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TTIP
Mühsame Verhandlungen gehen weiter

Zum elften Mal treffen sich nun die Unterhändler der USA und der EU für Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen TTIP. Gerade in Deutschland wird TTIP von vielen kritisch gesehen - die Verhandlungen machen aber auch ohne das umstrittene Thema Schiedsgerichte kaum Fortschritte.

Von Jörg Münchenberg | 19.10.2015
    Eine Demonstration gegen die Handels- und Dienstleistungsabkommen TTIP, CETA und TISA.
    TTIP ist in der Bevölkerung umstritten. (picture-alliance / dpa / Peter Endig)
    Nach einer langen Pause wird ab heute in den USA wieder verhandelt. Zum elften Mal treffen sich die Unterhändler der USA und der EU, um ihre Positionen für das geplante Freihandelsabkommen auszuloten. Ein Schwerpunkt dabei, so machte Mitte der letzten Woche EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström deutlich: die geplante Absenkung der Zölle.
    Bislang haben die Amerikaner hier deutlich weniger angeboten als die Europäer, die dennoch, so Malmström noch einmal nachlegen wollen:
    "Sie haben ein weiteres Angebot für die Zölle. Darum wird es jetzt in Miami gehen, dass wir hier einen großen Schritt vorankommen. Dann wird es um einen weiteren Abgleich bei den Dienstleistungen gehen. Das wurde in der Sommerpause vorbereitet. Und es wird eine breite Debatte über Regulierungsfragen geben. Also, die Dinge sind in Bewegung."
    Faktisch kaum Fortschritte bei TTIP
    Doch das ist eher Zweckoptimismus. Denn faktisch gab es in den zurückliegenden Jahren kaum Fortschritte bei den Verhandlungen zu TTIP, auf das vor allem die Europäer setzen. Sie erhoffen sich mehr Wachstum und damit auch neue Jobs bei einer umfassenden Liberalisierung des transatlantischen Handels:
    "Wir sind jetzt, glaube ich, soweit, dass wir die unterschiedlichen Positionen kennen. Und auch Verwaltungsabläufe kennen. Das ist ja auch nicht ganz unwichtig. Aber wir haben bislang noch keine konkreten Ergebnisse in den Verhandlungen erzielt."
    Wirtschaftsvertreter verlangen Fortschritte
    So die ernüchternde Bilanz von Bernd Lange (SPD). Die Einschätzung des Vorsitzenden des Handelsausschusses im Europäischen Parlament wird auch durch eine interne Auflistung der EU-Kommission untermauert: für zehn von insgesamt 24 Verhandlungskapiteln haben die USA noch nicht einmal ein Angebot vorgelegt. Was auch den einflussreichen Wirtschaftsverband Businesseurope umtreibt:
    "Wir sind an einem kritischen Punkt in den Verhandlungen angelangt. Die USA haben gerade das Transpazifische Abkommen geschlossen. Das wiederum steht für 40 Prozent der Weltwirtschaft. Soviel wie TTIP. Und wir wissen, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, um wenigstens eine politische Vereinbarung unter der Obama-Administration zu bekommen. Also, wir brauchen jetzt wirklich Fortschritte, die Politik muss Druck machen."
    Fordert die zuständige Businesseurope-Direktorin Luisa Santos. Doch obwohl die EU-Kommission in den letzten Monaten mehrere Anläufe unternommen hat, die Transparenz bei den Handelsgesprächen zu verbessern, ist die öffentliche Skepsis gerade in Frankreich, Österreich und Deutschland ungebrochen.
    150.000 Menschen protestierten in Berlin gegen TTIP
    Zuletzt sind rund 150.000 Menschen in Berlin gegen TTIP auf die Straße gegangen und auch Ska Keller, Abgeordnete der Grünen im Europäischen Parlament, hat die Transparenzinitiative der Kommission nicht überzeugt. Auch nicht die angekündigte Reform der umstrittenen privaten Streitschlichtungsverfahren zwischen Unternehmen und Staaten, die Malmström in Richtung eines öffentlichen Handelsgerichtshofes entwickeln will:
    "Das sind ganz gute kleine Schritte, aber es sind eben nur kleine Schritte und Reförmchen. Aber das ändert eben nichts am Grundproblem, dass Investoren hier Spezialrechte bekommen, dass sie vor Privatgerichten klagen können. Und ein bisschen mehr Transparenz und ein Berufungsgericht machen die Sache nicht besser."
    Doch das heikle Thema ist derzeit noch von den Verhandlungen ausgenommen. Das gilt auch für andere höchst sensible Kapitel wie die von den Europäern geforderte Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens in den USA sowie die Liberalisierung des Agrarhandels, die wiederum in Frankreich eher skeptisch gesehen wird. Doch Sozialdemokrat Lange bleibt dabei: Europa habe geliefert, jetzt seien die USA am Zug.
    "Dieses Mal ist Europa wirklich bereit. Wir haben Positionen von der Kommission zu allen Punkten, die weitgehend deckungsgleich sind mit der europäischen Position. Wir haben vom Parlament noch einmal die Position aus verabschiedet. Und dann ist es schon ein bisschen schwer, nachzuvollziehen, dass sich der Verhandlungspartner so gar nicht bewegt."
    Bleibt abzuwarten, ob die USA auch für die elfte Verhandlungsrunde zu TTIP an dieser Position festhalten werden.