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Trübe Wirtschaftsaussichten in Großbritannien

Die Eurokrise bedroht auch die Wirtschaft in Großbritannien, weil der Export lahmt. Das beteuert immer wieder der britische Finanzminister George Osborne. Der Konjunkturausblick der Bank of England fällt jedenfalls nicht gerade erfreulich aus.

Von Jochen Spengler |
    Keine frohe Botschaft, die der Beamte des Büros für nationale Statistik heute morgen verkünden konnte:

    "Die höchste Arbeitslosigkeit seit 17 Jahren, 2,62 Millionen Briten waren im September ohne Job, was einer Quote von 8,3 Prozent entspricht. Besonders schlimm sieht es in der Gruppe der 16- bis 24-jährigen aus: Hier sucht jeder Fünfte nach einer Beschäftigung. Mehr als eine Million junge Leute stehen auf der Straße."

    Schlecht auch eine weitere Kennziffer: Die Inflationsrate der Konsumentenpreise betrug im Oktober fünf Prozent; sie ist gegenüber September leicht um 0,2 Punkte gesunken, doch das Inflationsziel der Bank of England von zwei Prozent wird klar verfehlt.

    Deren Gouverneur Sir Melvyn King glaubt aber, dass der Höhepunkt der Geldentwertung überschritten ist.

    "Das Gesamtbild ergibt für uns, dass die Inflation im nächsten Jahr scharf fallen wird - danach sogar bis unter das Inflationsziel."

    Noch aber liegt die britische Inflationsrate deutlich über den drei Prozent in der Eurozone. Und sie sie ist mehr als doppelt so hoch wie der Anstieg der Gehälter. Die britischen Haushalte spüren vor allem die höheren Kosten für Kleidung, Strom, Gas und Wasser schmerzlich.

    Das in diesem und kommende Jahr erwartete Wachstum korrigiert die Notenbank noch einmal nach unten gegenüber der Prognose im August. Seither hätten sich die Wachstumserwartungen weltweit verschlechtert wie auch im United Kingdom.

    "Stagnation bis zu Mitte nächsten Jahres und eine Wachstumsrate für 2011 und 2012 von jeweils einem Prozent - Rezession nicht ausgeschlossen."

    Während die Labour-Opposition die britischen Wirtschaftsprobleme für hausgemacht hält und glaubt, dass die strikte Sparpolitik das Wachstum abwürgt, will die konservativ-liberale Koalition ihren Kurs nicht grundsätzlich ändern. Außerdem hat Premierminister David Cameron einen Schuldigen ausgemacht für die Stagnation:

    "Natürlich hat das, was in der Eurozone geschieht, eine schlechte Auswirkung auf die britische Wirtschaft und andere in Europa."

    Ein Argument, das Labours Haushaltsexperte Ed Balls nicht gelten lässt.

    "Weil unsere Wirtschaftsflaute vor der Eurokrise geschah, wir sind langsamer gewachsen als andere, hatten einen höheren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Wir sind schwächer und weniger in der Lage der jüngsten Krise zu trotzen."

    Labour verlangt deswegen einen Plan B. Die Mehrwertsteuer sollte für ein Jahr deutlich abgesenkt werden und staatliche Investitionen das Wachstum stimulieren helfen.