen, für das Erlebnis zu bezahlen. Und sie bekommen auch einen guten Gegenwert. Aber wenn der Gegenwert eben immer gleich bleibt und der Preis steigt, kann das eben auch gerne schnell mal nach hinten losgehen."
    Chinesische Sportpolitik-Interessen unterstützen
    Interessant ist auch, was der neue Ironman-Besitzer Dalian Wanda sonst noch tut. Der Konzern besitzt seit diesem Jahr den Sportrechtevermarkter Infront, der wiederum die Medien-Übertragungsrechte an Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft hält. Geschäftsführer von Infront ist Philippe Blatter, der Neffe des skandalumtosten FIFA-Präsidenten Sepp Blatter.
    Dalian Wanda ist ganz offenbar ein Konzern, der dem Staat China dabei helfen soll, seine sportpolitischen Interessen zu erreichen, Großereignisse ins Land zu holen. Und der Triathlon, der Ironman, gehört auch zu diesem Werkezugkasten. Einen Ironman-Wettkampf in China gibt es bisher nicht, das dürfte aber nicht mehr lange dauern. Zusammen mit dem Beispiel Bahrain bleibt festzuhalten, dass die sportpolitische Einflussnahme im Triathlon zusammen mit der Popularität des Sports ganz offenbar wächst.
    auch das Deutschlandfunk-Sportgespräch um 23.30 Uhr dreht sich um das Thema Triathlon. Zu Gast ist der deutsche Weltklasse-Triathlet Sebastian Kienle, der nächsten Samstag den Ironman auf Hawaii wieder gewinnen will – so wie bereits letztes Jahr auch.