TV-Interview mit Meghan und HarryMehr Hollywood als Windsor
Meghan sei die Traumbesetzung für eine neue Prinzessin der Herzen, kommentiert Christine Heuer das TV-Interview von Prinz Harry und Herzogin Meghan. Das Interview sei aber mehr als eine öffentliche Klage über die Zustände im Königshaus. Beide wollten Geld als Influencer verdienen. Dafür bräuchten sie Reichweite.
Hören Sie unsere Beiträge in der Dlf Audiothek- Prinz Harry von Großbritannien und seine Ehefrau Herzogin Meghan während eines Interviews mit der US-Moderatorin Oprah Winfrey. (picture alliance / Photoshot | -)
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Wie war das noch bei Tolstoi? Alle glücklichen Familien gleichen einander. Jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich. Wie wahr. Das Unglück der Windsors besteht darin, dass wer nicht ganz genau hineinpasst, verloren ist – wie Prinzessin Diana, oder verloren geht – wie Herzogin Meghan. Und mit ihr Prinz Harry.
(Harpo Productions/AP/Joe Pugliese)Harry, Meghan und die Medien - Morddrohungen und Millionendeals Die rassistische und aggressive Berichterstattung der Boulevardpresse sei einer der Gründe für den Umzug des royalen Ehepaars in die USA gewesen, so Harry und Meghan im Interview bei Oprah. Statt Medienthema wollen die beiden in Zukunft Medienmachende sein - mit Verträgen bei Spotify und Netflix.
Nicht erst seit "The Crown" wissen wir, dass die englischen Royals der Krone dienen und nicht umgekehrt. Wer mitmacht, lebt ein privilegiertes Leben. Wer ausbüchst, kann nicht mit Gnade rechnen. Das mag unmenschlich sein, aber die königliche Familie ist eben mehr als nur das: Sie ist auch eine Firma.
Hier die gute Seele, da die böse Verwandtschaft
Herzogin Meghan, die vielleicht, vielleicht auch nicht wusste, worauf sie sich einließ, benutzt das Wort gern, um die emotionale Kälte ihrer angeheirateten Angehörigen zu brandmarken. Hier die gute Seele, da die böse Verwandtschaft. Meghan ist die Traumbesetzung für eine neue Prinzessin der Herzen, in der Nachfolge von Diana. Genau wie die früh verstorbene Schwiegermutter ist sie damit im Königshaus gescheitert.
Nun also, auch das nach Dianas Vorbild, ein großes Interview ohne Tabus. Es hält, was CBS in einer perfekten Werbekampagne versprochen hat: Schockierende Enthüllungen. Die schockierendste: Dass in der Familie erörtert wurde, wie schwarz das Kind, das Meghan erwartete, wohl sein würde. Das ist schlimm. Noch schlimmer ist, dass dieselben Leute es offenbar völlig in Ordnung finden, wenn mit Prinz Andrew einer der Ihren im Verdacht steht, Mädchen im Teenager-Alter sexuell missbraucht zu haben. Und sich einem Verhör mit den Ermittlern einfach verweigert.
Aufmerksamkeitsmaschine für die Marke Sussex
Allerdings ist das Interview mehr als die öffentliche Klage über inhumane Zustände in einer nach außen abgeschotteten Institution. Es ist eine Aufmerksamkeitsmaschine für die Marke Sussex. Mehr Hollywood als Windsor. Mehr Meghan als Harry. Wieder eine Firma, diesmal aber die eigene. Die beiden wollen ihr Geld als Influencer verdienen. Dafür brauchen sie Reichweite. Und wer hätte mehr von diesem kostbaren Gut zu bieten als die Königin des US-Talks?
Während Martin Bashir Prinzessin Diana vor 25 Jahren noch ins öffentliche Gespräch über intimste Details hineinmanipulieren musste, hat die Herzogin von Sussex den Kontakt zu Oprah Winfrey aktiv gesucht. Anders als Bashir stellte Winfrey ihren Gästen keine einzige kritische Frage zu deren Verhalten. Die Interviewerin verdient mit dem Gespräch Millionen. Es ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Unglück in der Familie ist schrecklich. Manche können aber auch davon leben. Und nicht mal schlecht.
Christine Heuer (Deutschlandradio / Bettina Fürst-Fastré) Christine Heuer, geboren 1967 in Bonn, studierte Germanistik, Philosophie, Geschichte und Anglistik. Sie war für den Deutschlandfunk freie Korrespondenten im Bonner und Berliner Hauptstadtstudio, Landeskorrespondentin in Nordrhein-Westfalen und in der Kölner Chefredaktion Chefin vom Dienst. Heuer war zuletzt Redakteurin in der Abteilung Aktuelles und moderierte viele Jahre lang die Sendung "Informationen am Morgen" im Deutschlandfunk. Seit 2020 berichtet sie als Korrespondentin aus Großbritannien und Irland.