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Türkei
Erdogan will Anti-Terror-Gesetze nicht ändern

Nur einen Tag nach der Rücktrittsankündigung des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu geht Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auf Konfrontationskurs mit der EU. Er stellte sich gegen Änderungen der Anti-Terrorgesetze in der Türkei, wie sie die EU fordert. Dabei ist das eine Bedingung für die Einführung der EU-Visafreiheit für Türken.

06.05.2016
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan während einer Rede im Präsidentenpalast in Ankara am 4.5.2016.
    Der türkische Präsident Erdogan sieht Änderungen der Anti-Terror-Gesetze in seinem Land kritisch. (afp / Adem Altan)
    Ministerpräsident Davutoglu hatte den Flüchtlingspakt zwischen der Türkei und der EU maßgeblich vorangetrieben. Gestern kündigte er dann seinen Rückzug als Parteichef der islamisch-konservativen AKP an, wodurch er Ende Mai auch sein Amt als Regierungschef abgeben wird.
    Nur einen Tag später knöpft sich Präsident Erdogan den Flüchtlingspakt mit der EU vor. Der Staatspräsident steht der Einigung kritisch gegenüber. Er kritisierte jetzt, dass die EU darin Änderungen an den geltenden Anti-Terrorgesetzen verlange, obwohl sich die Türkei Angriffen ausgesetzt sehe. "Wir gehen unseren Weg, Du Deinen", sagte er an die EU gerichtet auf einer Veranstaltung vor Anhängern.
    Reform soll Missbrauch der Gesetze verhindern
    Mit den geforderten Änderungen will die Europäische Union sicherstellen, dass durch die Gesetze tatsächlich nur Terroristen verfolgt werden können und sie nicht zum Vorgehen gegen politische Gegner Erdogans oder unliebsame Journalisten missbraucht werden können.
    Im März hatte der Staatspräsident sogar eine Verschärfung der Regelungen gefordert - kurz nach einem Anschlag in Ankara mit mehr als 30 Toten. "Zwischen Terroristen, die Waffen und Bomben tragen, und jenen, die ihre Position, ihren Stift oder ihren Titel den Terroristen zur Verfügung stellen, damit diese an ihr Ziel gelangen, besteht überhaupt kein Unterschied", sagte er damals.
    Visafreiheit von Änderungen abhängig
    Die EU-Kommission hatte Mitte der Woche bekannt gegeben, dass sie den Mitgliedsländern empfiehlt, die Visumpflicht für türkische Bürger Ende Juni dieses Jahres aufzuheben. Der Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans, betonte allerdings, dass die Türkei bis dahin weitere Bedingungen erfüllen müsse und nannte explizit auch Reformen der Anti-Terror-Gesetze. Ohne diese Änderungen könne die Visafreiheit nicht in Kraft treten.
    Die Bundesregierung zeigte sich unbeeindruckt von Erdogans jüngsten Äußerungen: Man erwarte, dass sich die Türkei an die Vereinbarungen des Paktes halte. "Vereinbarungen werden mit Staaten und Regierungen abgeschlossen, nicht mit Einzelpersonen", sagte Außenminister Frank-Falter Steinmeier.
    Erdogan will politischen Umbau vorantreiben
    Außerdem äußerte sich Erdogan zu seinen Plänen, die Türkei zu einem Präsidialsystem umzubauen. Ein Punkt, in dem er zuletzt von Noch-Regierungschef Davutoglu gebremst worden sein soll. Erdogan kündigte ein baldiges Referendum über eine Verfassungsänderung an. Nur ein Präsidialsystem sei eine "Garantie für Stabilität und Sicherheit". Doch um ein solches Referendum ansetzen zu können, benötigt die AKP eine 60-Prozent-Mehrheit im Parlament - die hat sie aber nicht. Dazu fehlen ihr die Stimmen von 13 Abgeordneten.
    Die türkische Opposition sieht Erdogans Pläne mit Sorge. Sie wirft dem Staatschef vor, aus der Türkei eine Diktatur zu machen.
    (pr/adi)