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Turkmenistan
Frühere Sowjetrepublik strebt Gaslieferungen in die EU an

Turkmenistan gehört zu den Ländern mit den größten Gasvorkommen der Welt. Dieses würde das zentralasiatische Land gerne in die EU liefern, was aber nicht ohne Zustimmung Russlands und der Türkei geht.

Von Michael Braun | 29.08.2016
    Der turkmenische Präsident Gurbanguly Berdimuchamedow verfolgt eine Rede von US-Außenminister John Kerry. 3. November 2015 in Aschgabat.
    Er liebt weiß: Der turkmenische Präsident Gurbanguly Berdimuhamedow. (POOL)
    Die Einfuhr blauer und roter Autos hat er verboten. Deshalb fahren in der Hauptstadt Turkmenistans Aschgabat viele weiße Autos herum, in der Lieblingsfarbe des Präsidenten. In weißer Hose gibt Gurbanguly Berdimuhamedow auf seiner weißen Gitarre gerne ein Ständchen bei Festdiners und singt auch dazu.
    Eine weiße Weste hat Gurbanguly Berdimuhamedow sicher nicht. Nach dem Tod seines Vorgängers, dem er zuerst als Zahnarzt gedient hatte, kam er 2006 handstreichartig an die Macht – der rechtmäßige Nachfolger war verhaftet worden. 2012 wurde Berdimuhamedow in einer "Wahl" bestätigt. Diese wie alle anderen Wahlen vor ihr hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als weder frei noch fair eingestuft. Human Rights Watch prangert an, Dutzende Menschen seien in den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren verschwunden, es gebe willkürliche Ausreiseverbote. "Reporter ohne Grenzen" nennt Gurbanguly Berdimuhamedow einen "der weltweit schlimmsten Feinde der Presse". Was blüht, ist ein Personenkult um den Präsidenten. Goldene Reiterstatuen künden davon in der Stadt. Das passt zu seiner Art, Untergebene rumzukommandieren.
    Viertgrößte Gasreserven der Welt in Turkmenistan
    Aber Turkmenistan hat Gas. Das Land verfügt er über die viertgrößten Gasreserven der Welt. Die werden über Russland verkauft – auf eine Art, die Turkmenistan nicht gefällt. Josef Auer, Energiespezialist der Deutschen Bank, erklärt: "Russland bezahlt ja einen relativ geringen Preis und versucht dann, einen höheren Preis auf dem Weltmarkt zu erzielen. Und wenn Turkmenistan unabhängiger wird von Russland, dann kann es auch höhere Gaspreise bekommen. Und das ist natürlich auch gut für die Exporteinnahmen."
    Deshalb muss eine Bundeskanzlerin natürlich nicht mit einem Despoten dieser Art reden. Aber es gibt auch eigene Interessen. Auer sieht das so: "Es ist immer gut, Gespräche zu führen. Und in Zukunft, wenn die Energiepreise wieder höher sind, ist man vielleicht froh, dass man solche Kontakte aufgebaut hat."
    Die Deutsche Bank schätzt, dass die Preise für Öl und Gas im nächsten Jahr um 20 Prozent steigen. Vor allem weiß man in der Branche aber, dass die Gasquellen in den Niederlanden und Großbritannien immer weniger sprudeln. Und da muss auch in Deutschland Ersatz her, vor allem, um die Wohnungen zu beheizen. Ansonsten verliert Gas im deutschen Energiemix an Bedeutung, vor allem bei der Stromerzeugung.