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Überschüsse im Bundeshaushalt
Rehberg: Zuerst das Elterngeld finanzieren

Bevor über neue Ausgaben nachgedacht werde, sollten mit Haushaltsüberschüssen und den Mitteln des gestrichenen Betreuungsgelds erst einmal bestehende Leistungen wie etwa das Elterngeld ausfinanziert werden, sagte der CDU-Politiker Eckhardt Rehberg im Deutschlandfunk. Gerade hier habe es seit 2010 immer überplanmäßige Ausgaben gegeben.

Eckhardt Rehberg im Gespräch mit Peter Kapern | 03.09.2015
    Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der CDU
    Eckhardt Rehberg (CDU), haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag (imago / Metodi Popow)
    Peter Kapern: Sie kennen doch bestimmt diese Geschichten über Lottogewinner, die Millionen und Abermillionen abgesahnt haben und dann mit dem flammneuen Ferrari doch nur in ein unglückliches Leben fahren. Diese Geschichten sollten der Bundesregierung eine Mahnung sein. Auch über ihr scheint ja derzeit jemand das Füllhorn auszuschütten: Erst streicht das Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld, wodurch Wolfgang Schäuble eine knappe Milliarde einspart, und dann gibt es Berichte über einen Haushaltsüberschuss in Milliardenhöhe. Aber wie wir wissen: So viel Wohlstand kann eine Beziehung belasten oder gar zerrütten. Und siehe da: Die eine Milliarde vom Betreuungsgeld, die will Wolfgang Schäuble gern im allgemeinen Haushalt versickern lassen, während Familienministerin Manuela Schwesig die Gießkanne der Familienpolitik auffüllen möchte. - Bei uns am Telefon Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag. Guten Morgen, Herr Rehberg.
    Eckhardt Rehberg: Schönen guten Morgen.
    Kapern: Über 2.000 Milliarden Euro Schulden und die Regierung streitet darüber, wofür sie Geld ausgeben soll, das noch nicht verplant ist. Was hält ein Haushaltspolitiker davon?
    Erst zustehende Leistungen finanzieren
    Rehberg: …, dass man zuerst mal, was den Etat der Familienministerin betrifft, das ausfinanzieren sollte, was im Etat steht, und da gab es in den letzten Jahren seit 2010 immer wieder sogenannte überplanmäßige Ausgaben für das Elterngeld, weil das sehr deutlich angestiegen ist. Und deswegen ist der Vorwurf der Familienministerin auch nicht zutreffend, der Bundesfinanzminister spare auf Kosten von Eltern und Kindern. Ganz im Gegenteil: Das ist aus dem Gesamthaushalt finanziert worden. Deswegen müssen wir jetzt mal spitz nachrechnen, was kostet uns das Elterngeld zusätzlich, eine wichtige familienpolitische Leistung. Wir haben deutlich steigende Einkommen, wir haben neue gesetzliche Regelungen, Partnerbonus, 24 plus Zweimonatsregelung für Väter, das wird deutlich mehr gerade von gut verdienenden Vätern in Anspruch genommen, und nach unseren Berechnungen in den nächsten drei Jahren haben wir dort Mehrausgaben, die nicht etatisiert sind, von rund 1,2 Milliarden. Und deswegen: Ehe ich darüber rede, neue Leistungen aus dem Familienetat vorzunehmen, muss ich erst mal das ausfinanzieren, was dort enthalten ist.
    Kapern: Nun ist es aber doch so, dass den Eltern eigentlich dieses Betreuungsgeld längst zugesagt war, beziehungsweise dieses Betreuungsgeld ja an diejenigen, die es haben wollten, auch schon ausgezahlt worden ist. Die Botschaft dessen, was Sie da jetzt vorschlagen, wäre doch: Wir finanzieren das Elterngeld, indem wir an anderer Stelle familienpolitische Leistungen dann einkassieren.
