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Trumps Islam-Rede
"Die USA wollen ein Bündnis gegen den Iran schmieden"

Die Rede von US-Präsident Donald Trump vor den Vertretern von 50 muslimischen Staaten sei vor allem eine Botschaft an die Verbündeten der USA gewesen, sagte der Islamwissenschaftler Guido Steinberg im DLF. Dabei sei es nicht nur um eine Allianz gegen den Islamischen Staat gegangen, sondern auch gegen den Iran. Das sei eine gefährliche Politik.

Guido Steinberg im Gespräch mit Jasper Barenberg | 22.05.2017
    Guido Steinberg, Islamwissenschaftler und Terrorismusexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik.
    Guido Steinberg, Islamwissenschaftler und Terrorismusexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik. (Imago / Müller-Stauffenberg)
    Jasper Barenberg: In Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad erreichen wir jetzt den Islam-Wissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik, ein Kenner unter anderem der Politik am Persischen Golf. Schönen guten Morgen nach Riad!
    Guido Steinberg: Guten Morgen, Herr Barenberg.
    Barenberg: Herr Steinberg, Waffengeschäfte, die Aufforderung, gegen Terroristen und Extremisten zu kämpfen, und Drohungen in Richtung Iran – welche Botschaft lesen Sie in der Rede von Donald Trump?
    "Eine Botschaft an die Verbündeten der USA"
    Steinberg: Ich lese in dieser Rede weniger die Botschaft an die Muslime oder an die islamische Welt, sondern ich lese da vor allem die Botschaft an die jetzigen und auch an die potenziellen Verbündeten der USA in der Region, also Ägypten, Saudi-Arabien und viele andere, dass die USA die Politik der Obama-Administration revidieren wollen. Sie wollen nicht mehr auf den Iran zugehen, sie wollen nicht mehr darauf drängen, dass doch die Regionalmächte hier zu einer Übereinkunft kommen, sondern sie wollen sich auf eine Seite stellen, sie wollen ein Bündnis schmieden gegen den Iran.
    Barenberg: Und verdient diese Allianz, die ja vor allem gegen die Terrormiliz IS geschmiedet werden soll, verdient diese Allianz, diese Initiative eine gute Chance?
    Steinberg: Ich glaube, dass das eine gefährliche Politik ist und zunächst einmal geht es tatsächlich nicht nur gegen den IS. Wenn man sich nämlich den Wortlaut der Rede von gestern anschaut, dann ist ja besonders auffällig, dass in einem Atemzug mit dem IS, mit El-Kaida Organisationen wie die Hisbollah genannt werden, oder auch Organisationen wie die Houthi-Rebellen im Jemen, und das wird ganz sicherlich dazu führen, dass die Spannungen hier in der Region zwischen Saudi-Arabien und Iran, aber auch in all den Gebieten, in denen diese beiden Staaten sich gegenüberstehen, in Syrien, im Libanon, im Jemen, möglicherweise noch ansteigen. Insgesamt ist das doch eine Ermutigung vor allem für die Golf-Staaten, ihren Krieg im Jemen weiterzuführen.
    Barenberg: Das ist ja auch das Angebot einer Partnerschaft speziell an Saudi-Arabien, an andere sunnitische Staaten am Golf. Werden die dieses Angebot annehmen?
    "Das ist das, was sie von Trump erwartet hatten"
    Steinberg: Die werden das annehmen. Hier in Riad ist Feierstimmung, ganz einfach deshalb, weil dort die saudiarabische Regierung über acht Jahre sehr, sehr große Probleme hatte mit der Politik der Obama-Administration, und das ist letzten Endes das, was sie von Trump erwartet hatten, dass der nämlich die Politik, diese doch sehr saudi-arabien-kritische Politik der Obama-Administration, auch die Politik des Ausgleichs mit Iran beendet und wieder auf die alten Verbündeten setzt, also Saudi-Arabien, also Ägypten, und dass er sich natürlich – das gehört dazu – nicht um die inneren Verhältnisse in diesen Ländern kümmert.
    Barenberg: Trump hat ja von einem Kampf zwischen Gut und Böse gesprochen. Das erinnert ja etwas an die Achse des Bösen aus der Zeit von US-Präsident Georg Bush. Ist das die Rückkehr dieser Weltsicht, dieser Haltung, dieser Strategie?
