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Trump empfängt Merkel
Kein Handschlag, aber ein gewagter Witz

Die Videos vom Treffen zwischen Angela Merkel und Donald Trump in Washington sorgen im Internet noch immer für reichlich Reaktionen. Beim Fototermin wollte der US-Präsident der Kanzlerin nicht die Hand reichen, später witzelte er über angebliche Abhör-Aktionen - ein Versuch von zahlreichen Konflikten abzulenken.

Von Thilo Kößler | 18.03.2017
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump im Oval Office
    Der Fototermin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump im Oval Office fiel ziemlich sprachlos aus. (AFP/ Saul Loeb)
    Das Credo der Kanzlerin von der Wichtigkeit des gemeinsamen Gesprächs scheint im Weißen Haus unter Donald Trump noch nicht so ganz angekommen zu sein – jedenfalls fiel der Fototermin vor dem Kamin des Oval Office ziemlich sprachlos aus: Die Kanzlerin wandte sich dem Präsidenten zu, der starrte mit dunkler Miene vor sich hin. Die Kanzlerin fragte nach einem Foto mit Händedruck, Donald Trump ging gar nicht darauf ein. Ob eine bewusste Zurückweisung oder nur eine Stoffelei – das war keine harmonische Einstimmung auf das erste Treffen zwischen der deutschen Regierungschefin und dem neuen amerikanischen Staatsoberhaupt.
    Und dennoch wiederholte Angela Merkel nach ihrer Begegnung mit Donald Trump tapfer ihr Credo:
    "Es ist sehr viel besser, miteinander zu reden als übereinander. Und ich glaube, das hat unser Gespräch auch gezeigt."
    Bekenntnis zur Nato und mehr Verteidigungsausgaben
    Um sich dann zunächst den gemeinsamen Interessen zu widmen: Donald Trump hatte in seinem Eingangs-Statement bereits das Bekenntnis zur Nato und zu den Werten des transatlantischen Bündnisses abgelegt – und im selben Atemzug angemahnt, dass die Nato-Partner ihren Teil der gemeinsamen Lasten zu tragen hätten.
    Darauf ging die Kanzlerin umgehend ein und betonte, dass Deutschland bereit sei, sich an das Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben im Haushalt zu halten:
    "Wir haben uns zu dem Zwei-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2024 in Wales verpflichtet. Haben im letzten Jahr unseren Verteidigungsetat um acht Prozent gesteigert und werden auch weiter in diese Richtung arbeiten."
    Es folgte das gemeinsame Bekenntnis zum Afghanistan-Einsatz, zum Minsker Abkommen, zur Bekämpfung des islamistischen Terrors, um dann zu den konfliktträchtigeren Themen überzuwechseln: Zum Handel und Donald Trumps Absichtserklärungen, künftig keine multilateralen Handelsverträge mehr einzugehen, sondern nur noch bilaterale Verträge abzuschließen. Denn die internationalen Freihandelsverträge wie Nafta hätten den USA stets geschadet, behauptete Trump erneut. Und doch wehrte er sich dagegen, ein Isolationist zu sein – er sei durchaus ein Freetrader, ein Befürworter des Freihandels – aber er sei auch ein Fairtrader.
    TTIP als bilaterales Abkommen
    Die Kanzlerin überbrachte den Wunsch, die auf Eis gelegten Verhandlungen zum TTIP-Abkommen aufzutauen und machte dabei auf eine deutlich verbesserte Stimmungslage in der deutschen Öffentlichkeit aufmerksam. Und sie konnte sich die Spitze nicht verkneifen, das erhoffte Abkommen zwischen EU und USA zum bilateralen Handelsabkommen zu erklären: Denn die Europäische Kommission verhandle im Namen aller Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
    "Für mich ist das in der Tat ein bilaterales Abkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten von Amerika - wenn wir denn eins hätten."
    In der Flüchtlingspolitik weit auseinander
    Ebenso weit liegen die USA unter Donald Trump und Deutschland unter Angela Merkel in der Frage der Flüchtlingspolitik auseinander. Donald Trump, der erst dieser Tage wieder einen empfindlichen Rückschlag mit seinem sogenannten Moslem-Bann hinnehmen musste, erklärte Einwanderung kategorisch zum Privileg ohne jeden rechtlichen Anspruch:
    "Immigration is a privilege, not a right."
    Die Kanzlerin hingegen merkte an, dass bei der Lösung der Flüchtlingsfrage nicht nur nationale Interessen eine Rolle spielen könnten, sondern auch die Probleme derer, die ihrer Heimat den Rücken kehrten.
    "Meine Überzeugung ist, dass wir dies im Blick auf die Flüchtlinge tun müssen, dass wir dies tun müssen, indem wir den Flüchtlingen vor Ort Lebenschancen geben müssen, indem wir den Ländern helfen, die heute oft nicht in der Lage sind oder in denen Bürgerkriege herrschen. Diese Art des Herangehens, glaube ich, ist die richtige Art."
    Gewagter Scherz
    So traten die Meinungsunterschiede einigermaßen offen zutage. So offen, dass Donald Trump sich am Ende in einen gewagten Scherz flüchtete: auf die Frage nach dem von ihm behaupteten, aber gänzlich unbewiesenen Lauschangriff Obamas auf den Trump-Tower, meinte er in Anspielung auf das vor Jahren von der NSA angezapfte Kanzlertelefon: Da haben wir ja doch noch etwas gemeinsam.