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TV-Duell der sozialistischen Präsidentschaftskandidaten

Im Mai 2012 wählen die Franzosen einen neuen Präsidenten. Wen die Sozialisten gegen Nicolas Sarkozy ins Rennen schicken, ist nach dem Ausscheiden von Dominique Strauss Kahn noch unentschieden. In großen Fernsehdebatten kämpfen die sechs Kandidaten der Linken deshalb um die Spitzenposition.

Von Ursula Welter | 16.09.2011
    Ausstrahlung zur besten Sendezeit. Der öffentlich-rechtliche Star David Pujadas als Moderator, die Zeitung "Le Monde" als Medienpartner, Live-Stream und Debatte im Internet. Möglichst viel Öffentlichkeit sollte es geben bei diesem ersten von drei Fernsehauftritten aller sechs Kandidaten der Sozialisten. Die Kulisse in seriösem Blau, die sechs Kandidaten im Halbkreis an Stehpulten, ein siebter Platz - im übertragenen Sinne - blieb frei, dort hätte Dominique Strauss-Kahn stehen können, wenn der Frühling in der Hotelsuite anders verlaufen wäre.

    Sich voneinander unterscheiden, ohne die Partei zu spalten, auf diesem schmalen Grat wanderten alle Anwesenden, und alle hatten weniger die Mitkonkurrenten in der eigenen Partei im Blick, als den Amtsinhaber im Élysée, Nicolas Sarkozy. Besonders kämpferisch gab sich Francois Hollande, der - in Anlehnung an Obama - den Wechsel versprach, ein neues Frankreich, wenn auch der Weg nicht leicht sei.

    Für den Wechsel will Hollande spendabel sein, alle Lehrerstellen, die unter Sarkozy gestrichen wurden, wieder einführen. Hollande liegt in den Umfragen vorne, ihm fliegen die Sympathien vor allem der älteren Franzosen zu, er könne Frankreich durch finanzielle, diplomatische, selbst militärische Krisen steuern, sagen seine Anhänger.

    Umfragen aber sind nicht viel wert in Frankreich, häufig kam es anders, und so kämpft auch Martine Aubry weiter im internen Wahlkampf der Sozialisten. Sie, die von ihren Anhängern im Netz zuweilen als"Angela Merkel Frankreichs" gefeiert wird. Aubry verspricht viel, es gebe einen Weg aus der Krise, die Möglichkeit, morgen besser zu leben, sagte sie.

    Beschäftigung, Kaufkraft, Bildung, Sicherheit - ihre Prioritäten seien die aller Franzosen, sagt Aubry, die selbstsicher wirkte, anders als die zweite Frau im Bunde, Segolène Royal, die 2007 gegen Sarkozy angetreten und unterlegen war.

    Die Sätze zu lang, die Aussage nicht plakativ, Royal musste sich erst warmlaufen, brachte dann aber ihre Botschaft unter, dass sie als Kind der Mitteklasse wolle, dass sich Arbeit wieder lohne.

    Die übrigen Kandidaten gelten als Außenseiter, Manuel Valls etwa vom rechten Parteirand, der als Einziger für Haushaltssanierung plädiert und dafür, den Franzosen die Wahrheit zu sagen. Oder Arnaud Montebourg, der das größte Übel im Weltfinanzsystem sieht, und auch Jean-Michel Baylet, der für die Radikalsozialisten ins Rennen geht, und der Antworten geben will, die dem Ernst der Lage angemessen sind.

    Nicht nur Sozialisten sollen mitentscheiden, wer Nicolas Sarkozy herausfordert, im Mai nächsten Jahres. Alle Franzosen können sich mit Postanschrift und E-Mail-Adresse anmelden und am 9. und 16. Oktober ihre Stimme abgeben. Bereits nach Bekanntgabe des Verfahrens liefen die Drähte heißt, die Computer in der Parteizentrale brachen unter der Last der Anfragen zusammen. Eine Million Teilnehmer - das wäre es, was sich die Sozialistische Partei Frankreichs wünschte, um die teure Urwahl ihres Kandidaten als Erfolg feiern zu können.

    Unter den Wählern dürfte sich am Ende mancher Nichtsozialist finden, so haben die Grünen bereits angekündigt, sie würden sich ihren Kandidaten aussuchen, mit dem sie dann vielleicht im zweiten Wahlgang paktieren könnten. Zufall oder nicht, Favorit Francois Hollande hatte unlängst seinen, wie er sagte, Freunden bei den Grünen zugerufen, man werde gemeinsam kämpfen, um später gemeinsam zu regieren.