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TV-Duell zu Mays Nachfolge
Der lautere Beifall für Boris Johnson

Sowohl Boris Johnson, als auch Jeremy Hunt wollen einen baldigen Brexit, beide wollen Tory-Chef und Premierminister werden. Der Unterschied: Johnson verspricht den EU-Austritt zum 31. Oktober, Hunt will es nicht versprechen. Dieser Punkt wurde zum Streitpunkt des ersten TV-Duells der beiden Kandidaten.

Von Friedbert Meurer | 10.07.2019
Boris Johnson und Jeremy Hunt stehen sich an Rednerpulten im Fernsehstudio gegenüber.
Boris Johnson und Jeremy Hunt gaben sich im Privatsender ITV einen Schlagabtausch (ITV)
200 Zuschauer in einem Studio in der Nähe von Manchester. Bevor beide Kandidaten sich deren Fragen stellen, billigt ihnen die Moderatorin des Privatsenders ITV ein kurzes Eingangsstatement zu. Boris Johnson macht den Anfang:
"Dieses Land steht vor einer folgenschweren Entscheidung. Wir können entweder weiter den Fehler machen und die Sache vor uns herschieben. Oder wir ändern das, besinnen uns auf unsere Stärken und setzen den Brexit zum 31. Oktober um."
In allen Variationen hat Boris Johnson schon vorher versprochen, Großbritannien werde zum 31. Oktober die EU verlassen. Koste es, was es wolle. Wie er das garantieren will, ist die andere Frage.
Jeremy Hunt, der Außenminister, schaltet auf Angriff: Würde Boris Johnson denn bereit sein zurückzutreten, wenn Großbritannien am 31. Oktober doch nicht die EU verlässt?
Johnson wirkt über die Frage überrascht, weicht aus. Hunt besteht auf einer Antwort. Nach einigem Zögern hat Boris Johnson die Antwort parat: Eine Rücktrittsdrohung würde doch nur die EU ermuntern, hart zu bleiben. Es ist ein wenig wie beim Boxkampf und jetzt attackiert Boris Johnson. Wann denn er, Hunt, den Austritt aus der EU, erwarte, vielleicht an Weihnachten?
"Sagen, was die Leute hören sollen, nicht was sie hören wollen"
Jeremy Hunt will sich als der sachliche und ehrlichere der beiden Kandidaten präsentieren und kann deswegen den 31. Oktober nicht definitiv versprechen. Das macht ihn angreifbar.
Die Moderatorin fragt jetzt beide: Wer vertraut darauf, dass Großbritannien am 31. Oktober wirklich die EU verlässt? Johnson und Hunt heben beide sofort die Hand.
Johnson macht sich wieder über Hunt lustig und lobt spöttisch dessen Kampfgeist. Hunt kontert: "Als Premierminister muss man den Leuten sagen, was sie hören sollen, nicht was sie hören wollen."
Vermutlich nutzt der Appell Jeremy Hunts wenig. Das Studiopublik stellt zwar kritische Fragen zu einem möglichen "no deal", also dass Großbritannien ohne Vertrag aus der EU ausscheidet. Aber Boris Johnson erhält den lauteren Beifall. Welche Eigenschaften er an Jeremy Hunt bewundert, lautet zum Schluss eine persönliche Frage.
Boris Johnson stottert, was bei ihm aber oft bedeutet, er bereitet genüsslich seine Pointe vor. "Ich bewundere seine Fähigkeit, seine Meinung zu ändern. Jetzt wirbt er für den Brexit, das ist sehr gut."
Hunt war früher für den Verbleib in der EU, das ist allgemein bekannt. Aber auch er kontert noch einmal und warnt indirekt: Letztlich lasse Boris Johnson doch alle im Unklaren, was er wirklich im Schilde führt. "Sie fragen ihn etwas, er bringt Sie zum Lachen und Sie vergessen Ihre Frage. Das ist eine brillante Eigenschaft für einen Politiker, aber vielleicht nicht für einen Premierminister."