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Ukraine
Gefahr von Rechts?

Der sogenannte Rechte Sektor in der Ukraine feierte den Sturz des verhassten Regimes, als hätte es auf dem Kiewer Maidan außer den Rechtsradikalen niemanden gegeben. Gewaltbereite Mitglieder versuchen nunmehr, an ihre Erfolge im Kampf gegen die Separatisten anzuknüpfen.

Von Henryk Jarczyk | 04.06.2014
    Ein Mann, der zur Swoboda-Partei gehört, hält Ende Januar bei einer Demonstration in Lemberg zwei gekreuzte Fackeln in den Händen.
    Nationalisten wie Mitglieder der Swoboda-Partei beteiligten sich Ende Januar bei Demonstrationen gegen Janukowitsch. (picture alliance / dpa / Pavel Palamarchuk)
    Ein Werbespot des Rechten Sektors. Ausgestrahlt Ende Februar 2014 – unmittelbar vor dem Sturz des Präsidenten Janukowitsch. Die Parolen lassen keine Zweifel aufkommen. Was der Anführer der kampferprobten Organisation, Dimitri Jarosch, höchst persönlich zu verkünden hat, erinnert fatal an Ziele der Nationalsozialisten.
    Wochenlang feierte der Rechte Sektor den Sturz des verhassten Regimes, als hätten seine Kämpfer ganz alleine Präsident Janukowitsch in die Flucht geschlagen. Als hätte es auf dem Kiewer Maidan außer den Rechtsradikalen niemanden sonst gegeben. Eine Vorstellung, die im Westen Alarmglocken schrillen lässt. Völlig unbegründet, erläutert der Kiewer Politologe Wolodymir Fessenko:
    "Der Rechte Sektor war in der Tat ein einflussreicher Faktor auf dem Maidan. Aber er war dort nicht die wichtigste politische Kraft. Nach dem Sieg des Maidan verringerte sich der politische Einfluss des Rechten Sektor ganz erheblich."
    Gewaltbereite Mitglieder des Rechten Sektors
    Also alles nur unnötige Panikmache? Nicht unbedingt, sagt Fessenko. Denn mittlerweile versuchten gewaltbereite Mitglieder des Rechten Sektors mit eigenständigen paramilitärischen Gruppierungen im Osten der Ukraine, an ihre Erfolge auf dem Kiewer Maidan nunmehr im Kampf gegen die Separatisten anzuknüpfen.
    "Solange Militäraktionen gegen Separatisten geführt werden, werden auch Kämpfer des Rechten Sektors ihre Dienste anbieten. Da können ohne Weiteres mehrere bewaffnete Organisationen parallel zu einander entstehen. Und solange der Krieg andauert, werden sie an der Seite ukrainischer Einheiten kämpfen."
    Probleme könnte es indes geben, sobald der Krieg vorbei sei, meint Fessenko. Vor allem dann, wenn es darum gehen wird, die einzelnen Gruppierungen zu demilitarisieren. Und dennoch geht der Leiter des Penta-Instituts für politische Studien davon aus, dass die Staatsführung hier durchaus in der Lage sein müsste, langfristig Ordnung zu schaffen:
    "Die Ukrainer sind keine Nationalisten. Das Ergebnis der Präsidentenwahl ist der beste Beweis dafür. Die überwältigende Mehrheit stimmte für eine demokratische Erneuerung des Landes. Der Rechte Sektor ist eine Organisation, die auf Gewalt setzt. Deshalb hat diese politische Bewegung keinen Zuspruch der Wähler erfahren."
    Rechtsradikale Partei Swoboda
    In der Tat erreichte Dimitri Jarosch, bei dem Urnengang weniger als ein Prozent der abgegebenen Stimmen. Gleichwohl träumt der Führer des Rechten Sektors weiterhin von einer Karriere als Politiker. Doch seine Chancen, meint Sofia Fedyna von der Universität in Lviv, wären denkbar gering. Und das gelte für seine mittlerweile als Partei agierende Organisation ebenso:
    "Der Rechte Sektor ist keine einheitliche politische Kraft. Sie erhält weitaus weniger Unterstützung als etwa die rechtsradikale Partei Swoboda. Swoboda ist da viel gefährlicher."
    Gefährlich, vor allem deshalb, erläutert die Expertin für internationale Beziehungen Sofia Fedyna, weil im Unterschied zum Rechten Sektor, Swoboda über gefestigte Parteistrukturen verfügen würde. Zwar habe der Kandidat von Swoboda bei der Präsidentenwahl nicht minder schlecht abgeschnitten, doch könnte die Organisation langfristig unter Umständen an Bedeutung gewinnen. Besonders beunruhigend, wäre zudem der Umstand, dass die um rassistische Parolen nicht gerade verlegene Partei Swoboda ausgerechnet den Generalstaatsanwalt des Landes stelle. Eine Konstellation die - sollte es hier nicht schon bald zu einer Umbesetzung kommen - die Ukrainische Führung nicht nur international, sondern auch im Land selbst ganz erheblich diskreditieren könnte.