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TU Dresden soll Stiftung werden

Für eine ordentliche Stiftung braucht man Geld, eine Menge sogar. Und die Deutschen Universitäten haben keins. Im Gegenteil: Die TU Dresden zum Beispiel muss Jahr für Jahr Stellen streichen. Trotzdem wollen die Dresdner die TU in eine Stiftung umwandeln. Der Senat soll dazu heute das vorläufige Konzept absegnen. Doch die Studierenden sind skeptisch.

Von Stefan Römermann | 11.05.2005
    Harvard, Princeton oder Stanford - von Studienbedingungen wie an amerikanischen Elite-Universitäten können die Dresdner Studenten nur träumen. Doch jetzt soll alles besser werden: Die TU, so träumt man in Dresden, könnte eine Stiftungsuniversität werden - ganz wie die großen Vorbilder in Amerika. Dort stiften oder vererben viele ehemalige Studenten ihren Universitäten riesige Geldsummen - so sehr fühlen sie sich ihrer Universität verbunden, erzählt Professor Tom Aretz von der Harvard Universität.

    "Es ist eben eine Gemeinschaft für immer. Und es ist auch ein Netzwerk, das Leute benutzen um Jobs zu finden, und die Leute, die eben eine gute Erfahrung gehabt haben, für die es auch gedient hat in ihrer Laufbahn, geben auch gerne Geld zurück."

    Ob die Ehemaligen der Dresdner Universität ähnlich spendabel sind? Der Kampf um die letzte freie Treppenstufe im überfüllten Hörsaal, und der Frust um die knappen Seminarplätze lässt die meisten Studenten wohl eher zu Einzelkämpfern werden. Studentenvertreterin Dana Frohwiese glaubt deshalb nicht an den warmen Geldsegen von ehemaligen Studenten.

    "Diese Kultur gibt es in Deutschland überhaupt nicht, dass vor allen Dingen die, die es sich leisten können, die unglaubliche Vermögen angesammelt haben, das eben nicht in erster Linie an ihre Erben weitergeben, sondern eben der Gesellschaft zurückgeben."

    Die Stiftungsuniversität ist so gesehen ein Etikettenschwindel: Schließlich finanziert sich eine Stiftung normalerweise ausschließlich aus den Zinsen des Stiftungskapitals. Doch das einzige Kapital, das die TU Dresden einbringen kann, sind ihre Hörsaale und Institutsgebäude. Geld verdienen kann man damit nicht. Das weiß auch Uni-Rektor Hermann Kokenge. Rund eine halbe Milliarde Euro kosten allein Personal und Ausstattung pro Jahr. Das soll dann auch weiterhin das Land Sachsen bezahlen, sagt der Rektor.

    "Es ist auf lange Zeit ein Zuschussbetrieb. Auf der anderen Seite: Wenn man finanziell irgendwann mal unabhängig sein will, muss man irgendwann auch mal anfangen. Das heißt: Wenn wir jetzt nicht anfangen, werden wir ein Ziel "Finanzielle Unabhängigkeit" nie erreichen. "

    Für Rektor Kokenge hat eine Stiftungsuniversität aber vor allem einen ganz entscheidenden Vorteil: Sie ist vergleichsweise unbürokratisch. Beim Bau eines neuen Hörsaals zum Beispiel ist der Behördenweg bisher reichlich lang: Wissenschaftsministerium, Finanzministerium, Landtag, Hochbauamt alle wollen mitreden. Oft zieht sich eine Entscheidung dann über Jahre hin. Die Stiftungsuniversität dagegen, könnte über die meisten Uni-Geschäfte allein entscheiden. Doch die bisherigen Experimente mit Stiftungsuniversitäten sind durchaus zwiespältig. Professor Clemens Hess hat an der Universität Göttingen inzwischen zwei Jahre Erfahrungen mit einer Stiftungsuniversität gesammelt.

    Ich glaube die Stiftung ist als Idee nicht schlecht. Die gute Idee ist die Entstaatlichung der Universitäten, mehr Selbstständigkeit für die Universitäten. Aber: Diese Selbstständigkeit muss bei den von den Wissenschaftlern gewählten Gremien liegen.

    Doch genau da liegt das Problem. Denn bei einer Stiftungsuniversität trifft der Stiftungsrat praktisch alle wichtigen Entscheidungen. Und weil das Geld immer noch vom Land kommt, hat die niedersächsische Landesregierung am Ende natürlich trotzdem das letzte Wort. Ähnliches deutet sich auch in Dresden an: Hinter vorgehaltener Hand können sich die Bildungspolitiker eine Stiftungsuniversität schon vorstellen. Aber mitreden – das wollen sie dann doch bitteschön auch weiterhin.