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Ukraine-Konflikt
"Eine Mehrheit will die Einheit"

Die Ukraine ist kein gespaltenes Land. Das betont Osteuropa-Experte Wilfried Jilge im Interview mit dem Deutschlandfunk. Die meisten Menschen wünschten sich Reformen und den Erhalt der Einheit ihres Landes. Die Separationsbemühungen beschränkten sich auf den äußersten Osten.

Wilfried Jilge im Gespräch mit Peter Kapern | 01.05.2014
    Ein Ukrainer hält in Kiew die Nationalflagge in die Höhe.
    Die meisten Ukrainer wollen die Einheit ihres Landes (picture-alliance/ dpa / Sergey Dolzhenko)
    Angebote, die Selbstverwaltung der Bezirke zu stärken, seien ein Anfang. Tatsächlich wünschten sich viele Menschen aber gar keinen stärkeren Föderalismus. Viel wichtiger seien ihnen die Beseitigung von Korruption sowie Transparenz beim Einsatz von Steuergeldern. "Das ist etwas, was die Städte eint." Hier habe die ukrainische Regierung auch bereits erste Schritte getan, so Jilge.
    Das Land brauche jedoch weitere Unterstützung, insbesondere von der Europäischen Union. Jilge sieht vor allem in den Menschen der Maidan-Bewegung potenzielle Reformer des Landes. "Das sind Kräfte, die für eine Neuerung stehen. Aus dieser Zivilgesellschaft muss sich auch die personelle Erneuerung der Regierung rekrutieren."
    Den angekündigten Kredit des Internationalen Währungsfonds nannte er "dringend notwendig". Die Gelder müssten jedoch an strenge Auflagen gebunden werden.
    Als "gefährlich" bezeichnete Jilge die Lage im äußeren Osten des Landes. Der weitere Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung würde die Separatisten hier stärken. Deshalb begrüßte er das Angebot der Regierung am 25. Mai parallel zur Präsidentschaftswahl ein Referendum über die Einheit des Landes durchzuführen. Dies könne Vertrauen schaffen und dem ebenfalls geplanten Referendum der Separatisten " den Wind aus den segeln nehmen."
    Wilfried Jilge,geb. 1970 in Mainz. Er ist Osteuropahistoriker und Lehrbeauftragter an der Universität Leipzig und lebt derzeit meist in Moskau. Neben der Erforschung der völkisch-antidemokratischen Bewegung in den böhmischen Ländern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bilden Zeitgeschichte und Politik der Ukraine die Hauptschwerpunkte seiner Forschungsarbeit. Im Rahmen von Forschungsprojekten hat er umfangreich u.a. zu den Themen Geschichts- und Identitätspolitik in der Ukraine, Schulbuchgeschichtsschreibung der unabhängigen Ukraine, regionale politische und kollektive Identitäten in der Ukraine und Ostmitteleuropa sowie zu den deutsch-ukrainischen und ukrainisch-europäischen Beziehungen im Rahmen von EU-Integration und Europäischer Nachbarschaftspolitik publiziert . Wilfried Jilge hat mehrere Jahre in der Ukraine gelebt und geforscht. Im Rahmen seiner Ukraineforschungen berät er auch die Politik (z.B. Abgeordnete des Deutschen Bundestages) in einzelnen Bereichen der Politik Deutschlands bzw. der EU gegenüber der Ukraine.
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    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.