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Trockenheit in Deutschland
Waldumbau mit mediterranen Baumarten

Fichten, Kiefern und Douglasien leiden massiv unter der zunehmenden Trockenheit. Ein Umbau des Waldes in Deutschland wird deshalb aus ökologischen wie wirtschaftlichen Gründen immer notwendiger. Ein wissenschaftlich begleiteter Versuchsanbau mit Libanonzedern gibt nun Hoffnung.

Von Susanne Lettenbauer | 26.08.2020
Eine Fichte wächst hoch in den Himmel.
Bäume werden durch Borkenkäfer und Dürre auch 2020 massenhaft absterben, schätzen Experten (picture alliance / Fabian Strauch)
Im 400-Hektar-Wald der Familie Aufseß bei Bayreuth in Oberfranken liegen überall zersägte, wertlose Fichtenstämme mit den charakteristischen Fraßspuren des Borkenkäfers an den Wegen. Fichten, Kiefern und Douglasien leiden massiv unter der seit Jahren wachsenden Trockenheit in Franken, sagt Besitzer Wolf von Aufseß. Deshalb steigt er jetzt auf die Libanonzeder um:
"Das sind die Libanonzedern, die ganze Reihe entlang. Da sind 300 Setzlinge. Wir haben teilweise ein paar Schutzmaßnahmen, aber die meisten sind jetzt nur durch kleine Pfosten gekennzeichnet, sind ungeschützt."
Ausgetrocknete und abgestorbene Bäume stehen im Bayerischen Wald.
"Wir müssen uns von der Fichte im Tiefland verabschieden"
Die Fichte werde durch den Klimawandel in ihr natürliches Verbreitungsgebiet zurückgedrängt, sagte Maike Wanders von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald im Dlf. Das Hauptproblem sei der fehlende Regen.
Umbau des Waldes ist notwendig
Noch sind die Zedernsprößlinge gerade einmal bis zu einem Meter hoch. An sonnigen Standorten mit viel Platz wachsen sie schneller als im Schatten. Borkenkäferbefall gibt es nicht. Die kerzengerade wachsenden Setzlinge ähneln vom Aussehen den Lärchen, die einige Meter weiter stehen. Im Wald der alteingesessenen Familie gibt es auch Buchen, Eichen, Elsbeeren, Ahorn, Weißtanne und nun eben die Libanonzeder. Der Umbau seines Waldes sei ihm schon seit etlichen Jahren wichtig, aus ökologischen wie auch wirtschaftlichen Gründen, meint der Privatwaldbesitzer. Deshalb sei er dem Aufruf der Universität Bayreuth und der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft gefolgt, es mit der exotischen Mittelmeerbaumart zu versuchen:
"Das sind Traumbäume, also könnte ich mir schon einen Wald damit hier vorstellen, allein vom Anblick her. Es ist einfach ein wunderschöner Baum und wenn er die Hitze aushält, soll er eine Chance hier haben."
Exotische Baumarten erzielen gute Wuchsleistungen
Die robusten Setzlinge stammen vom Ökologisch Botanischen Garten der Universität Bayreuth. Rund 6000 von ihnen warten dort auf Abnehmer aus ganz Mitteleuropa, die an dem wissenschaftlich begleiteten Versuchsanbau teilnehmen. Die Bayerischen Staatsforsten sind dabei, das Forstliche Forschungs- und Kompetenzzentrum Thüringen, die Universität für Bodenkultur Wien und die Eidgenössische Forschungsanstalt der Schweiz. Auch in Nordrhein-Westfalen wachsen mittlerweile Libanonzedern mit Erfolg, also an Standorten mit den unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen, sagt Gregor Aas, der Leiter des Botanischen Gartens Bayreuth:
"Das wichtigste und aus meiner Sicht interessanteste Ergebnis ist, dass wir an dem am wenigsten trockenen Standort in der Schweiz und an dem trockensten Standort, nämlich in Thüringen bei unter 500 Millimeter Jahresniederschlag, dass wir da von allen exotischen Baumarten gute Wuchsleistungen erzielen."
Im Bayreuther Botanischen Garten werden die Zapfen und Samen von den rund 100 sogenannten Mutterbäumen per Hand geerntet. Vor rund 40 Jahren hatten Botaniker die Zedernsamen aus dem südlichen Taurusgebirge der Türkei mitgebracht - aus wissenschaftlichem Interesse. Während Mitarbeiter des Bayerischen Amtes für Waldgenetik noch immer in der Türkei und im Nahen Osten nach den besten Zedernsamen suchen, geht es in Franken heute mehr um den wirtschaftlichen Nutzen, so Forstexperte Aas:
"Wichtig für uns ist, dass die Zeder, die ein wertvolleres Holz produziert als die Fichte, ein deutlich wertvolleres Holz - es ist schwerer, es ist härter, es ist vor allem im Außenbereich ohne Holzschutz deutlich dauerhafter - dass dieses Holz in mindestens in gleicher Menge an gleichen Standorten wie bei der Fichte produziert wird, eher etwas darüber liegt."
Libanonzeder wird von heimischen Vöglen angenommen
Kritikern von in Deutschland nicht heimischen Arten entgegnet Aas, dass die Libanonzeder sehr gut von heimischen Vögeln angenommen werde, vermehrt auch von Insekten. Es handele sich nicht um eine invasive, also einheimische Pflanzen verdrängende Baumart.
Auch deshalb fördert der Freistaat Bayern seit diesem Jahr den Anbau von Libanonzedern, bestätigt Norbert Wimmer, Projektleiter von Seiten der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft LWF. Allein die Staatsforsten erweiterten das Anbaugebiet in diesem Jahr auf 5 Hektar:
"Die Hauptpunkte sind jetzt erst mal zu schauen, wie sich die Libanonzeder im Verband verhält, wie sie im Dichtstand reagiert, ob sie ihre Äste verliert, ob sie wertvolles Holz produziert und wie sie auch als einzelner Baum wachsen kann, da wollen wir verschiedene Versuchsdesigns kreieren, um zu schauen, wie man sie behandeln muss."
Das Problem in der Forstwirtschaft, so Wimmer: Ehe Ergebnisse wirtschaftlich messbar sind, vergehen Jahrzehnte. Wie sich das Klima bis dahin verändert, weiß heute keiner. Deshalb am besten auf viele unterschiedliche Baumarten im Wald setzen, empfiehlt der LWF. Wer streut, rutscht nicht aus.