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Über den Tellerrand hinaus

Eine Karriere im Ausland: Für viele junge Wissenschaftler eine reizvolle Option. In der Forschung sind internationale Erfahrungen besonders wichtig. Im Rahmen der "Open Days" der Europäischen Union stellt deshalb das Fraunhofer Institut in Magdeburg seine Projekte vor. Ein Stipendien-Programm fördert Nachwuchswissenschaftler aus Italien, Jordanien, Griechenland oder den USA.

Von Annette Schneider-Solis | 12.10.2006
    Seit zwei Wochen arbeitet Charrikkleia Sempetzoglou in Magdeburg am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung. Die Griechin will nach dem Studium erst einmal Auslandserfahrungen sammeln.

    "Ich habe Computer- und Elektroingenieur studiert, und ich beschäftige mich mit Informatik zusammen mit Logistik. Am Anfang will ich im Ausland arbeiten, und ich habe Deutschland gewählt. Es gefällt mir die Lebensweise und die Denkweise."

    Charrikkleia Sempetzoglou hat ein Marie-Curie-Stipendium erhalten. Über das Mobilitäts- und Nachwuchswissenschaftlerprogramm der Europäischen Union können junge Forscher Auslandserfahrungen sammeln; Wissenschaftseinrichtungen erhalten Geld für internationale Projekte. Ein solches gibt es seit Dezember am "Virtuellen Development and Training Center", kurz VDTC, am Fraunhofer-Institut Magdeburg, erklärt Katrin Reschwamm:

    "Bei uns läuft eben seit Dezember das "Marie-Curie-Projekt Research Training at VDTC." Das Projekt läuft über vier Jahre, und wir bieten den Forschern die Möglichkeit, zwischen einem Jahr und drei Jahren an unserem Institut zu lernen, zu arbeiten, eventuell noch einen Abschluss zu machen. Das ist abhängig vom Hintergrund des Bewerbers."

    Nachwuchswissenschaftler aus Italien, Portugal, Jordanien, den USA, Griechenland, Ungarn und Polen arbeiten in diesem Projekt. Einer von ihnen ist Bartlomeij Arendarski. Der Pole erarbeitet seit April virtuelle Technologien für die Anwendung in der Industrie.

    "Es gab zwei Gründe, nach Deutschland zu kommen. Das eine ist, dass es nicht so weit weg ist und dass ich auch gerne Deutsch lernen würde. Der andere Grund ist für die Fraunhofer-Gesellschaft zu arbeiten, die zu den größten Forschungsinstitutionen in Europa gehört."

    Ihre eigenen internationalen Erfahrungen möchte Katrin Reschwamm nicht missen. Die Diplom-Betriebswirtin studierte auch in Großbritannien und absolvierte danach Praktika in Großbritannien und der Schweiz. Heute organisiert sie für das Fraunhofer-Institut internationale Projekte und führt die auch durch.

    "In der Regel bewegen sich die Forschungsprojekte in einer Größenordnung von sechs bis zehn Partnern bei kleineren, größere können auch mal 30 bis 40 Partner haben. Das deckt von Israel bis Island, von Irland bis Malta, Litauen alles ab."

    International ist auch die Arbeit von Tobias Reggelin. Die Logistik ist sein Fachgebiet. In Indien und China, Tailand und Russland, in Mexico und Österreich hat er seine Planspiele bereits vorgestellt. Dass er zuvor in den USA studiert und ein Praktikum in Tailand absolviert hat, kommt ihm jetzt zugute.

    "Es ist schon sehr spannend, weil man auch lernt, über den Tellerrand zu sehen. Meinen Lebensmittelpunkt möchte ich schon in Deutschland behalten, aber es ist durchaus immer interessant, mal für ein halbes Jahr, ein paar Wochen im Ausland zu arbeiten."

    Wo die Karrierechancen besser sind? Im In- oder Ausland? Schwer zu sagen, überlegt Tobias Reggelin. Je nachdem, in welchem Bereich man tätig ist. Der Diplom-Wirtschaftsingenieur sieht in Deutschland inzwischen ein recht gutes Umfeld für junge Wissenschaftler, auch und gerade durch die Exzellenzinitiative der Bundesregierung:

    "Ich denke mal schon, die Forschung und Wissenschaft in Deutschland zu fördern, ist ein richtiger Weg. Ob jetzt die einzelnen Instrumente immer die richtigen sind, sei dahingestellt. Aber der Weg, die Wissenschaft zu stärken, ist ein richtiger Weg."

    Die beiden ausländischen Wissenschaftler indes haben von der Exzellenzinitiative noch nichts gehört. Doch Exzellenzinitiative hin oder her. Vom Ausland aus betrachtet, hat der Wissenschaftsstandort Deutschland auch so ein gutes Image. Bartlomeij Arendarski:

    "Weil es eine der bestausgestatteten Forschungslandschaften der Welt ist. Es gibt natürlich auch noch China, Japan und die Staaten, aber ich wollte lieber nach Deutschland kommen."

    Charrikkleia Sempetzoglou:

    "Deutschland ist ein attraktiver Ort für Wissenschaft, und ich glaube, dass viele griechische Studenten nach Deutschland kommen."