    Zuständigkeiten müssen geklärt sein
    Rehberg: Nein, das ist überhaupt nicht meine Botschaft. Und dazu kommt noch mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Betreuungsgeld: Wer ist für was zuständig? Ist der Bund wirklich zuständig für Kinderkrippen, für Kindergärten? Der Bund ist zuständig für das Elterngeld und das müssen wir ausfinanzieren, und Frau Schwesig ist gehalten, erst mal das auszufinanzieren, was in ihrem Etat steht, und das Elterngeld ist aktuell bei 5,8 Milliarden Euro, wird deutlich steigen, und ehe ich eine Debatte führe, was mit dem Betreuungsgeld … - und übrigens: Da wird im kommenden Jahr nicht sehr viel übrig sein, weil ich noch mal abfinanzieren muss die, die heute Anspruch haben; auch im Jahr 2017 steht die komplette Milliarde nicht zur Verfügung -, sondern sich erst mal Gedanken zu machen, wie finanziere ich das aus. Und wenn Frau Schwesig Herrn Schäuble vorwirft, er spare bei Eltern und Kindern, dann muss man ihr entgegenhalten, dass ihr Etat von sechs Milliarden in 2014 auf über neun Milliarden in drei Jahren ansteigt. Dieser Vorwurf von Frau Schwesig an Herrn Schäuble trägt überhaupt nicht.
    Kapern: Das heißt, wenn Wolfgang Schäuble zu Ihnen kommt und um Zustimmung bittet für den Plan, das Betreuungsgeld dann einfach im Haushalt versickern zu lassen, dann bekommt er dafür Ihre Zustimmung?
    Rehberg: Das ist ja nicht im Haushalt versickern zu lassen, sondern das ist ein Ansatz, das aufwachsende Elterngeld auszufinanzieren mit dem Geld, was eingeplant worden ist.
    Kapern: Nun berichten wir ja eigentlich rund um die Uhr über die zahlreichen Flüchtlinge, die in diesen Monaten nach Deutschland kommen. 800.000 insgesamt sollen es in diesem Jahr sein. Viele davon haben Kinder dabei. Wenn man in einer solchen Situation nicht dringend zusätzliche Kita-Plätze braucht, in welcher dann?
    Beim Thema Flüchtlinge geht es um Milliarden
    Rehberg: Wir werden das, was das Thema Flüchtlinge betrifft, erst mal dafür sorgen müssen, dass wir strukturelle Lösungen haben, und dann werden wir uns über finanzielle Leistungen des Bundes unterhalten. Und wenn Sie in Ihrem Beitrag die Überschüsse des Staates ansprachen, dann hat der Bund mehr Steuereinnahmen, aber auch Länder und Kommunen deutlich mehr Steuereinnahmen als in den letzten Jahren. Hier stehen wir in einer Gesamtverantwortung und dieser Verantwortung gerade für Kinder von Flüchtlingen werden wir uns stellen.
    Kapern: Heißt das, dass das Geld aus dem Betreuungsgeld dann möglicherweise doch für den Bau von Kitas verwendet werden kann?
    Rehberg: Also, wenn wir über das Thema Flüchtlinge insgesamt reden, dann reden wir über Milliarden und nicht über eine Milliarde.
    Kapern: Und das bedeutet?
    Rehberg: Das bedeutet ganz einfach, dass wir aus dem Gesamtetat ohne Infrastruktur, Forschung, Bildung und andere Leistungen der Bundesrepublik an die Bürger, auch Steuerentlastungen - wir haben ein Steuerentlastungspaket aufgelegt von sechs Milliarden -, Stichwort Erhöhung Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kalte Progression, von rund sechs Milliarden, das müssen wir alles im Zusammenhang betrachten. Und eins steht ganz, ganz oben drüber: Wir dürfen in Deutschland keine neuen Schulden machen.
    Kapern: … sagt Eckhardt Rehberg, der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag. Herr Rehberg, danke, dass Sie heute Morgen Zeit für uns hatten. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und sage auf Wiederhören.
    Rehberg: Gleichfalls!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.