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TTIP-Abkommen
Regionale Siegel erhalten und sichern

Thüringer Rostbratwürste, Schwarzwälder Schinken, schwäbische Maultaschen. Wer diese Produkte kauft, erwartet auch, dass sie aus den genannten Regionen kommen. Beim Freihandelsabkommen mit den USA könnte der Schutz für solche Siegel wegfallen. Diese Befürchtung nährte Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt - und relativierte sogleich seine Äußerungen.

Von Anja Nehls | 05.01.2015
    Schinken, Brot und Tomate angerichtet auf einem Brett.
    Schwarzwälder Schinken muss auch aus dem Schwarzwald kommen. Darauf wollen sich die Verbraucher verlassen können. (Imago/Imagebroker)
    Bundesagrarminister Christian Schmidt hat gesagt, dass in Zukunft nicht mehr jede Wurst und jeder Käse als Spezialität geschützt werden könne, wenn TTIP zustande kommen soll. TTIP steht für : transatlantic trade and investment partnership und da geht es um nichts geringeres als den größten Freihandelsraum der Welt über den die EU und die USA zur Zeit verhandeln.

    In der EU werden 79 regionale Delikatessen aus Deutschland wegen ihrer Herkunft geschützt. Aachener Printen oder Dresdener Christstollen, Schwarzwälder Schinken und diese bekannten Namen würden sicher auch amerikanische Produzenten gerne benutzen, warnt der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentrale, Klaus Müller: "Das, was den Amerikanern vorschwebt, ist natürlich, die tollen, die vertrauenswürdigen Namen zu nutzen, so wie wir es bei den Nürnberger Rostbratwürstchen kennen, dem bayrischen Bier. Und alleine die Vorstellung, dass diese Regionalangaben, wo jeder normale Verbraucher sagt, ja, die kommen aus der Region, der holländische Gouda kommt eben nicht aus Michigan, wo die großen Milchbereiche in den USA sind. Genau diese Verbrauchertäuschung, die wollen wir eben nicht, aber sie wäre natürlich für den einen oder anderen amerikanischen Produzenten hoch lukrativ und darum muss man das verhindern."
    "Im fränkischen Bockbeutel muss Frankenwein drin sein"
    Und genauso hat er das eigentlich auch gemeint, sagt der Bundesagrarminister Christian Schmidt, der seit gestern Abend ganz schnell zurückgerudert ist und seine Äußerungen relativiert hat: "Ich will sie überhaupt nicht abschaffen, das ist völliger Quatsch, ich will sie sichern und erhalten."
    Und er will die europäischen Bezeichnungen ein bisschen ehrlicher machen. Bei den TTIP Verhandlungen mit den Amerikanern müsse klargestellt werden müssen, wovon überhaupt die Rede ist. Schmidt: "Beim fränkischen Bocksbeutel muss Frankenwein drin sein und ein Parmesankäse muss ein Käse aus Italien sein. Leider gibt es nach wie vor in der EU Missbrauch. Dann ist das für die Amerikaner eine Möglichkeit, in den Verhandlungen uns Missbrauch vorzuwerfen."
    Denn so klar, wie wir Verbraucher denken, sei das System nämlich auch in Europa bei weitem nicht, sagt Verbraucherschützer Müller. Kaum jemand kenne den Unterschied zwischen geschützter geographischer Angabe, Ursprungsbezeichnung und traditioneller Spezialität. Müller: "Hinter den verschiedenen Kategorien verbergen sich auch verschiedene Dinge. Zum Beispiel bei der geschützten geographischen Angabe, den Nürnberger Rostbratwürstchen. Hier ist es so, dass nur eine der Produktionsstufen aus Nürnberg kommen muss. Also das Schweinefleisch für die Nürnberger Rostbratwürstchen dürfte schon heute aus Dänemark oder Holland kommen. Auch das finde ich, ist nicht ganz ehrlich. Da hätte die EU noch einige Hausaufgaben zu machen, dazu können wir dringend raten."
    Verschiedene Systeme zu einem besseren zusammenführen
    Es gehe also darum, die verschiedenen Systeme zu einem möglichst besseren zusammenführen, so Landwirtschaftsminister Schmidt: "Napa Valley Wein ist nicht geschützt in USA, nur die einzelne Weinmarke kann geschützt werden. Und wir wollen und sollen mit klaren Argumenten unser System der regionalen Schutzstrukturen den Amerikanern anbieten und sozusagen verkaufen, also in die Verhandlungen einbringen. Dazu muss es aber selbst stringent sein."

    Die amerikanische Methode, die Keimbelastung auf Hühnerfleisch mit Chlorverbindungen zu reduzieren oder wachstumsbeschleunigende Hormone im Fleisch, will der deutsche Agrarminister auf keinen Fall akzeptieren. Notfalls müsse es dann eben verschiedene Produkte für verschiedene Märkte geben.