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TV-Tandem
Atomkraft im Doppelpack

Ein Thema, zwei Filme: Arte und der SWR widmen sich in einer deutsch-französischen Tandemproduktion dem Thema Atomkraft. Entstanden sind dabei der Thriller "Tag der Wahrheit" und die Komödie "Das gespaltene Dorf". Sie zeigen, wie groß beim Umgang mit der Atomenergie die Unterschiede zwischen beiden Ländern immer noch sind.

Von Susanne Luerweg | 08.01.2015
    "Tag der Wahrheit"
    Ein Atomkraftwerk an der deutsch-französischen Grenze. Ein Mann bringt es in seine Gewalt. Ohne viele Worte übernimmt er die Macht in der Schaltzentrale.
    Schon in den ersten Minuten des Films "Tag der Wahrheit" wechseln die Protagonisten mühelos von einer Sprache in die nächste. Die Akteure sprechen wahlweise deutsch oder französisch. Die französischen Passagen werden untertitelt. Allein für diesen Mut zum Originalton muss man den Film schon lieben. Und spannend ist die Geschichte ohnehin.
    "Bei einem Angriff, welcher Art auch immer werde ich den Reaktor ebenfalls zerstören, dafür brauche ich nur eine Sekunde. Haben Sie mich verstanden?"
    Florian Lukas mimt den Mann der zu allem bereit ist, von der ersten bis zur letzten Sekunde grandios. Immer wieder zeigt die Kamera ihn in Großaufnahme, manchmal gefrieren die Gesichtszüge förmlich, hin und wieder fast bis zum Standbild in schwarz weiß. Nach und nach erschließen sich seine Beweggründe.
    "Es geht einzig und allein um die Verlogenheit. Heute ist der Tag der Wahrheit.
    Wie viele Leukämiefälle haben Sie vertuscht? Abgesehen von dem von Zoe Kollwein?"
    Der Film erzählt nichts Neues, aber er macht die Gefahren der Atomkraft auf nachvollziehbare Weise deutlich. Ebenso die Spannung, die Probleme bei der deutsch-französischen Ermittlungsarbeit und den Zynismus im Geschäft mit der Energie.
    So passt es auch bestens, dass der weitgehend aus deutscher Feder stammende Thriller mit einem furiosen Showdown endet.
    "Wir haben einen INES-7-Vorfall. - Alle raus! - Verlassen sie das Gebäude. On y va! Marie, wir müssen gehen."
    "Das gespaltene Dorf"
    Stimmungswechsel dann in der hauptsächlich von Franzosen produzierten Komödie "Das gespaltene Dorf": Marie, die energische Staatsanwältin wird von Vicky Krieps dargestellt. Sie, wie auch ihr französischer Kollege, der Comédie-Française-Schauspieler Laurent Stocker spielen in beiden Filmen mit. Das war eine der Vorgaben von Arte und SWR. Während Vicky Krieps als Staatsanwältin in "Tag der Wahrheit" glänzen kann, muss sie in "Das gespaltene Dorf" als Geologin seltsam dümmliche Sätze sagen. Ähnlich ist es, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, bei Laurent Stocker. In "Tag der Wahrheit" mimt er eine Art Sicherheitsrambo, in der Komödie darf er dann sein Können in seiner Rolle als Bergbauingenieur aus Paris entfalten.
    "Wie lange bleiben Sie hier? - Zwei Wochen? - Haben Sie eine Depression?"
    In diesem Ton geht es in "Das gespaltene Dorf" heiter weiter. Und es wird tief in die Klischeekiste gepackt. Die deutsche Bürgermeisterin des Dorfes ist die personifizierte Ökotante, die abends mit ihrer besten Freundin einen Joint raucht und neben ihren Amtsgeschäften einen Biobauernhof managt.
    "Oh la la, ich muss gehen. Eine meiner Kühe kalbt nämlich gerade. Aber wir sehen uns morgen um neun Uhr."
    Der von Laurent Stocker gespielte Ingenieur will so gar nicht in das idyllische Dorf passen, doch er macht brav beim Country-Abend mit und nutzt die Gelegenheit in großer Runde, sein Anliegen, ein atomares Endlager zu errichten, zu erläutern.
    "Wir wissen was wir tun. Ja, ja, in Deutschland wussten die das auch. als sie die Minen von Asse angelegt haben. Zehn Jahre später droht alles einzustürzen."
    Katja Riemann verkörpert die deutsche Bürgermeisterin des französischen Dorfes. Und sie macht ihre Sache gut, ist deutsch beflissen und organisiert sogar eine Demo.
    "Das gespaltene Dorf" mutet streckenweise fast märchenhaft an, beispielsweise wenn die Bürgermeisterin durch die wunderschönen Wälder läuft und einem Wolf begegnet. Dennoch macht die Komödie genauso viel Spaß wie der Thriller "Tag der Wahrheit." Ein paar weniger Stereotype hätten beiden Filmen gut getan , die Idee, zwei Protagonisten doppelt auftauchen zu lassen, ist überflüssig, aber ansonsten wirkt das Arte-Tandemprojekt wie eine Idee, die man durchaus fortsetzten sollte.
    Dass am Ende dabei zwei Filmgenres entstehen, zeigt die Unterschiede zwischen deutschem und französischem Fernsehen. Auch wenn die beiden Länder filmisch weit voneinander entfernt sind, faktisch sind sie es nicht. Und wie heißt es doch so schön in "Das gespaltene Dorf".
    "Alles ist auf vergänglich auf dieser Welt. .- Nein, die nuklearen Abfälle vergehen nicht."
    Als ersten Teil der Tandem-Produktion zeigt arte den Thriller "Tag der Wahrheit" am 8. Januar um 20:15 Uhr und einen Tag später zur gleichen Zeit die Komödie "Das gespaltene Dorf". Die ARD sendet "Tag der Wahrheit nächste Woche Mittwoch, am 14. Januar um 20:15 Uhr und eine Woche später, am 21. Januar, zur gleichen Zeit "Das gespaltene Dorf".