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Trumps außenpolitische Grundsatzrede
USA wollen nicht länger Weltpolizist sein

Nach dem Rückzug aus Nordsyrien sprach US-Präsident Donald Trump von großen Schritten zur Stabilisierung der Region. Seine Erklärung zur Krise wurde zu einer außenpolitischen Grundsatzrede. Er stellte darin klar: Truppen wolle er in Zukunft nur entsenden, wenn vitale nationale Interessen auf dem Spiel stünden.

Von Thilo Kößler | 24.10.2019
US-Präsident bei einer außenpolitischen Grundstzrede zu Syrien am 23.10.2019 im Weißen Haus.
Bei seiner außenpolitischen Grundstzrede zu Syrien reklamierte US-Präsident Donald Trump für sich, vielen Kurden das Leben gerettet zu haben. (picture alliance / CNP / AdMedia / Ron Sachs)
Die Erklärung zur Syrien-Krise wurde zu einer außenpolitischen Grundsatzrede Donald Trumps. Sie verschaffte dem Präsidenten jedoch nur eine äußerst kurze Verschnaufpause im erbitterten Streit um die jüngsten Zeugenaussagen in der Ukraine-Affäre. Sie wird für Donald Trump immer bedrohlicher. Vor diesem Hintergrund versuchte Trump, den Kritikern seines Syrien-Rückzugs auch aus den eigenen Reihen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er verkündete – so wörtlich – einen Durchbruch bei den Bemühungen um eine bessere Zukunft für Syrien und den gesamten Nahen Osten.
Trump erklärte, er habe von der türkischen Regierung die Zusicherung erhalten, dass die Kämpfe gegen die Kurden eingestellt und der Waffenstillstand dauerhaft eingehalten werden soll.
Im Gegenzug würde seine Administration die gegen die Türkei verhängten Sanktionen aufheben – und zwar solange, wie nichts geschehe, worüber man unglücklich sein müsse.
Trump: Leben vieler Kurden gerettet
Trump sprach von großen Schritten zur Stabilisierung der Region und bezog sich damit besonders auf die Einrichtung der Sicherheitszone. Er reklamierte diesen Erfolg ausschließlich für sich und sprach von großer Dankbarkeit der kurdisch dominierten SDF-Führung – er habe das Leben vieler Kurden gerettet, erklärte Trump. Der Sonderbeauftragte für Syrien, James Jeffrey, hatte das im Repräsentantenhaus noch anders dargestellt und von türkischen Kriegsverbrechen an Kurden gesprochen. Jeffrey hatte zudem bestätigt, dass etwa 100 IS-Kämpfer aus kurdischen Gefängnissen entkommen seien, ohne dass man etwas von deren Verbleib wüsste. Trump behauptete hingegen, dass nur wenige IS-Kämpfer geflohen seien, die meisten von ihnen seien umgehend wieder festgenommen worden.
Trump forderte insbesondere die europäischen Staaten auf, ihre Staatsangehörigen unter den IS-Aktivisten zurückzunehmen und ihnen zuhause den Prozess zu machen. Jetzt müssten andere als die Vereinigten Staaten um den blutgetränkten Wüstensand kämpfen, sagte Trump.
Türkische Soldaten patrouillieren in der nordsyrisch kurdischen Stadt Tal Abyad an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei
Politologe Perthers: "Assad und seine Regierung werden gestärkt"
Der von US-Präsident Donald Trump angekündigte Truppenabzug aus Syrien bringe die bisherigen Verbündeten der USA zwischen die Fronten, sagte der Politologe Volker Perthes im Dlf. Das betreffe vor allem die Kurden-Milizen.
Damit markierte er zugleich einen Paradigmenwechsel in der US-amerikanischen Außenpolitik im Nahen Osten und darüber hinaus. Acht Billionen Dollar seien dort in sinnlosen Kriegen verpulvert worden, ohne dass die Vereinigten Staaten jemals einen Sieg davongetragen hätten, sagte Trump. Künftig werde er US-amerikanische Truppen nur noch entsenden, wenn vitale nationale Interessen auf dem Spiel stünden.
Den Rückzug der Vereinigten Staaten aus Krisenregionen wie dem Nahen Osten begründete Trump mit den Worten: Die USA sind nicht länger der Weltpolizist. Andere Nationen könnten ihren Platz einnehmen.
Genau dies hatten jedoch selbst Republikaner scharf kritisiert: Donald Trump habe mit seinem Rückzug aus Syrien die Kurden im Stich gelassen und damit grundsätzliche Zweifel an der Zuverlässigkeit des US-amerikanischen Bündnispartners geschürt. Trump habe Putin und Assad das syrische Feld überlassen und damit wichtigen geopolitischen Einfluss verspielt. Nach Trumps Erklärung waren die Republikaner jedoch zunächst mit anderem beschäftigt: Sie versuchten, die Vernehmung eines Zeugen aus dem Pentagon in den Ukraine-Ermittlungen zu verhindern und damit weiteres Belastungsmaterial gegen ihren Präsidenten zu unterbinden.