    Steinberg: Es gibt ganz viele Elemente an dieser Rede, die mich auch an die Bush-Administration erinnert haben. Das ist einmal natürlich die Rede von der Achse des Bösen. Da wurde gestern nur Iran namentlich genannt. Es ist aber noch ein weiteres Konzept, das wir so aus dem Jahre 2005 etwa kennen und für das verantwortlich war die damalige nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, nämlich das einer Allianz von sogenannten moderaten Staaten. Moderat bedeutete in der Außenpolitik proamerikanisch, also Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien, Marokko und andere, gegen die Extremisten in der Region und das waren vor allem Iran, die Hisbollah und Hamas. Das ist ein ganz ähnliches Konzept und das Ziel ist es, mit einer solchen starken Allianz den IS zu bekämpfen, das ist richtig, den Iran zu bekämpfen und möglicherweise eine Lösung im israelisch-palästinensischen Konflikt zu finden.
    Barenberg: Sie haben jetzt gesagt, dass nach Ihrer Einschätzung dieser Ansatz die Spannungen in der Region eher verschärfen wird. Mit welchen Folgen?
    "Hier wird in den nächsten Monaten auf Konfrontation gesetzt werden"
    Steinberg: Das können wir noch nicht so ganz genau absehen. Aber es ist ja besonders auffällig, dass diese Rede fast zeitgleich stattgefunden hat mit der Wiederwahl Hassan Rohanis zum iranischen Präsidenten, und das ist das eigentlich besonders Bedenkliche. Wir haben nun einmal ein Abkommen mit dem Iran und selbst wenn man der Meinung ist, dass das nicht so ganz perfekt ist, ist der Iran ja kein monolithisches Gebilde. Und meines Erachtens hätte es in der Situation im Moment vor allem darum gehen müssen, jemanden wie Rohani zu stärken in seinem Bemühen, im Iran die Hardliner zurückzudrängen, den gesamten Sicherheitsapparat, der für das Raketenprogramm steht, der auch für die Politik im Jemen, im Irak und in Syrien steht. Herr Trump hat sich da für die andere Politik entschieden. Es wird hier in den nächsten Monaten auf Konfrontation gesetzt werden. Ich denke, dass wir das im Jemen schon sehen werden. Die Frage ist nur, wird das auch dazu führen, dass das Atomabkommen vielleicht sogar scheitert.
    Barenberg: Nun hat Donald Trump im Wahlkampf ja auch angekündigt, dass er das Abkommen mit dem Iran quasi in der Luft zerreißen will. Das hat er bisher nicht gemacht. Sein Außenminister hat sogar dem Iran attestiert, dass sie sich an die vereinbarten Regeln halten. Welche Linie wird Donald Trump jetzt weiter verfolgen unter diesen neuen Voraussetzungen?
    Steinberg: Es ist in jedem Fall eine aggressivere Linie, bei der ich davon ausgehe, dass sie vor allem erst mal all die Gebiete betrifft, in denen der Kalte Krieg zwischen Saudi-Arabien und Iran geführt wird, also vor allem die eben schon genannten Krisengebiete der arabischen Welt. Ob sich das dann tatsächlich auf das Atomabkommen auswirkt, das ist noch zu früh zu sagen, aber diese Rede, die sollte uns zumindest damit rechnen lassen, dass dieses Atomabkommen in den nächsten Jahren doch noch scheitert und vielleicht nicht nur an Iran, sondern auch an der Gegenseite.
    Barenberg: Lassen Sie uns noch auf die nächste Station von Donald Trump schauen. Er reist heute nach Israel weiter und in die palästinensischen Gebiete. Dort gibt es auf beiden Seiten große Erwartungen, aber auch einige Verunsicherung. Jetzt haben Sie gesagt, die Hoffnung Donald Trumps ist, mit seinem Ansatz auch einen Friedensprozess dort wieder in Gang zu bringen. Kann ihm das gelingen?
    "Es wird zu mehr Spannungen in der Region führen"
    Steinberg: Ich glaube nicht daran. Dieses Konzept wurde schon versucht. Das ist ein etwas älteres Konzept und das geht davon aus, dass man die Palästinenser als Verhandlungspartner an den Rand drängt und tatsächlich darauf setzt, dass diese sogenannten Moderaten, also Saudi-Arabien, Ägypten, die großen Staaten der Region, den Israelis ein Angebot machen und dass dieses Angebot dann zu einem Ergebnis führt. Das ist ganz deutlich zu sehen, dass das das Ziel der Trump-Administration ist. Das wurde auch in der Rede von gestern Abend klar. Ich bin aber der Meinung, dass das nicht der richtige Weg ist. Tatsächlich ist der israelisch-palästinensische Konflikt ja weniger einer zwischen Saudi-Arabien und Israel als vielmehr einer zwischen den Israelis und Palästinensern. Es geht deswegen kein Weg daran vorbei, dass diese beiden Völker miteinander reden. Das andere Konzept ist meines Erachtens nicht Erfolg versprechend. Es wird zu mehr Spannungen in der Region führen statt zu weniger.
    Barenberg: … sagt Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Danke für Ihre Zeit heute Morgen.
    Steinberg: Ich danke.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.