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Überlegungen zur US-Wahlverschiebung
Obama warnt vor Gefährdung der Demokratie

Donald Trumps Überlegungen zu einer Verschiebung der Präsidentschaftswahl im November stoßen in den USA auf viel Widerstand - auch in den Reihen der Republikaner. Nun hat sich auch Ex-Präsident Barack Obama indirekt zu diesem Vorschlag geäußert - und warnt vor einer Gefährdung der Demokratie.

Von Thilo Kößler | 31.07.2020
Ex-Präsident Barack Obama spricht bei der Trauerfeier von John Lewis
Ex-Präsident Barack Obama spricht bei der Trauerfeier des Bürgerrechtlers und Politikers John Lewis (dpa/ picture alliance/ZUMA Wire)
Am Morgen hatte der Präsident noch getwittert: Die Wahl 2020 werde zu einem gigantischen Betrug führen. Vielleicht sei es deshalb besser, die Wahl zu verschieben. Am Abend behauptete Trump, er wolle gar keine Verschiebung der Präsidentschaftswahl – er wolle nur nicht monatelang auf das Wahlergebnis warten, um dann festzustellen zu müssen, dass die Wahl null und nichtig gewesen sei.
Trump warnt vor Wahlbetrug
Donald Trump bleibt bei seiner Kampagne gegen die Briefwahl – er befürchtet ganz offensichtlich, dass das Mittel der Briefwahl in Corona-Zeiten zu einer größeren Wahlbeteiligung führen würde und ihm schaden könnte. Deshalb behauptet er steif und fest, Briefwahl führe zu einem riesigen Wahlbetrug.
Experten weisen seit Beginn dieser Kampagne Donald Trumps darauf hin, dass es für diese These keinerlei Beweise, noch nicht einmal Belege gibt. Für gehäuften oder sogar organisierten und inszenierten Wahlbetrug durch Briefwahl gebe es keinerlei Hinweise. Auch Trump führt keine Belege an – nur die Behauptung: Kluge Leute wüssten, dass es Wahlbetrug gebe, nur Dumme nicht.
Für seinen Vorstoß, die Wahlen zu verschieben, hatte Donald Trump herbe Kritik einstecken müssen – und zwar nicht nur von Demokraten, sondern auch von vielen republikanischen Parteifreunden. "Keine gute Idee", befand Senator Lindsey Graham. "Der Wahltermin ist in Stein gemeißelt", erklärte der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell. Tatsächlich ist der Wahltermin – der Dienstag nach dem ersten Monat im November – ebenso in der Verfassung festgeschrieben, wie das Ende der Amtszeit eines Präsidenten: Der 20. Januar, der Tag der Inauguration des Nachfolgers, mittags um 12.00 Uhr. Daran kann kein Präsident rütteln, auch Donald Trump nicht. Angesichts der dramatischen Auswüchse der Corona-Krise und des jetzt amtlich bestätigten Konjunktureinbruchs befürchte der Präsident eine Wahlniederlage, lautet die gängige Erklärung für Trumps jüngste Volten.
US-Wahl 2020
Alle Beiträge zur Präsidentschaftswahl in den USA (dpa/Daniel Bockwoldt)
Kritik von Barack Obama
Trump wolle mit seiner These vom Wahlbetrug für den Fall einer Niederlage vorbauen. Die Befürchtung wird immer lauter, dass der Präsident versucht sein könnte, Zweifel am Wahlsystem zu schüren und damit Chaos und Gewalt zu provozieren. Ohne den Namen Donald Trumps auch nur ein einziges Mal zu erwähnen, drehte sein Vorgänger Barack Obama bei der Trauerfeier für den Bürgerrechtler John Lewis den Spieß herum: Unter Trump werde das gleiche Wahlrecht für alle zunehmend unterlaufen. Sie lassen nichts unversucht, um die Leute von der Wahl abzuhalten, sagte Obama.
Obama zählte die Methoden auf: Immer mehr Wahllokale würden geschlossen, um Afroamerikaner und andere Minderheiten davon abzuhalten, zur Wahl zu gehen; es gebe immer restriktivere Wahlauflagen; das Wahlrecht werde mit chirurgischer Präzision angegriffen, so Obama wörtlich, indem jetzt sogar die Post im Streit um die Einschränkung der Briefwahl angegriffen werde. Barack Obama, der sich erst seit einigen Tagen im Wahlkampf für Joe Biden engagiert, schrieb Donald Trump ins Stammbuch: Wahrer Mut zeige sich nicht darin, Hass zu säen und die Gesellschaft zu spalten. Sondern darin, Liebe und Wahrheit zu verbreiten.