Donnerstag, 18. April 2024

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TV-Quoten
Heißt Einschalten auch Zugucken?

Derzeit können die Zuschauerzahlen im deutschen Fernsehen wegen technischer Probleme nicht gemessen werden. Doch wie sinnvoll ist die Erhebung überhaupt? Das größte Problem sei, dass nur gemessen werde, ob ein Programm eingeschaltet sei - nicht ob der Inhalt bei den Zuschauenden ankomme, sagte der Medienwissenschaftler Christian Richter im Dlf.

Christian Richter im Gespräch mit Brigitte Baetz | 16.01.2018
    Ein Mann liegt auf einem Sofa und zeigt mit einer Fernbedienung auf einen Fernseher, der an der Wand angebracht ist
    Die Fernsehquote ist vor allem für die privaten Sender eine wichtige Währung (imago / Westend61)
    Derzeit können die Zuschauerzahlen im deutschen Fernsehen nicht gemessen werden, weil der Mess-Dienstleister GfK technische Probleme mit seinen Messgeräten hat. Noch bis mindestens Freitag gibt es laut GfK keine Quotenzahlen.
    Normalerweise würden die TV-Einschaltquoten mit einer Panelmethode erhoben, sagte der Medienwissenschaftler Christian Richter im Dlf. Dafür seien 5.000 repräsentative Haushalte mit zusätzlichen Geräten versorgt worden, die an die Fersehgeräte angeschlossen seien und registrierten, was dort geschaut werde. Diese Daten würden an die GfK-Zentrale übermittelt, die die Quote auf alle Fernsehhaushalte hochrechne.
    Kritik an der Messmethode
    An dieser Methode gebe es allerdings einige Kritikpunkte: Unter anderem stelle sich die Frage, ob 5.000 Fernseh-Haushalte repräsentativ für 32 Millionen seien oder wie die Auswahl der Haushalte ablaufe. Auch die Messgenauigkeit "an den Rändern" könne problematisch sein. "Wenn wir im Spartenkanalbereich gucken und dort eben Reichweiten von wenigen 1.000 Menschen ausgewiesen werden - was dann wirklich nur ein oder zwei Menschen in der Messung ausmachen würde - wie repräsentativ kann das sein?", sagte Richter.
    Darüber hinaus habe die Stelle, die für technische Umsetzung der Messung zuständig sei, in der Vergangenheit immer wieder zugeben müssen, dass es bei der Erfassung von Zweitgeräten in Haushalten Probleme gegeben habe. Und auch beim Messen der Nutzung von Pay-TV-Angeboten, beim Public Viewing und beim Fernsehen in Bars und Kneipen habe die Messung einen "blinden Fleck".
    Das größte Problem des Systems aber sei, dass nur gemessen werde, ob ein Programm eingeschaltet sei oder nicht - nicht ob der Inhalt tatsächlich bei den Zuschauenden ankomme. Sprich: Auch der vor dem Fernseher Eingeschlafene werde als "voller Zuschauer" registriert. Hier werde etwas als "Zustimmung" gewertet, obwohl man ein Programm gar nicht verfolge.
    Keine validen Zahlen zum Streaming
    Eine weitere Schwierigkeit stelle die Abbildung kommerzieller Streamingdienste dar: Hier gebe es gar keine Zahlen und Messungen. Und auch die Erhebung der Zugriffe bei den Mediatheken der Fernsehsender bereite Probleme. Hier könne man zwar die Klickzahlen abrufen. Das Problem sei aber, dass dann die soziodemografischen Zahlen fehlen würden. Zudem könne man nicht ablesen, wie lange etwas angeschaut werde.
    Aber auch eine Verbesserung des Messsystems wäre schwierig umzusetzen, meint Richter. Denn das würde die Technik-Stelle vor große Probleme stellen: Mehr Probanden zu erheben, würde auch mehr technische Eingriffe in die privaten Haushalte bedeuten, die einer Erhebung zustimmen müssten. Darüber hinaus spielten auch die Kosten eine Rolle.