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Uganda
Umstrittene Social-Media-Steuer

Seit einem Jahr wird in Uganda eine Steuer auf die Nutzung von Social-Media-Diensten erhoben. Die Regierung rechtfertigt das mit dem Argument, dass Internetgiganten im Land keine Steuern zahlen. Menschenrechtsaktivisten sehen darin jedoch eine gezielte Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Von Simone Schlindwein | 20.07.2019
Proteste in Uganda gegen die Soziale-Medien-Steuer im Juli 2018
Proteste in Uganda gegen die Social Media-Steuer im Juli 2018 (Simone Schlindwein/Deutschlandfunk)
Abdulhakim Kawenja ist Taxifahrer in Uganda und bietet seine Dienste über den online-Dienst Uber an. Über die App buchen seine Kunden eine Fahrt – dafür muss er ständig online sein. Doch seit einem Jahr ist das gar nicht mehr so einfach. Denn im Juli 2018 hat Ugandas Regierung eine Steuer eingeführt: auf die Nutzung von Whatsapp, Facebook, twitter – aber auch von Taxi-Anwendungen oder Dating-Plattformen. Sie heißt OTT-Tax, bzw im Volksmund: Soziale Medien Steuer. Kawenja weigert sich, diese zu bezahlen.
"Nein, ich bezahle keine OTT-Steuer. Ich bin einer von vielen, die das boykottieren. Ich finde diese Steuer nicht fair. Denn jedes Megabit an Daten ist ohnehin schon sehr teuer. Es gibt Leute in Uganda, die können sich diese Steuer gar nicht leisten. Andere, wie ich, boykottieren sie aus Prinzip. Ich zahle ja schon meine anderen Steuern – damit habe ich kein Problem. Doch wenn ich für 1000 Schillinge 50 Megabits kaufe und dann auch noch 200 Schilling Steuer zahlen muss, dann ist das für viele nicht einfach."
Nutzer umgehen die Steuer
Die Steuer war von Anfang an umstritten. 200 Schilling pro Tag – davon kann man ein Kilo Maismehl kaufen. Die Mehrheit der Ugander hat pro Tag nur knapp einen Dollar zum Leben, umgerechnet 4000 Schillinge. Viele Nutzer haben sich wie Kawenja Wege gesucht, die Steuer zu umgehen.
"Ich nutze VPN. Mit dieser Anwendung kann ich aussuchen, welches Land ich als Standort angebe. Einige Länder erlauben keinen freien Zugang zu Sozialen Medien, andere schon. Damit kann ich dann die Restriktionen umgehen. Der Nachteil ist nur: Die Anwendung braucht mehr Batterie und Datenvolumen und ist manchmal langsam."
Bereits kurz nach Einführung der Steuer hat Ugandas Polizei erklärt, dass die Nutzung von VPN verboten sei. Im Gesetz steht davon allerdings nichts. Doch dies ist nur eine von zahlreichen Ungereimtheiten. Denn einerseits verfolgt die Regierung das Ziel, der Bevölkerung die Nutzung des Internets zu erleichtern. Andererseits meldet Ugandas Telekommunikationsbehörde einen Rückgang der Internet-User um über 30 Prozent – seit Einführung dieser Steuer. Das sind rund drei Millionen Menschen weniger als zuvor. Vincent Semura von Ugandas Steuerbehörde erklärt, der Staat sei auf diese Steuereinnahmen angewiesen, um den Ausbau der Infrastruktur zu finanzieren.
"Der Grund, warum wir die Steuer eingeführt haben, war, dass mehr und mehr Menschen anstatt zu telefonieren über Internet kommunizieren und nicht nur die Telekommunikationsanbieter, sondern auch wir als Steuerbehörde weniger Einnahmen erzielen. Unsere Schätzung war ursprünglich, dass wir rund 200 Milliarden Schilling über diese Steuer zusätzlich einnehmen. Denn die Regierung muss vor allem in ländlichen Gegenden das Internet ausbauen. Doch tatsächlich ist uns das nicht gelungen. Wir haben gerade mal 17 Prozent davon eingenommen. Ein Grund dafür ist, dass viele Leute mit VPN diese Steuer umgehen."
Kritik: Redefreiheit eingeschränkt
Menschenrechtsorganisationen haben gegen die Steuer Klage eingereicht – beim Verfassungsgericht. Denn wie so oft kam die Initiative für die Steuer von Präsident Yoweri Museveni höchstpersönlich. Für Anwalt Eron Kiiza, der die Kläger vor dem Verfassungsgericht vertritt, nimmt Ugandas politisches System immer mehr autoritäre Züge an.
"Das ist der letzte Schritt der Regierung, die Redefreiheit einzuschränken. Vor allem die Kritik an der Regierung. Die Geschichte dieser Steuer zeigt das deutlich: Unser Präsident hat sich beklagt, dass die Leute online zu viele Gerüchte verbreiten. Daraufhin wurde dann die Steuer eingeführt. Es gibt aber keine Gesetzesgrundlage, die das Verbreiten von Gerüchten illegal macht, weder in Uganda noch irgendwo anders auf der Welt."
Misstrauen mit Blick auf Regierung
Ugandas Präsident Museveni ist seit über 30 Jahren an der Macht. Und es gibt keine Anzeichen für eine baldige Ablösung. Kurz nach Einführung der Steuer gab es Proteste – doch sie wurden gewaltsam niedergeschlagen. Für Anwalt Kiiza ist die Steuer besorgniserregend.
"Die Regierung hat das Internet immer mal wieder blockiert. Vor allem während des Wahlkampfes. Wir haben in den vergangenen Jahren bereits zweimal diese Erfahrung gemacht. Gegen Regimekritiker wiederum geht die Regierung mit harschen Gesetzen vor. Beispielsweise mit dem sogenannten Computer-Missbrauch-Gesetz. Das wurde zum Beispiel gegen die Aktivistin Stella Nyanzi eingesetzt, die auf Facebook ein erotisches Gedicht über die Präsidentenfamilie geschrieben hat. Sie sitzt bis heute im Gefängnis deswegen. Es gibt also deutliche Indizien, dass diese Steuer nicht nur dazu da ist, Geld einzutreiben, sondern dass sie ein politisches Instrument ist, um die Meinungsfreiheit einzuschränken."
Auch Abgeordnete müssen zahlen
Jüngst haben sich sogar die Abgeordneten im Parlament beschwert, dass die Steuer zu hoch sei – dabei gehören Politiker in Uganda zu den Spitzenverdienern. Die Regierung hatte zuerst angekündigt, die Kosten für die über 400 Abgeordneten aus dem Staatshaushalt zu bezahlen. Doch dann sprach Parlamentssprecherin Rebecca Kadaga ein Machtwort: Die Mehrheit der Parlamentsmitglieder hätte für das Steuer-Gesetz gestimmt – dann müsse sie nun die Kosten auch selbst tragen.